Vierhändiges Orgelspektakel

Musik

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Den Coronarestriktionen zum Trotz: Die Internationalen Zuger Orgeltage sind wieder eröffnet.

  • Irena Budryte-Kummer (links) und Renata Marcinkute Lesieur in der katholischen Pfarrkirche Rotkreuz. (Bild Jan Pegoraro)
    Irena Budryte-Kummer (links) und Renata Marcinkute Lesieur in der katholischen Pfarrkirche Rotkreuz. (Bild Jan Pegoraro)

Rotkreuz – Irene Budryte-Kummer und Renata Marcinkute Lesieur spielten ein vielfältiges Programm aus Solostücken, Orgel vierhändig und im Wechselspiel zwischen der Hauptorgel mit dem Chor-Orgelpositiv in der katholischen Kirche Rotkreuz. Durch das ganze Konzert war eine sichere Übereinstimmung aus gemeinsamer Spielerfahrung zu spüren. Dies galt in gleicher Weise für ein sicheres Zusammenspiel zwischen den mindestens 20 Meter voneinander stehenden Instrumenten wie beim engen Zusammengehen auf der gleichen Orgel, sei es vierhändig (und vierfüssig – nicht zu verwechseln mit den zahlreichen Vierfuss-Registern, welche in jeder Orgel die Hauptstimme nach oben oktavieren) – oder auch beim «Personalwechsel» zwischen einzelnen Sätzen des gleichen Werkes.

Geschickt kombinierten die beiden einleitenden Spät-Barockwerke die sehr ungleichen Spielmöglichkeiten auf Hauptorgel und Chor-Positiv. Das kleinere Instrument erhielt meist eine Art Echo-Funktion in den oberen Lagen. Verstärkt wurde der Kontrast durch den kräftigen Einsatz der tiefen Zungen-Register bei der Hauptorgel.

Neuentdeckungen vielfältiger Künstler

Die Interpretinnen suchten bewusst nach dem bescheidenen Anteil der Komponistinnen in der Orgel-Literatur. Fanny Hensel-Mendelssohn (1805-1847) stand und steht bis heute fast immer im Schatten ihres Bruders Felix. Noch exotischer für ihre Epoche war die Tatsache, dass sie sich auch als Dirigentin betätigte. Beim gespielten Allegretto (Bearbeitung eines vierhändigen Klavierstücks) war die gemeinsame Ausbildung der beiden Geschwister in vielen stilistischen Eigenheiten nicht zu überhören.

Kaum jemand im erfreulich zahlreichen Publikum kannte wohl vorher die Werke der litauischen Tonkünstler: Es waren die Komponistin Lucija Garuta (1902-1977), so wie Mikolajus Konstantinas Ciurlionis (1875-1911) und Faustas Latenas (1956-1920). Meistens bewegte man sich im Bereich der Spätromantik. Alle drei schauten gewissermassen auch über den Tellerrand hinaus: Ciurlionis fand gleichzeitig Anerkennung als Kunstmaler und betitelte viele seiner Bilder mit Musik-Begriffen; Faustas war in seinem Heimatstaat nach der Auflösung der Sowjetunion ein politisch gewichtiger Kulturfunktionär, und Garuta erhielt neben ihren Kompositionen mindestens ebenbürtige Anerkennung als Klaviervirtuosin.

Souverän gestaltete Irena Budryte die wohl bekannten Präludium und Fuge in a-Moll von Johann Sebastian Bach (BWV 543), bei welcher durch die überaus kräftige Pedal-Registrierung die Oberstimmen manchmal übertönt wurden. Keine spieltechnischen Probleme bekundete Renata Marcinkute mit der bei versierten Interpretinnen sehr geschätzten Toccata in F-Dur von Charles-Marie Widor (1844-1937).

Wohl mindestens so bekannt ist der «Karneval der Tiere» von Camille Saint-Saëns. Das ursprünglich für Kammerorchester geschriebene Werk erhielt die verschiedensten Bearbeitungen vom Solostück bis zum grossen Orchester. Drei Sätze erklangen als Bearbeitung für Orgel vierhändig. Als Biologe bestätigen kann ich dabei den von Saint-Saëns als Grossterz komponierten Kuckucksruf. In Frankreich ruft dieser Vogel tatsächlich mit einem etwas weiteren Intervall als in Deutschland und in der Schweiz.

Schwer abzuschätzen ist, wie viel organisatorische Vorbereitung Olivier Eisenmann und Verena Steffen leisten mussten, damit das Konzert überhaupt stattfinden konnte. Am kommenden Sonntag kann man sie um 16 Uhr in der Klosterkirche Frauenthal in Hagendorn mit dem zweiten Konzert der diesjährigen Orgeltage auch als ausführende Interpreten erleben. (Jürg Röthlisberger)

Hinweis
Weitere Informationen finden Sie unter www.zugkultur.ch.