Der AVZ entdeckte Uralt-Steinhausen

Brauchtum & Geschichte

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Eine spannende und ertragreiche Reise durch Epochen bot der Archäologische Verein Zug (AVZ). Für die rasante Tour verantwortlich war Stefan Hochuli.

Zug – «Der AVZ lebt!» Diese in den «Dreiklang» gerufene Quintessenz des Präsidenten Andreas Bossard zu dessen Jahresbericht fasst Ereignisse wie den Erlebnistag «Archäologie am See», die Auswertung der Ausgrabung der Pfahlbauten im Alpenblick, oder die überaus erfolgreiche Ausstellung «Mammuts» trefflich zusammen! Die um ein Dutzend Personen auf deren 530 angewachsene Mitgliederzahl untermalt den Aufwärts-Trend zusätzlich. Noch weit mehr Leute braucht es allerdings, um das unser kulturelles Erbe zum Verschwinden zu bringen drohende kantonale Denkmalschutzgesetz seinerseits am 24. November zu bodigen. Wie Bossard ausführte, gelang es dem AVZ, zusammen mit dem Heimatschutz gegen die Aufhebung, beziehungsweise die Verweigerung der Unterschutzstellung des Hauses Letzi 1 und der Häuserzeile Leihgasse 15 in Baar, eine gerichtliche Einsprache zu erheben. Hingegen darf man nun das Haus Schönegg 3 abreissen. Da bloss kantonal beschwerdeberechtigt, kann der AVZ nicht bis vor Bundesgericht rekurrieren.

Den Archäologie-Affinen eröffnet der Ausblick auch heuer eine lohnenswerte Palette: Nach dem soeben mit drei Partner-Organisationen mit bestem Echo durchgeführten Anlass «See-Katastrophe Vorstadt» präsentiert der Internationale Tag der Archäologie am 16. Juni Einblicke hinter deren Kulissen, derweil am 29. Juni ein Ausflug über «Steinzeitgräber und virtueller Tauchgang» nach Lenzburg stattfindet. Am 3. November lockt die urgeschichtliche Metallwerkstatt. Eine Sonderausstellung des Museums widmet sich dem Thema Gesundheit.

Immer beliebteres Museum

Dessen Leiter Ulrich Eberli resümierte die ausserordentliche Ausstellung «Boden.Schätze.Werte – unser Umgang mit Rohstoffen», welche mit mehr als dem Doppelten des Durchschnitts eine riesige Besuchendenanzahl anzog! Das Museum vertritt nunmehr Gishan Schaeren im Vereinsvorstand, welchen die GV anstelle des nach acht Jahren vorab technischen und logistischen Engagements mit grossem Dank verabschiedeten Dino Zimmermann ebenso wählte wie die im Führungsorgan bereits aktive Anja Heimann.

Nach einer rasanten Tour d’Horizon des Kantons Zug ab 22 000 vor Christus landete Stefan Hochuli, Vorsteher des Amtes für Denkmalpflege und Archäologie, in der Sennweid mit einer Rettungsgrabung von noch nie zuvor erlebten Dimensionen: 1988-91 resultierten auf 3 800 Quadratmetern nachstehende Funde: 5000 Pfähle, 1400 Kilogramm Keramik, 400 Steingeräte, 7000 Feuersteinobjekte, Hunderte Knochen- und Hirschgeweihgeräte, 10 000 unbearbeitete Knochen- und Hirschgeweihteile!

Es handelt sich um altsteinzeitliche Materialien und Reste jungsteinzeitlicher Dörfer; vor 5000 Jahren entstanden bereits Handelskontakte mit entlegenen Gebieten. Auf die nämliche Epoche, aber circa 4000 v. Chr., verweisen künstlich zugespitzte Pfähle aus Esche und Hasel, ergraben 2017 an der Sennweidstrasse 28. Anhand der zweimaligen Aushubüberwachung und Rettungsgrabung bei der Cosmetochem in den 1980er- und 1990er-Jahren öffnete Hochuli den Blick auf manche Epochen mit Funden von der neolithischen bis zur römischen Zeit, was die Komplexität der Siedlungsgeschichte im chronologischen Spektrum bezeugt. Aufsehen erregte zumal das schweizweit erste Holz-Paddel mit Blatt und Stiel aus der Bronzezeit.

Europaweite Seltenheiten

Das Schwärmen Hochulis ging nahtlos weiter, stiessen doch Grabungstechniker 1998 im Chollerpark auf beispiellose, wohlerhaltene Hölzer sowie landesweit grösste und schönste Dachschindeln ohne zugehörige Funde aus der Bronzezeit. Das gesamte Ensemble mit funktionell noch immer ungeklärten, trapezförmigen Holzrahmen von 13 bis 16 Metern Länge und Schiffsteilen stuft er gar als kontinental einzigartig ein. An der Sumpfstrasse-West zeugen Flechtwerkzäune von umfangreichen Fischfanganlagen, welche im Früh- bis Hochmittelalter am Rand einer geschützten Bucht des, damals soweit nach Norden ausgreifenden Zugersees standen. Zu ebendieser Zeit befand sich auf dem Schlossberg zwar ein Herrschaftssitz, nie jedoch ein Schloss. Nördlich hiervon gibt es keltische Gräberfunde mitsamt Beigaben zu erwähnen.

Für den Archäologischen Verein Zug: Jürg Johner