Mittsommermusik mitten in Zug

Musik

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Das Festival «Sommerklänge» hat seine diesjährige Ausgabe mit dem Auftritt des österreichischen Ensembles Quadriga Consort begonnen – im Garten der Bauhütte St. Oswald.

  • Die Gruppe Quadriga Consort bei ihrem virtuosen Auftritt vor grandioser Kulisse. (Bild Mathias Blattmann)
    Die Gruppe Quadriga Consort bei ihrem virtuosen Auftritt vor grandioser Kulisse. (Bild Mathias Blattmann)

Zug – Auf dem Programmfoto sind die sieben Mitglieder des österreichischen Kammermusikensembles Quadriga Consort auf spezielle Art porträtiert: Neben den drei Musikern hinter dem Cembalo und dem «Basse de Violon» stehen die vier weiblichen Musikantinnen mit Viole da Gamba und Blockflöten – in weisse Spitze gekleidet und mit farbigem Blumenkranz im Haar.

Instrumentarium und Kostüme lassen sofort an die nördliche Sommersonnenwende denken und an ihre faszinierende Feier rund um die «midsommarstång» (Mittsommerstange), einen mit grünen Blättern geschmückten Baumstamm. Sowohl in Skandinavien wie auch auf den Britischen Inseln zelebrieren die Menschen diesen alten Brauch des Sonnenwend­feuers mit Musik und Tanz, allerdings in regionalen und kleinräumigen Varianten.

Café für Begegnung

Der Andrang zum Konzert am frühen Sonntagabend war gross, und das Interesse galt zunächst auch dem Konzertort – der 1929 im Rahmen der Renovation der St.-Oswaldskirche erstellten Steinmetz-Bauhütte, die heute ein kleines Baudenkmal und gleichzeitig ein Café für Begegnung und Beratung der katholischen und reformierten Kirchen des Kantons ist.

So begann der Abend mit einer Einführung durch Elisabeth Feiler-Sturm, die als Kuratorin für mobiles Kunst- und Kulturgut der Katholischen Kirchgemeinde Zug fachmännisch auf das architektonische «Bijou» mit seinen zwei im Innern eingebauten alten, farbigen Glasmalereien hinwies.

Mit Tanzmusik – mal gemütlich, mal leichtfüssig hüpfend – startete Quadriga Consort in ihr Mittsommerprogramm und bewies gleich auch ihre virtuosen Fähigkeiten: Die rasanten Blockflöten-Triller (Angelika Huemer und Karin Silldorff) über den Streicherklängen (Dominika Teufel und Peter Trefflinger) liessen die Finger nur so fliegen, ein Glöckchentamburin (Tobias Steinberger als Perkussionist) begleitete sie mit silbrigen Obertönen, und Nikolaus Newerkla, der Ensembleleiter, blies dazu auf einem sogenannten Vibran­doneon. Er stellte es später als das 1983 von ihm erfundene und patentierte «Luxusmelodica» vor. Womit das Markenzeichen von Quadriga Consort präsentiert war: eine auf alter Musik fussende Verbindung zwischen Kunst und Unterhaltungsmusik, Barock und Folk, Renaissance und Pop. Für die zweite Nummer des Abends stellte sich Sophie Eder ans Mikrofon. Ihre schöne Stimme mit warmem Timbre intonierte «Uti vår hage», eine alte schwedische Liebesballade, deren Gesangszeilen ein Echo fanden in den Blockflöten, die den ganzen Abend mal unisono, mal zweistimmig einen prominenten Platz einnahmen.

Sommerliche Liebe, Liebesglück und Liebesweh tauchten regelmässig auf. So auch in «The Midsummer Carol», einer Art englischen Valentine’s-Day-Songs, der davon handelt, dass die Mädchen aus Norfolk am frühen Morgen des Mittsommertages von den jungen Männern mit Musik geweckt und umworben wurden. Oder im gefährlichen Liebestest «Sovay, Sovay», in dem die als Räuber verkleidete Frau ihren Geliebten erschiessen würde, wenn er ihr auch seinen Verlobungsring herausgerückt hätte. Mit sensiblem Humor führte Newerkla durch die kleinen dramatisch-musikalischen Vignetten «aus dem Volk für das Volk».

Applaus für die besondere Leichtigkeit

Besondere Kleinode waren der von ihm selbst komponierte Walzer und die einfache Volksweise «Idas sommarvisa», die man in Schweden am letzten Schultag vor den Sommerferien singt und die in den 1970er-Jahren durch den Astrid-Lindgren-Film «Michel aus Lönneberga» populär wurde.

Wenn zum Fest der Sonnenwende, etwa auf den Hebriden, keine Instrumente zur Hand waren, musste die Stimme sie ersetzen. Daraus entstand die schottisch-gälische «Mundmusik», genannt «Puirt a beul», die sich bis heute erhalten hat: eine Kombination aus perkussiv-melodisch eingesetzten Silben, die eine besondere Technik verlangen. Am Zuger Konzert bekam sie eine Bühne mit Sophie Eder, die wie kaum jemand die gesangs- und sprachakrobatischen Anforderungen so beeindruckend und mit solcher Leichtigkeit beherrschte, dass ihr ein besonderer Applaus zufiel.

Das Zusammenspiel und die Spielfreude aller sieben Musizierenden, gepaart mit der evozierten Atmosphäre weiter nördlicher Landschaften und unausweichlicher Vergänglichkeit, berührten offensichtlich die Zuhörenden: Sie erklatschten sich zwei Zugaben, und am Ende fasste es eine Zuhörerin so zusammen: «Das hat so gutgetan – diese Seelenmusik!» (Text von Dorotea Bitterli)