«Aegeri Concerts» – fulminanter Auftakt mit Rudolf Buchbinder

Musik

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Mit seinen unvergleichlichen Beethoven-Interpretationen hat der Starpianist das Publikum mit dem ersten Ton auf seiner Seite. Der Auftakt zum neuen Kulturformat im Ägerital ist geglückt – die Vorzeichen für alles Weitere stehen gut.

  • Der Auftritt sympathisch-bescheiden, das Spiel phänomenal: Rudolf Buchbinder in der Ägerihalle. (Bild Stefan Kaiser)
    Der Auftritt sympathisch-bescheiden, das Spiel phänomenal: Rudolf Buchbinder in der Ägerihalle. (Bild Stefan Kaiser)

Unterägeri – Es war wahrlich eine Sternstunde der Musik und Zeugnis davon, dass Grosses im Kleineren genauso gut funktionieren kann: Der Auftritt von Toppianist Rudolf Buchbinder am Montagabend in der Ägerihalle im Rahmen des neuen Kulturformates «Aegeri Concerts» dürfte sämtliche Erwartungen übertroffen haben; diejenigen des Publikums genauso wie diejenigen der Veranstalterin. Der 1946 im böhmischen Leitmeritz geborene Pianist gilt als einer der bedeutendsten Beethoven-Interpreten der Gegenwart. Mit den Klaviersonaten Nr. 8, 14 und 23 gab er sozusagen eine Art Beethoven-«Best-of» wieder.

Buchbinder lieferte genau das, was von ihm erwartet werden kann, ja muss: eine souveräne Darbietung auf allerhöchstem Level. Die kritische Beurteilung seines Spiels wäre geradezu vermessen; authentischer wird Beethoven kaum erlebbar. Buchbinder gewann die Sympathie des zahlreichen Publikums bereits mit seinem Erscheinen auf der Bühne: bescheiden, den grossen persönlichen Auftritt nicht suchend, sondern ganz in den Dienst an der Musik sich stellend. Er ist auch kein Mann der grossen Gestiken und des Körpereinsatzes an der Tastatur, seine brillanten Interpretationen entfalten ihre tiefgehende Wirkung ohne jegliche Theatralik.

Ein Zeichen des Sich-Wohlfühlens

Die gewählte Sonaten-Trilogie ist in sich so abwechslungsreich, dass sie als einheitliches Konzertprogramm perfekt funktioniert und in der Reihenfolge wie an diesem Abend einer Art Dramaturgie folgt. Die eher unaufgeregte, lieblich dahinplätschernde «Pathétique» dringt insbesondere mit ihrem schwelgerischen zweiten Satz in die Seele. An diese Stimmung knüpft der wehmütig-romantische erste Satz der «Mondscheinsonate» in Moll-Lage an, ehe sie in ihrem überaus lebendigen dritten Satz auf die folgende «Appassionata» einstimmt, welche von allen drei Sonaten technisch die herausforderndste ist und mit ihrem geradezu furiosen Finale auch den Schlusspunkt des offiziellen Programmes an diesem Abend markiert.

Dass sich von Rudolf Buchbinder gleich zwei Zugaben erklatschen liessen, deutet darauf hin, dass sich der Weltstar in Unterägeri durchaus wohlfühlte. Mit einer abgekürzten Version der Grünfeld-Paraphrase über Strauss’sche Walzermotive und dem Finale von Beethovens «Sturm-Sonate» Nr. 17 lieferte Buchbinder je eine weitere eindrückliche Kostprobe seiner exzellenten technischen Fertigkeit. Entsprechend fielen auch hier die Begeisterungsstürme im Saal aus.

Mit dem hauseigenen Steinway-Konzertflügel stand dem Starpianisten ein wahrer «Sportwagen» unter den Klavieren zur Verfügung. Und ein Sportwagen im eigentlichen Sinne war für das Konzert vor dem Eingang der Ägerihalle aufgefahren: ein weisser Porsche aus dem Porsche-Zentrum Oberer Zürichsee in Feusisberg, welches die Veranstalterin Sabina Keresztes mit ihrer Agentur kurzfristig als weitere Sponsorin für dieses hochkarätige Konzert hatte gewinnen können.

Überschaubare Konzertdauer als Markenzeichen

Die insgesamt knapp 70 Konzertminuten gingen ohne Pause vonstatten. Ein guter Weg: Am Ende hat man wegen des fehlenden Unterbruches den Eindruck, mehr geboten erhalten zu haben, als in diese überschaubare Zeitspanne hineinpasst. Jene Langatmigkeit, welche sich häufig bei ausgedehnten Konzertprogrammen all- mählich bemerkbar macht, vermochte gar nicht erst aufzukommen. Und das gehört auch zum Konzept von «Aegeri Concerts» – mit Konzerten von «erträglicher» Dauer sollen zum einen Jüngere für Klassik begeistert werden, zum anderen wird für das betagtere Publikum das Sitzen nicht zu anstrengend.

Die Ansprüche der Veranstalterin Sabina Keresztes an sich selbst und an die Veranstaltung waren gross. «Und sie sind mehr als erfüllt», sagt sie im Nachgang zum ersten Konzert erfreut. Sie habe ein enthusiastisches Publikum erlebt. Auch hinsichtlich des Vorverkaufs hätten die Vorzeichen gut gestanden. «Wie es aktuell bei Veranstaltungen häufig zu beobachten ist, so gab es auch in diesem Fall viele Kurzentschlossene, die sich im letzten Moment noch ein Ticket reserviert haben», sagt Sabina Keresztes. Allerdings habe es auch mehrere Absagen gegeben, hauptsächlich aufgrund von Covid-19-Erkrankungen.

Alles in allem sei der Start von «Aegeri Concerts» vollauf geglückt, und die Veranstalterin mit Agentursitz in Baar schaut optimistisch auf den weiteren Verlauf des neuen Formats in der Ägerihalle, für welches sie Rudolf Buchbinder als Schirmherr zu gewinnen beabsichtigt. Der Starpianist selbst war sowohl vom Konzertort als auch vom Publikum durchaus angetan gewesen, weiss Sabina Keresztes. Eine persönliche Annäherung gab es nach dem Konzert im Rahmen einer Autogrammvergabe.

Dem Anlass war ein Apéro in entspannter Atmosphäre vorausgegangen, welcher von den Konzertgängerinnen und -gängern gerne und gut besucht war. «Das wird auch weiterhin fest zum Format gehören», sagt die Veranstalterin und fokussiert sich nun auf das nächste Konzert am Dienstag, 23. August. Dann interpretiert die deutsche Mezzosopranistin Marie Seidler Lieder unter anderem von Schubert, Gounod, Fauré und de Falla, begleitet von Marcelo Amaral am Klavier. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis
www.keresztesartists.ch
www.aegerihalle.ch