Vom Teufel geformt

Dies & Das

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Die Moränenlandschaft bei Neuheim und Menzingen ist nicht nur ein Naturdenkmal. Der Volksglaube hat sie auch zu einem Hort von Sagengut und Tradition gemacht.

  • Die Bäume auf den Hügeln sollen den Teufel fernhalten. In Wahrheit aber sind sie vielmehr alte Zeichen einer Erinnerung. (Bild Maria Schmid)
    Die Bäume auf den Hügeln sollen den Teufel fernhalten. In Wahrheit aber sind sie vielmehr alte Zeichen einer Erinnerung. (Bild Maria Schmid)

Menzingen – Die Hügellandschaft im Gebiet Menzingen–Neuheim–Hirzel ist weit herum einzigartig. Wie künstlich angelegt, zaubern die gleichmässigen Hügel je nach Witterung ein einzigartiges Szenario, ob als leuchtend grüne Wellen in der Nachmittagssonne, ob als mystische Inseln im Nebel oder geheimnisvolle Silhouetten im Mondlicht. Es kommt nicht von etwa, dass diese Gegend gleich doppelt im schweizerischen Bundesinventar aufgeführt ist – als Landschaft und Naturdenkmal von nationaler Bedeutung sowie als Moorlandschaft von besonderer Schönheit. Selbstverständlich weiss die Wissenschaft schon lange, dass diese einzigartigen Erhebungen, auch «Drumlins» genannt, durch Schuttablagerungen der eiszeitlichen Gletscher entstanden sind.

 

Aussergewöhnliche Landschaftsmerkmale wie diese Drumlins aber veranlassten die gläubige und zugleich stark abergläubische Bevölkerung in alter Zeit zu allerlei Interpretationen, was oftmals die Bildung eines reichen Sagen- und Legendenschatzes zur Folge hatte. Und das wird heute als wertvolles Kulturgut einer Region angesehen. Aus einer Zeit, als geologische Forschungen noch kaum gereift waren, stammt eine Legende zur Entstehung der Drumlins. Sie erzählt von den ersten Bewohnern dieser Landschaft. Die Bevölkerung wuchs damals bald soweit, dass die vorhandenen Anbauflächen in der Landschaft nicht mehr ausreichten, die Leute baten Gottvater um mehr Land. Dieser aber sagte ihnen, sie sollen bescheiden bleiben und sich mit dem begnügen, was da ist. Die Leute folgten diesem Rat nicht, sondern wandten sich nun an den Teufel. Dieser erfüllte ihnen den Wunsch unter der Voraussetzung, dass sie sich ihm verschrieben. Darauf machte sich der Teufel mit seinen Gehilfen daran, den Boden vom Erdinnern her nach oben zu stemmen. Es entstanden die gleichmässigen Hügel. Die Freude beim Volk war erst gross, doch stellte man schnell fest, dass die Bewirtschaftung der gewonnenen, viel zu steilen Fläche sehr schwierig ist. Die Leute fühlten sich vom Teufel veräppelt und stellten aus Rache auf jeden Hügel ein Kruzifix und/oder einen Lindenbaum. Linden nämlich gelten wegen derer uralter Heiligkeit sowie Symbolik der Kraft und Liebe als vom Teufel verabscheut.

So steht bis heute fast auf jedem der Moränenhügel prominent ein Lindenbaum. Auch Kreuze gibt es noch vereinzelt. Der Hirzeler Lokalhistoriker Jürg Winkler (†2013) hat bezüglich der bis zu 200 Jahre alten Linden herausgefunden, dass es sich hauptsächlich um Erinnerungsbäume handelt. Einige wurden zum Gedenken an politische oder historische Ereignisse gepflanzt. Andere hingegen, wenn auf einem Hof etwa ein Stammhalter geboren worden ist. Dann setzte der Landwirt einen Lindenbaum als Symbol der Kraft auf einem Hügel in der Hoffnung, dass der Nachkomme lang lebe bei guter Gesundheit. (Andreas Faessler)

Hinweis
Mit «Hingeschaut!» gehen wir wöchentlich mehr oder weniger auffälligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach. Frühere Beiträge finden Sie unter www.zugerzeitung.ch/hingeschaut.