Tanzend durch die Natur

Theater & Tanz

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Mit einem «Dancewalk» auf dem Zugerberg startete am Sonntag das Internationale Tanzfestival Zug.

  • Die Tänzerinnen und Tänzer lassen sich von der musikalischen Begleitung tragen. (Bild Stefan Kaiser)
    Die Tänzerinnen und Tänzer lassen sich von der musikalischen Begleitung tragen. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Wer vergangenen Sonntagnachmittag auf dem Zugerberg unterwegs war, konnte mit etwas Glück Zeuge oder Zeugin ungewöhnlicher Szenen werden: Im wolkenverhangenen, feuchtkalten Wald tanzten zwei Männer und eine Frau, begleitet von Trommelrhythmen, Gitarrenklängen und Gesang. Sie hüpften in die Höhe, wälzten sich auf dem Boden, drehten sich um die eigene Achse, sprangen durchs Unterholz, balancierten auf Baumstrünken und warfen sich in Pose. Mal euphorisch und überschwänglich, mal nachdenklich und zurückhaltend, aber immer mit viel Körpereinsatz tanzten sie den Wanderwegen entlang. Der Wald war ihre Bühne, das Publikum, eine kleine Gruppe von etwa 15 Personen, Kinder bis Erwachsene, spazierte hinterher:

Es war die Schweizer Tanzkompanie Neopost Foofwa, die diesen bunten Zug anführte: Alizée Sourbé, Alex Landa Aquirreche und Foofwa d’Imobilité, wie sich der 1969 in Genf geborene, international tätige und mehrfach ausgezeichnete Tänzer und Choreograf Frédéric Gafner nennt. Er hat 2015 das Konzept der «Dancewalks» entwickelt, in denen Tanzen und Gehen ineinander übergehen, Tanzen zum Fortbewegungsmittel durch Städte und Natur wird.

«Es sind Begegnungen mit der Landschaft und den Menschen», erklärt Foofwa, der schon «Dancewalks» in Indien, Russland und Burkina Faso durchgeführt hat. Musik darf natürlich nicht fehlen, auf dem Zugerberg kam sie aus der Region: Celestin Enzler, Lehrkraft beim Zuger Badabum Atelier, trieb die Gruppe unermüdlich mit Djembé-Rhythmen an, Armando Rosa, Vermittler beim Badadum Atelier, spielte an der akustischen Gitarre entspannt Melodien, den Mini-Verstärker um die Schultern gehängt.

Das Festival findet dort statt, wo das Publikum ist

Gemeinsam haben sie die diesjährige Ausgabe des «Young Dance» eröffnet, das internationale Tanzfestival Zug für junge Menschen, das noch bis am 2. Oktober dauert. Wegen Corona finden die Veranstaltungen nicht wie in den vorhergehenden Jahren in Theatersälen statt, sondern dort, wo das Publikum des Festivals ist: in den Schulhäusern, den Klassenzimmern und Bibliotheken, auf Sportplätzen, in öffentlichen Räumen – und eben auch im Wald.

Angesichts der Herausforderungen der aktuellen Zeit sei der Zugang zu Kunst und Kultur besonders wichtig, sind die Orga­nisatoren überzeugt. Die Rück­meldungen geben ihnen recht: «Gegen 1500 Kinder aus den meisten Zuger Gemeinden nehmen am Festival teil», sagt Projektmanagerin und Co-Leiterin Nicole Friedman. Allein 13 Schulklassen werden in den kommenden Tagen mit Foofwa auf einen «Dancewalk» im Wald gehen.

Überraschung, Irritation und Begeisterung

Foofwa, Sourbé und Aquirreche indes tanzten, als würden sie an diesem Nachmittag ihren letzten «Dancewalk» begehen: immer ausgelassener, immer verspielter – und immer verschwitzter. In einer Waldhütte am Wegrand inszenierten sie eine dramatische Trennung, mit einem herumliegenden Zaunpfahl wies Foofwa der Gruppe wie ein Verkehrspolizist den Weg, bald balgte er auf allen vieren mit dem Hund einer Zuschauerin, sprang über einen Zaun auf eine Wiese und rief jubelnd «Freiheit».

Die entgegenkommenden Menschen waren sichtlich überrascht, manche irritiert, andere begeistert, den meisten aber zauberte das Treiben mindestens ein breites Grinsen aufs Gesicht. Und während die einen den ungewöhnlichen Anblick bald hinter sich zurückliessen, schlossen sich andere spontan dem Zug an und liessen sich anstecken von der Lust an der Bewegung, die erst wieder versiegte, als die Gruppe nach fast zwei Stunden die Bergstation der Zugerbergbahn erreicht hatte. (Tobias Söldi)

Hinweis Öffentliche Vorstellungen finden ab Mittwoch, 29. September, bis 2. Oktober im öffentlichen Raum statt: www.youngdance.ch