Die Jungtalente überzeugen mit Kammermusik vom Feinsten
Musik
Die Reihe der Astona-Konzertauftritte wurde schon fünf Tage nach Kursbeginn eröffnet, in der Musikschule Unterägeri mit einem abwechslungsreichen Programm mit gehaltvollen Interpretationen.
Unterägeri – Die Reihe der Astona-Konzertauftritte wurde schon fünf Tage nach Kursbeginn eröffnet, in der Musikschule Unterägeri mit einem abwechslungsreichen Programm mit gehaltvollen Interpretationen. Nach den Begrüssungsworten von Nancy Chumachenco (Gründungsinitiantin der Kursreihe seit 1998), Christoph Balmer (Hauptverantwortlicher für die Organisation im Kanton Zug) und Sabina Keresztes (Initiantin der Konzertreihe Aegeri Concerts) erhielten von den 34 Hochbegabten – alle zwischen 11 und 21 Jahre alt – bereits rund ein Drittel ihre erste Auftrittsgelegenheit.
Im Gegensatz zur Vorankündigung wirkten die Vorträge über das spieltechnische Niveau hinaus auch bereits im Zusammenspiel voll ausgereift. Die Teilnehmenden wussten aufgrund eines persönlichen Entscheids oder dem ihrer Lehrer schon im Voraus, was sie im Kanton Zug zu spielen hätten. Über die spontane Musikbegabung hinaus wirkten alle Vorträge gründlich eingeübt. Ein Glücksfall ist seit vielen Jahren der Begleitpianist und Korrepetitor François Kilian, der nicht nur in kürzester Zeit die Notentexte aus verschiedensten Stilepochen einübt, sondern diese ebenso aus dem Moment heraus im Sinne der jungen Interpreten angemessen zu gestalten weiss.
Durch das ganze Programm spielte der Pianist mit offenem Fügeldeckel; denn alle Streichersolisten musizierten mit grossem und abgerundetem Ton, selbst wenn die Jüngsten dazu vereinzelt noch Dreiviertel-Instrumente benutzten.
Es war für Aussenstehende kein Lampenfieber spürbar und die Ausführenden wirkten selbst gegenüber ungeplanten Störungen stabil: Etwa, als im Pianissimo-Schluss bei Ernest Bloch plötzlich das Kirchengeläut in einer ganz anderen Tonart ertönte, oder als ein Hund aus der Nachbarschaft sich ungebeten in den Klang der Zigeunerweisen einschaltete.
Für eine optimale Talentförderung
Schon die zur Eröffnung spielende 12-jährige Geigerin Jayda Lu wagte sich mit vollem Erfolg an die von den Melodien her weltbekannte Carmen-Fantasie, Opus 25, von Pablo de Sarasate (1844–1908). Die ganze Familie ist für die optimale Begabtenförderung ihrer Tochter von Australien nach England gezogen – ähnlich wie Hoi Ching Chloe Lui aus Hongkong mit dem «Nigun» von Ernest Bloch (1880–1959).
Speziell auch die Situation des 15-jährigen Denis Ryabovol mit den Zigeunerweisen desselben Komponisten: Der von seinem ursprünglichen Heimatland ausgesperrte Russe macht nun den grössten Teil seiner Ausbildung von den USA aus auf elektronischem Weg per Livestream, offensichtlich mit Erfolg, wie auch das Spiel in Unterägeri dokumentierte.
Eine den Astona-Kursen besonders zugetane Talentschmiede ist offenbar das Musikgymnasium Carl Philipp Emanuel Bach in Berlin: Der 12-jährige Cellist Ferdinand Lepinat gestaltete den virtuosen Rondo-Satz aus Opus 94 von Antonín Dvořák souverän und ein im Altersdurchschnitt genau 13 Jahre zählendes Streichquartett spielte aus Beethovens Opus 18, Nr. 4, den ersten Satz. Der Vortrag von Ellen Herler (Märchenbilder von Robert Schumann, Opus 13) dokumentierte, dass im Gegensatz zu früher auch die Viola häufiger als Erstinstrument gewählt wird. In prägnanter und lebendiger Wiedergabe von drei Sätzen aus der dritten Bach-Solosuite in C-Dur, BWV 1009, war mit Louis Hirst auch ein Schweizer mit seinen Eltern dabei.
Eintracht trotz Konkurrenz
Ein zusätzliches Fazit: Auch hochbegabte Nachwuchskräfte bevorzugen Werke vom ausgereiften Barock bis an die Schwelle zur Moderne, genau wie das heutige klassisch-gebundene Konzertpublikum. Darbietungen in streng historisch verstandener Aufführungspraxis und Experimentalmusik sind auch bei den Jungen höchstens Aussenseiter.
Einträchtig versammelten sich alle Ausführenden für den kräftigen Schlussapplaus. In einem gewissen Sinne trog aber der Schein: Die solistischen Auftrittsmöglichkeiten für die weiteren Konzerte werden erst sehr kurzfristig auf Grund der Proben entschieden. In diesem Punkt sind die Teilnehmenden also auch Konkurrenten. Für alle fest steht nur die Teilnahme am Gesamtorchester unter der Leitung von Joonas Pitkänen vom Zuger Stadtorchester. (Text von Jürg Röthlisberger)