Ein spärlich dokumentiertes Kreuz

Dies & Das

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Das Sandsteinkreuz im Zuger Quartier St.Michael dürfte an die 150 Jahre alt sein. Jetzt ist das historische Wegheiligtum restauriert worden.

  • Das Wegkreuz am Oberwiler Kirchweg. Kürzlich ist es an seinen Platz zurückgekehrt. (Bild Matthias Jurt)
    Das Wegkreuz am Oberwiler Kirchweg. Kürzlich ist es an seinen Platz zurückgekehrt. (Bild Matthias Jurt)

Oberwil b. Zug – Der Oberwiler Kirchweg ist heute ein typisches, ruhiges Quartiersträsschen. Einst war es der direkte Fussweg von St. Michael nach St. Karl. In den vergangenen Jahrhunderten diente der Weg Flurprozessionen, etwa der jährlichen Fronleichnamsprozession. Sie führte von der alten Michaelskirche über den Oberwiler Kirchweg hinunter zur Ziegelhütte (ungefähr da, wo heute das alte Kantonsspital steht) und von dort über den Seeweg auf Schiffen zum Schanzenplatz, heute Postplatz. Am Kirchweg stand einst eine dem hl. Beat geweihte Kapelle. Sie soll Mitte 16. Jahrhundert von einem gewissen Hans Uliman für den Hof Tschuepis als Privatkapelle erbaut worden sein. 1877 wurde sie abgebrochen.

An der Stelle der ehemaligen Kapelle steht ein Steinkreuz. Dies zumindest schreibt der Kunsthistoriker Linus Birchler (1893–1967) in seinen Büchern über die Kunstdenkmäler Zugs. Tatsächlich steht direkt am Oberwiler Kirchweg seit langer Zeit ein solches Kreuz. Es ist leider undatiert, aber seine Entstehungszeit könnte durchaus in die Zeit fallen, als die Beatenkapelle abgebrochen worden ist. Die Koordinaten der archäologisch erfassten Fundamentreste des kleinen Gotteshauses liegen zwar knapp 80 Meter weiter südwestlich vom heutigen Standort des Kreuzes, aber man darf davon ausgehen, dass es sich um dasjenige handelt, von dem bei Linus Birchler die Rede ist. Ende 19. Jahrhundert standen im heutigen Quartier St.Michael nur wenige Häuser. Heute dicht bebaut, war hier damals weitgehend freie Landwirtschaftsfläche. Es mag durchaus sein, dass das Flurkreuz einst um einen Steinwurf versetzt worden ist an seinen heutigen Standort vor dem talseitigen Eingang der Schule Horbach, etwas vom Weg zurückversetzt. Die drei Quadratmeter grosse, heute mit Pflastersteinen besetzte Parzelle mit dem Kreuz ist 1954 an die Katholische Kirchgemeinde der Stadt Zug abgetreten worden.

Kaum Überliefertes zum Kreuz

Recherchen der katholischen Kirchgemeinde, welche das sakrale Inventar verwaltet, haben ergeben, dass das Kreuz am Oberwiler Kirchweg weder in alten Unterlagen der Kirchgemeinde noch im Kunst- und Kulturgüterinventar verzeichnet, geschweige denn abgebildet ist. Auch die Denkmalpflege führt es nirgends auf, nicht mal das in den 1990er-Jahren angelegte, allerdings ziemlich einfach gehaltene Wegkreuzverzeichnis liefert nähere Details dazu. Wer hat es gestiftet? Aus welchem Grund? In welchem Jahr? Ob es als Erinnerung an die abgetragene Kapelle aufgestellt worden ist, aufgrund eines Gelöbnisses vielleicht oder schlicht im Zusammenhang mit dem von Kirchgängern einst viel benutzten Weg als Station der Andacht, bleibt so weit im Dunkeln.

Das erstaunt insofern, als es sich um ein bemerkenswert aufwendig gestaltetes Exemplar handelt. Zeit, Wind und Wetter haben dem Sandsteinkreuz arg zugesetzt, sodass es bis vor kurzem einen desolaten Eindruck gemacht hat. Der schmiedeeiserne Bügel, welcher das Kreuz mit dem Sockel fixierend verbindet, hat durch Korrosion einen grossen Riss im Kreuzschaft verursacht. Die grössten Schäden waren am Sockel auszumachen. Unter der Oberfläche haben sich im Sandstein Ablösungen gebildet, wodurch Hohlräume entstanden sind. Diese wurden nur noch von einer feinen Schicht, welche leicht brechen kann, gegen aussen abgeschirmt. Es ist eine Eigenheit von Sandstein der Süsswassermolasse. Dieser enthält natürliche Salze, welche sich in der sogenannten Verdunstungszone des Steins ansammeln und durch witterungsbedingte Nass-Trocken-Zyklen über Jahre hinweg zur Ablösung der obersten Sandsteinschicht unter der Schale führen.

Jesus wurde neu vergoldet

Die katholische Kirchgemeinde hat sich deshalb entschieden, das Wegkreuz fachmännisch restaurieren zu lassen. Die Schale des Sockels wurde abgelöst und die schadhafte Fläche so weit zurückgearbeitet, dass nun eine neue, intakte Oberfläche besteht. Dadurch hat sich das Gesamtvolumen des Sockels leicht reduziert. Die Worte «Gelobt sei Jesus Christus» sind neu, aber identisch zur alten Inschrift graviert worden. Das Kreuz mit seinen spitz zulaufenden Enden selbst wies keine Schalenbildung auf und musste nur konserviert und gereinigt werden. Deshalb hat es seine durch Verwitterung raue Oberfläche behalten und stuft sich farblich leicht vom Sockel ab. Bei der Restaurierung des Heilands konnte anhand minimaler Spuren von Gold festgestellt werden, dass dieser einst vergoldet war. Somit wurde der Korpus sandgestrahlt, verzinkt und neu vergoldet.

Seit Dienstag steht das restaurierte Sandsteinkreuz wieder an seinem Platz bei der Schule Horbach – sauber aufgearbeitet mit einem glänzenden Heiland. (Andreas Faessler)

Hinweis
In der Serie «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.