Er lässt sich nicht behindern

Musik

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Der 19-jährige Posaunist George Marti ist ein wahres Nachwuchstalent. Er geht an die Musikhochschule - trotz eines markanten Handicaps.

  • Der Zuger George Marti ist schwer sehbehindert und hat trotzdem den Übertritt an die Musikhochschule Luzern geschafft. Das freut auch seinen Lehrer Roland Dahinden. (Werner Schelbert)
    Der Zuger George Marti ist schwer sehbehindert und hat trotzdem den Übertritt an die Musikhochschule Luzern geschafft. Das freut auch seinen Lehrer Roland Dahinden. (Werner Schelbert)

Zug – George Marti verfügt über ein ausgezeichnetes Gehör. Eigentlich ist es nicht nur ausgezeichnet, sondern absolut. Sprich, der 19-Jährige kann die Höhe eines Tons bestimmen, ohne einen Referenzton zu hören. Mehr noch, er kann die gehörten Töne eines Akkords einzeln eruieren. Der in Zug aufgewachsene George begann als 7-Jähriger, beim Zuger Posaunisten Roland Dahinden Unterricht zu nehmen. «Als Kind schon habe ich mich in die Posaune verliebt. Das Instrument fasziniert mich», sagt der junge Musiker. Es war für ihn damals schon mehr als nur ein Hobby. «Meine Eltern haben mich sehr unterstützt.»

Eine Besonderheit in Luzern

Im Herbst 2012 trat der begabte junge Posaunist über zur Musikhochschule in Luzern. Das klingt nach einer Laufbahn, wie sie viele Nachwuchstalente einschlagen, aber im Fall von George Marti ist dieser Karriereschritt alles andere als selbstverständlich: Der Zuger ist seit Geburt schwer sehbehindert, sieht in die Ferne gerademal fünf Prozent und ist auf einen Blindenstock angewiesen. Noten lesen ist für ihn somit unmöglich, und ebenso das Erarbeiten mit gedruckten Lehrmitteln. «Dass George trotz dieses Handicaps an der Musikhochschule in Luzern studieren kann, macht ihn dort zu einer Besonderheit», sagt Roland Dahinden. Möglich ist dies einerseits, wie erwähnt, wegen seines ausgezeichneten angeborenen und geschulten Gehörs - «das ist ein grosses Glück», betont Dahinden. Andererseits wird George vom Zuger Musiker und ebenso von dessen Partnerin Hildegard Kleeb, bei welcher der junge Posaunist zudem seit einigen Jahren Klavierunterricht erhält, tatkräftig unterstützt bei der Vermittlung des Lehrstoffs. Dank eines sprechenden Computers kann George Marti einen grossen Teil der Unterlagen auch selbstständig erarbeiten. «An der Musikschule Zug haben wir zudem einen fruchtbaren Boden gefunden», merkt Roland Dahinden an. «Da haben wir die Möglichkeit, dreimal die Woche Musikunterricht abzuhalten, während das andernorts meist auf einmal beschränkt wäre.»

Es ist, als ob ich etwas erzählen würde.

George Marti

George Martis Wunsch ist es, dereinst Konzertposaunist zu werden und zu performen. Hervorzuheben ist dabei, dass das Nachwuchstalent neben der Tenorposaune auch die Altposaune beherrscht. «Und das ist recht selten», sagt Roland Dahinden. Improvisation ist eine von George Martis grossen Stärken. «Diese ist sehr vielseitig anwendbar. Wenn ich improvisiere, dann ist das für mich, als ob ich etwas erzählen würde», meint er. Seine Vorlieben sind primär der Jazz, aber ebenso andere Stile des 20. Jahrhunderts sowie Klassik.

Konzert für Begabte

Nächstes Wochenende tritt George Marti am Zertifikatskonzert der Musikschule Zug an. An dieser traditionsreichen, von Sales Kleeb und Georges Guéneaux 1974 gegründeten Veranstaltung können jeweils die begabtesten Nachwuchsmusiker vortragen. Die Mission lautet Qualitätsteigerung und Talentförderung. Das Niveau des Konzerts ist hoch - es ist mit der Aufnahmeprüfung an eine höhere Fachschule zu vergleichen. George Marti spielt Werke bedeutender Musikgrössen des 20. Jahrhunderts. Zudem trägt er drei Eigenkompostionen vor. Zu einer davon erklingen die Rufe von Walen. Bei einem anderen Stück macht er sich die Resonanzeigenschaften eines offenen Flügels zunutze und sorgt für ein ungewohntes Klangerlebnis. Begleitet wird er von der Rhythm Section des Big Band Project.

Hinweis
Zertifikatskonzert von George Marti im Singsaal der Musikschule Zug am Samstag, 29. Juni, 11 Uhr.

Neue Zuger Zeitung, Andreas Faessler