Zerbrechliche Schönheit
Brauchtum & Geschichte
Eine facettenreiche Sonderausstellung des Museums für Urgeschichte(n) an der Zuger Hofstrasse widmet sich der Faszination Glas.
Zug – Unser Umgang mit Glas hat sich im Laufe der Geschichte grundlegend gewandelt: Was in ur- und frühgeschichtlichen Epochen als kostbares, seltenes und beinahe magisches Symbol von Macht Bewunderung auslöste, ist heute selbstverständlicher Bestandteil des Alltags. Dem facettenreichen Material Glas, das vor etwa 7000 Jahren im östlichen Mittelmeerraum entdeckt wurde, und seiner kulturgeschichtlichen Bedeutung widmet das Museum für Urgeschichte(n) bis am 17. Mai 2026 die Sonderausstellung «Faszination Glas».
Zur Vernissage erschien am Sonntag ein grosses archäologie- und kulturinteressiertes Publikum an der Hofstrasse. Der Regierungsrat und Direktor für Bildung und Kultur, Stephan Schleiss, besann sich zu Beginn seiner Begrüssungsrede auf die vielseitigen Merkmale des Rohstoffs und dessen technisch ausgeklügelten Einsatzmöglichkeiten wie Fernrohre, Lupen oder Brillen.
Reger Handel im Kanton Zug«Glas kann leicht, durchlässig, hart, zerbrechlich, kristallklar oder leuchtend daherkommen. Die ausgestellten Objekte wie etwa die vor etwa 3'600 Jahren in der Pfahlbausiedlung Cham-Alpenblick gefundenen Quarzkeramikperlen haben sich ihre Schönheit über Jahrtausende hinweg bewahrt», sagte Schleiss. Die Ausstellung sei ein Fest für die Augen.
Die freischaffende Archäologin Sylvia Fünfschilling hob hervor, dass die Schweizer Glasherstellung bis zurück in die Römerzeit reiche: «Die Quarzkeramikperlen aus der Bronzezeit dokumentieren bereits einen dazumal regen Handel im Kanton Zug.» Sie betonte ausserdem: In archäologischer Hinsicht sei Glas schwerer zugänglich als etwa Keramik. Fünfschilling brachte dem neugierigen Publikum die Herstellung und den geschichtlichen Hintergrund des facettenreichen Rohmaterials näher und führte aus, dass sich das Museum in geografischer Hinsicht besonders auf Schätze nördlich der Alpen beschränkt habe.
Museumsleiter Ulrich Eberli sprach in seinem Vortrag von einem spannenden, jedoch herausfordernden Material: «Glas ist fragil, was zu seiner Schönheit und Attraktivität beiträgt, aber archäologisch ein Nachteil ist, da oft nur Scherben oder Fragmente gefunden werden.» Glas werde dabei in einem komplexen technologischen Verfahren aus verschiedenen Komponenten hergestellt und durch Schmelzen, Färben, Pressen, Walzen, Giessen oder Blasen weiterverarbeitet. Schliesslich unterstrich Eberli die Hochwertigkeit der heurigen Ausstellung mit überwiegend Originalgegenständen. Den musikalischen Ton an der Vernissage setzte das Trio Augustine Perdu mit herzerwärmender Stimmgewalt.
Alltagsgegenstände und schimmernde Schätze
In den interaktiven Ausstellungsräumen des Museums sind die qualitativen Glasexponate chronologisch nach Epochen von der Frühbronzezeit bis zum Frühmittelalter aufbereitet. Die neugierigen Besucherinnen und Besucher können früher als Parfümflakons verwendete Gefässe in Vogelform, ästhetische Grabbeigaben und eine im Kanton Zug gefundene Flasche mit Schlangenfadendekor bestaunen. In zwei Vitrinen sind nebeneinander römische Alltagsgegenstände wie serienmässig aus Steinformen geblasene Zylinderkrüge sowie als Gegensatz dazu schimmernde Schätze der damaligen Zeit zu sehen.
Draussen demonstrierten Jan Vyskocil und Maximilian Schlott von der Niesenglass Switzerland GmbH aus Unterseen ihr präzises Handwerk des Glasblasens. Bei 600 bis 1000 Grad im Ofen stellten sie ein Glas mit Henkel her. Schlott: «In jedem Arbeitsschritt können Fehler geschehen, es braucht Erfahrung und Fertigkeiten.» Die Ausstellung des Museums für Urgeschichte(n) habe bei ihnen beiden dabei einen «veritablen Wow-Effekt» ausgelöst, ergänzt Schlott. (Text: Nils Rogenmoser)
