Der kleine Prinz spricht jetzt auch «Zugertüütsch»
Literatur & Gesellschaft
Antoine de Saint-Exupérys «Der kleine Prinz» ist neu in Zuger Mundart erschienen und lässt nicht nur Kinderherzen höherschlagen. Übersetzt hat den Klassiker die Zuger Künstlerin Judith Stadlin.
Kürzlich ist in Zug ein ganz besonderer literarischer Stern aufgegangen. «De chly Prinz», die zugerdeutsche Ausgabe von Antoine de Saint-Exupérys weltberühmtem Werk, wurde an einer Vernissage einem Publikum, bestehend aus Kindern, Eltern und Literaturfreunden vorgestellt. Die Zuger Schriftstellerin und Bühnenkünstlerin Judith Stadlin hat dem kleinen Prinzen eine neue Stimme verliehen, die direkt ins Herz der Region trifft und Kinder wie Erwachsene gleichermassen berührt.
Die Idee zur Übersetzung kam vom Baeschlin Verlag, der Saint-Exupérys Klassiker in verschiedenen Schweizer Dialekten neu herausbringen wollte und bereits eine Bündner und eine Glarner Fassung publiziert hat. Stadlin, die seit Jahren mit Spoken-Word-Texten und Theaterstücken in Zuger Mundart arbeitet, war sofort begeistert. «Ich bin ja Native Speaker mit eigenen Büchern, Spoken Word- und Bühnentexten in modernem, der heutigen Sprachwirklichkeit angepasstem Zugerdeutsch», sagt sie.
Doch die Umsetzung war anspruchsvoll. Stadlin begann mit der deutschen Fassung von Hans Magnus Enzensberger, erkannte jedoch rasch, dass sie tiefer gehen musste. «Ich musste unbedingt die französische Originalfassung als Grundlage nehmen, um die Geschichte, die Sprachbilder und die Geschehnisse präzise wiederzugeben».
Dabei blieb sie dem Original treu, kürzte nur punktuell und fügte vergessene Dialektwörter ein, wie etwa «Giritze» für Möwe oder «Bimpeli» für Glöckchen. Ihre Übersetzung bleibt nah am Original, gewinnt jedoch durch den Dialekt eine neue Dimension, besonders für Kinder, die mit Zuger Mundart aufwachsen.
Die Wirkung auf das junge Publikum steht für Stadlin im Zentrum. Kinder, die philosophischen Texten sonst eher ausweichen, finden über die vertraute Sprache Zugang zu den grossen Fragen des Lebens. «Das Philosophische, ja Ethische der ganzen Geschichte ist ja von Saint-Exupéry schon wunderbar in eine für Kinder verständliche Sprache verpackt, aber noch direkter wird es in meiner Übersetzung in Zuger Mundart», erklärt sie.
Besonders spannend sind die Figuren, die aktuelle gesellschaftliche Themen spiegeln. Der narzisstische Planetenbewohner, der aufdringlich um Lob und Anerkennung buhlt, oder der despotische König, der nur einen winzigen Planeten ohne Untertanen sein Eigen nennt, jedoch das gesamte Weltall zu beherrschen meint, wirken wie Karikaturen unserer Zeit und regen nicht nur Erwachsene, sondern auch junge Zuhörerinnen und Zuhörer zum Nachdenken an.
Die Illustrationen von Nora Beyl bereichern das Buch mit liebevoll gezeichneten Szenen. Sie verleihen dem Werk eine spürbare visuelle Wärme, die die Leserschaft mitten ins Geschehen hineinzieht, wie die Reaktion des Publikums auf die im Rahmen der Lesung von Beyl präsentierten Bilder zeigte.
An der Vernissage im Buchhaus Balmer in Zug wurden Passagen aus «De chly Prinz» nicht nur gelesen, sondern erlebbar gemacht. Mithilfe verschiedener Requisiten wechselte Stadlin vom notgelandeten Piloten und Ich-Erzähler in die skurrilen Figuren, denen der kleine Prinz auf seiner Reise durch die Planeten begegnet. Die Autorin brachte dabei nicht nur ihren Text, sondern auch ihre Theatererfahrung ein und schuf durch die Integration der anwesenden Kinder in die Handlung eine dichte Atmosphäre, die auch die erwachsenen Zuhörer sichtlich begeisterte.
Im Advent bringt das Ensemble der Quickchange Company den kleinen Prinzen als Theaterstück in die Shedhalle Zug. Das Publikum wird dabei ins Bühnenbild integriert, was ein immersives Erlebnis garantiert.Hinweis«Der kleine Prinz» wird am 22. und 23. November sowie 13. und 14. Dezember in der Shedhalle Zug aufgeführt. (Text von Ingrid Hieronymi)
Tickets und mehr Infos unter www.quickchange-company.com