Helvetia und Carolina machen Zuger Drucker bekannt

Literatur & Gesellschaft, Brauchtum & Geschichte

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Die wenigen ersten Zuger Druckerzeugnisse von 1671 bis 1750 sind zumeist von lokaler kultureller Bedeutung – aber nicht alle.

  • Doppelseitiges, auf Französisch und Deutsch gedrucktes Titelblatt des Gesetzbuches «Ordnung des Peinlichen Gerichts Kayser Karl des Fünften, ins Gemein genannt Die Carolina», 2. Ausgabe, gedruckt 1743 in Zug bei Heinrich Anton Schell. Bild: zvg
    Doppelseitiges, auf Französisch und Deutsch gedrucktes Titelblatt des Gesetzbuches «Ordnung des Peinlichen Gerichts Kayser Karl des Fünften, ins Gemein genannt Die Carolina», 2. Ausgabe, gedruckt 1743 in Zug bei Heinrich Anton Schell. Bild: zvg
  • Kupferstich im Theaterstück «Contrafeth» von Johann Kaspar Weissenbach, gedruckt 1673 in Zug bei Jakob Ammon. Bild: zvg
    Kupferstich im Theaterstück «Contrafeth» von Johann Kaspar Weissenbach, gedruckt 1673 in Zug bei Jakob Ammon. Bild: zvg

Zug – 1673 druckte Jakob Ammon, der erste Buchdrucker in Zug, das Theaterstück «Eydgnosssisches Contrafeth Auff- und Abnemmender Jungfrawen Helvetiae» des Zuger Dichters Johann Kaspar Weissenbach. Weissenbach stammte aus der Zuger Münzmeisterfamilie. Er wurde vermögend und konnte sich auf dem Karlshof niederlassen und ganz der Dichtung verschreiben. Sein Schauspiel «Contrafeth» (Konterfei, Abbild) thematisiert die Entstehung und den (drohenden) Zerfall der durch die Reformation religiös gespaltenen dreizehn alten Orte der Eidgenossenschaft.

Mit seiner thematischen Tiefe, Originalität und Eindringlichkeit erlangte das Theaterstück weit über Zug hinaus Bekanntheit. Es wurde noch zwei Mal neu gedruckt, 1701 erneut in Zug bei Franz Leonz Schell, 1702 in Luzern. Das Stück ermahnt zur Rückbesinnung auf die Gründung der Eidgenossenschaft und warnt vor einem drohenden Zerfall. Dies geschieht durch die Figur der Helvetia, die in diesem Theaterstück erstmals als nationales Sinnbild präsentiert wird. Die Uraufführung des Schauspiels auf dem Ochsenplatz (Kolinplatz) in Zug am 14. und 15. September 1672 bedeutet somit zugleich den ersten Bühnenauftritt der Helvetia als Symbol für die Schweiz.

Besonderheiten an dem gedruckten Theaterstück sind zwei Kupferstiche. Der eine zeigt Helvetia, darunter Wilhelm Tells Apfelschuss. Der andere stellt das Modell einer Barockbühne dar. Zudem enthält das gedruckte Buch das Rollenverzeichnis des Theaterstücks. Die Rollen hatten Laienschauspieler inne, alles Zuger, und sie sind im Verzeichnis namentlich aufgeführt.

Beste Schweizerkarte von anno dazumal

Helvetia spielt auch in einem weiteren ersten Zuger Druckerzeugnis eine Rolle, nämlich in der umfangreichen Schweizerkarte «Helvetia, Rhaetia, Valesia», die 1698 bei Heinrich Ludwig Muos gedruckt wurde. Sie galt als beste Schweizerkarte jener Zeit und Heinrich Ludwig Muos wurde damit bekannt. Kartendruck erfolgte damals mittels Kupferstich. Für seine Schweizerkarte liess Muos auf der Grundlage von Hans Conrad Gygers Schweizerkarte von 1657 neue Kupferplatten in Augsburg stechen. Auf der Schweizerkarte von Muos sind erstmals Strassen aufgedruckt. Die Sammlung der Bibliothek Zug enthält im Original die zweite Ausgabe der Schweizerkarte von Heinrich Ludwig Muos von 1710. Sie weist zusätzlich eine schöne Umrandung auf, aus Bildern von Schweizer Städten, Gebäuden und Ereignissen, unter anderem Zug, die zugerische Landsgemeinde und die Schlacht am Morgarten.

Zweisprachige «Carolina»

Das grösste unter den ersten in Zug gedruckten Büchern ist die «Carolina». So wurde im 18. Jahrhundert das Strafgesetzbuch für Schweizer Truppen in ausländischen Diensten genannt, nach dem Gesetzerlasser Kaiser Karl V. Die «Carolina» wurde in der Schweiz dreimal gedruckt, die zweite Ausgabe in Zug, als einzige der Schweizer Ausgaben parallel auf Französisch und auf Deutsch. So wird die unterschiedliche Verwendung von Druckschriften ersichtlich, die Schrift Antiqua für nicht-deutsche Texte, Fraktur als typisch deutsche Druckschrift.

Zudem ist die «Carolina» in Rot und Schwarz gedruckt, das war drucktechnisch aufwendiger, weil die rote Farbe einen zweiten Druckgang erforderte. Auf dem Titelblatt der Zuger Ausgabe der «Carolina» steht: «Gedruckt bei Heinrich Antoni Schell, im Jahr 1743». Im Exemplar der Bibliothek Zug ist darunter von Hand ergänzt «zum Schwert». Tatsächlich befand sich die Druckerei von Heinrich Anton Schell im Haus zum Schwert an der Kirchenstrasse. Er war der Sohn von Franz Leonz Schell, der eine Druckerei in seinem eigenen Haus hatte.

Als Buchhändler auch Verleger waren

Das Exemplar der «Caro­lina» in der Bibliothek Zug enthält zudem einen handschrift­lichen Besitzereintrag. Er ist interessanterweise – wie auch das Buch- neben Deutsch auch auf Französisch abgefasst: «Ce livre nommé La Caroline apartient a Jean Jacques Meyenberg a Baar, ... 1766. Il l’a acheté de M. l’Imprimeur Schäll». Der genannte Johann Jakob Meyenberg war Baarer Ratsherr und Offizier. Meyenberg hat also das Buch «Die Carolina» direkt beim Buchdrucker Heinrich Anton Schell gekauft.

In der Anfangszeit des Buchdrucks verkauften die Buch­drucker ihre Bücher nämlich selbst, waren also gleichzeitig Verleger und Buchhändler. Mit der Zeit begann sich die Tätigkeit in Buchdrucker, Buchhändler, Buchbinder, Verleger und so wei­ter aufzufächern. Im Zuger Buchdruck begann mit der 1747 gegründeten Buchdruckerei Blunschi eine neue Phase und die der ersten Zuger Druckerzeugnisse von 1671 bis Mitte 18. Jahrhundert ging zu Ende. (Text von Margrith Zobrist)

 

Hinweis

Die Bibliothek Zug präsentiert in einer zweiteiligen Artikelserie ihre frühen Zuger Drucke. Der erste Teil erschien gestern. Am Donnerstag, 1. August, können zwischen 12 und 16 Uhr zudem ausgewählte Ausstellungsstücke in der Bibliothek betrachtet und Referate dazu gehört werden.