Die «Weltenbauer» legen eine Pause ein

Kunst & Baukultur

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Mit einer Ausstellung in Zug verabschieden sich M.S. Bastian und Isabelle L. für eine gewisse Zeit. Kaum zuvor hat das bekannte Künstlerpaar aus Biel so tiefe und private Einblicke in sein Schaffen gewährt, wie nun in der Galerie Urs Reichlin.

  • Sitzen in «ihrem» Atelier in der Galerie Urs Reichlin: M.S. Bastian und Isabelle L. (Bild Stefan Kaiser)
    Sitzen in «ihrem» Atelier in der Galerie Urs Reichlin: M.S. Bastian und Isabelle L. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Die Köpfe voller Ideen, die Kreativkraft scheinbar unerschöpflich, der Tatendrang ungebremst: M.S. Bastian und Isabelle L. sind Vollzeitkünstler. Ihre gesamte Kraft stecken sie in ihre Arbeit – und gewinnen daraus gleich neue Energie zurück. Arbeit ist für die beiden Meditation zugleich. So eine Wechselwirkung ist wohl das Beste, was Künstlern passieren kann.

Die unverkennbaren Schöpfungen des Bieler Paares strahlen diesen Energiezyklus aus: In ihren grossen bis riesigen kleinteiligen Bildwelten mit Hunderten, Tausenden Figuren und Figürchen – allesamt den Comics entlehnt – tobt das Leben. Selbst dann, wenn Tod und Teufel höchstpersönlich mitmischen.

540 Seiten starke Gesamtschau

Doch nach mehreren Jahren des unentwegten Werkens braucht selbst der tüchtigste Künstlerkopf ein Zeitfenster für den Reset, für frischen Wind im neuronalen Netzwerk. Und dieser Zeitpunkt ist für die beiden nun gekommen. Mit einer finalen «Amtshandlung» haben sie gestern Donnerstag in der Zuger Galerie Urs Reichlin ihre vorerst letzte Ausstellung eröffnet, ehe sie für eine längere Zeit von «Output» auf «Input» umstellen.

Am Ende ihres Schaffens­zyklus, von dem sich die bei- den nun verabschieden, steht das Buch «Bastomania», ein 540 Seiten starkes Panoptikum zu ihrem Gemeinschaftswerk der vergangenen zwei Deka- den – und darüber hinaus. Was mit der Buchpremiere in der Galerie Urs Reichlin im Oktober 2018 begann, endet nun nach einer ausgiebigen Präsentationstour wieder am Ausgangsort mit eben dieser Ausstellung «Grande finale di Bastomania».

Und diese ist anders, neu – auch für das Künstlerpaar. Bewegen sich die beiden während ihrer Schaffensphasen wie in einem eigenen Kokon mit gewisser Distanz zur Aussenwelt, so lässt die Ausstellung in Zug für einmal, und wohl zum ersten Mal, tief ins Privatleben der beiden blicken: In einer Ecke der Galerie ist ihr Bieler Atelier «nachgebaut», dies annähernd in der Originalgrösse. Ein Regal mit einem Sammelsurium an Exponaten aus den vier Wänden des Künstlerpaares ist nun erstmals für die Augen vieler bestimmt. «Wir geben damit Intimes preis», sagt M.S. Bastian dazu. Unter den Atelier-Ausstellungsstücken sind auch Zeichnungen und Objekte der ersten Stunde, die für das Paar eine ganz besondere ideelle Bedeutung haben.

Das Zentrum der Schöpfung, ihr Atelier in Biel, ist gerade mal 20 Quadratmeter gross. Das erstaunt. Zahlreiche ihrer Bilder sind schliesslich riesig bis ­monumental. So misst etwa «Guernopolis» 3,5 mal 7,8 Meter. Aus zehn Teilen zusammengesetzt, lässt sich erahnen, dass es einer kleinen logistischen Meisterleistung gleicht, wenn so etwas in so einem beschränkten Raum entsteht. Das Megawerk ist im Januar 2017 in der Kunsthalle Luzern der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Nun steht es in der Galerie Urs Reichlin und kontrastiert als reine Schwarz-Weiss-Arbeit den Rest der Exponate, die vor Farbintensität nur so strotzen.

Wie das Buch «Bastomania» ist auch die aktuelle Ausstellung sehr breit angelegt, breiter als sonst. Neben den Gemälden aus jüngerer Zeit setzen mehrere Skulpturen und 3D-Objekte Akzente im Raum. Auch einige unveräusserliche Exponate wie Plakate, Zeichnungen oder Collagen aus früheren Schaffensphasen erweitern die Ausstellung zu einer kleinen Gesamtschau über das Werk der beiden Berner.

«Vorkurs» für eine weitere Schaffensperiode

Unvoreingenommen will sich das Paar nun zwei Jahre lang eine Auszeit nehmen. Obwohl, mit dem Begriff «Auszeit» oder gar «Sabbatical» ist Isabelle L. nicht ganz glücklich. «Ich betrachte es mehr als eine Art Vorkurs für eine weitere Schaffensperiode. Oder einfach: Zurück auf Feld eins. Mit viel Neugier.»

Was die zwei Jahre bringen werden, da haben die zwei weder eine Vorahnung noch konkrete Erwartungen. Wollen sie auch gar nicht. «Aber dass diese Pause bei uns etwas ganz Bestimmtes auslösen wird, das wissen wir jetzt schon», sagt M.S. Bastian dazu. Sie werden sich unter anderem auf Wanderschaft begeben, in die Schweizer Berge, in die Wüs- te – wohin auch immer: Der Notizblock geht mit. (Andreas Faessler)

Hinweis
M.S. Bastian/Isabelle L., «Grande finale di Bastimonia», Galerie Urs Reichlin, Baarerstrasse 133, Zug. Bis und mit 21. März.