«Diesen Brauch sollten wir in Deutschland einführen»

Brauchtum & Geschichte, Musik

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Die Gesangsgruppen am Chrööpfelimee haben gestern nicht nur die besungenen Paare begeistert, sondern auch Passanten in ihren Bann gezogen. Sie mussten sich im Vergleich zu den Vorjahren kürzerfassen.

  • Die Gruppe Tonique – the Singing Ladies während des Auftritts bei der Ankenwaage in der Altstadt. (Bild Stefan Kaiser)
    Die Gruppe Tonique – the Singing Ladies während des Auftritts bei der Ankenwaage in der Altstadt. (Bild Stefan Kaiser)

Zug – Rote Lichter an Fenstern lassen andernorts in der Schweiz schlüpfrige Gedanken aufkommen. In Zug aber steht dieses Signal für Verliebte, die am Chrööpfelimee-Abend von den umherziehenden Gruppen besungen werden wollen. Dieses einzigartige Spektakel findet traditionell am Sonntag nach dem Aschermittwoch statt. Gestern buhlten 16 Paare um die Gunst der zwölf Gesangsgruppen. Diese konnten wählen, ob sie die maximale Distanz von der Schützenmatt bis nach Oberwil unter die Füsse nehmen wollten. Die meisten entschieden sich dafür.

Sie hatten – wenigstens zu Beginn – das Wetterglück auf ihrer Seite: Der starke Wind hielt die Gewitterwolken fern. Das bescherte den Gruppen in der Altstadt eine stattliche Zahl von Zuhörern. Einer davon war Kay Lustig (47) aus Castrop-Rauxel. Er sei bei Freunden zu Besuch, die ihn auf das Chrööpfelimee aufmerksam gemacht hätten. «Das ist wunderschön. Diesen Brauch sollten wir in Deutschland einführen», sagte Lustig lachend.

Der Hauptharst der besungenen Paare befindet sich in der Altstadt. Das wird von der organisierenden Zunft der Schneider, Tuchscherer und Gewerbsleute auch favorisiert, sagt deren Chrööpfelimee-Meister Martin Kühn. Denn die Tradition stammt aus einer Zeit, in der das Leben in Zug in der heutigen Altstadt spielte.

Wein und Gesang

Die Geschichte dahinter in gekürzter Form: Nach dem Tanz zur Fasnachtszeit luden Mädchen ihre Auserkorenen zu sich ins Elternhaus ein, wo diese mit Krapfen («Chrööpfeli») und Wein versorgt wurde. Bekannte versammelten sich derweil vor dem Haus und sangen heitere Lieder. Wenn die beiden Liebenden das Fenster öffneten, wollten die Sänger etwas abhaben von den Krapfen und dem Wein. Mitunter verlangten die Sänger danach mehr – «mee».

Nicht mehr, sondern weniger wurde seitens der Organisatoren bezüglich Auftrittszeiten der einzelnen Gruppen angemahnt. Ein Auftritt sollte sich bei etwa zehn Minuten bewegen. So sollte vermieden werden, dass Paare stundenlang am Fenster ausharrten. Die Stichproben in der Altstadt zeigten: Die Gruppen hielten sich mehr oder weniger daran. (bier)