Zwischen Glamour und Anrüchigkeit

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Irene Staub (†) galt als «berühmteste Prostituierte» Zürichs. Doch war sie weit mehr als das. Sie ist als illustre, mysteriöse Ikone in die Geschichte der Limmatstadt eingegangen. Der Film «Glow» gibt ihr eine Kontur.

  • Irene Staub (†37) war eine der schillerndsten Figuren Zürichs. (Bild: PD)
    Irene Staub (†37) war eine der schillerndsten Figuren Zürichs. (Bild: PD)

Zug – Ein bisschen Marilyn Monroe, ein bisschen Rita Hayworth, ein bischen Courtney Love... Irene Staub war eine der schimmerndsten und bemerkenswertesten Erscheinungen im Zürich der 1980er-Jahre. Auch unter dem Pseudonym «Lady Shiva» bekannt, war die grossgewach­sene junge Frau eine lokale Berühmtheit mit grossem Potenzial, auf dem internationalen Parkett Fuss zu fassen. Nicht zuletzt war es ihre eigensinnige, egozentrische Art und der starke Hauch von Glamour, was sie für Persönlichkeiten wie Mick Jagger, Franz Gertsch, Catherine Deneuve oder Federico Fellini interessant oder gar zu einer Muse der Inspiration machte.

Irene Staub lebte ein turbulentes Leben auf der Expressspur – als Laufsteg-Model, Pin-up-Girl, Punksängerin, Schauspielerin oder Sexarbeiterin. Vor allem die Männerwelt kannte sie als Edeldirne an der Schoffel­gasse, wo sie spendablen Freiern ihre «Zeit verkaufte». Irene Staubs Umtriebigkeit forderte allmählich ihren Tribut – sie führte in die Drogensucht. Wiederholt im Ausland erfolgreich davon losgekommen, folgte in Zürich jeweils der Rückfall. Als Irene Staub im Alter von 37 Jahren nach Thailand ging, um dort ein neues Leben anzufangen, starb sie unter bis heute ungeklärten Umständen – angeblich bei einem Motorradunfall.

Die Unfassbare

Die Schweizer Regisseurin Gabriel Baur drehte 2017 den Dokumentarfilm «Glow», mit dem sie Irene Staub ein Gesicht zu geben sucht, nur im Ansatz porträthaft; vielmehr versteht sich das Filmdokument als Annäherung. Denn wenn schon die Menschen um Irene Staub sie zu Lebzeiten nie richtig fassen konnten, wie soll das ein posthumer Film können? Weggefährtinnen und -gefährten der Zürcher Ikone kommen wiederholt zu Wort und geben ihr mit dem Griff in ihre Erinnerungskisten wenigstens eine Kontur. Und doch bleibt Irene Staub sowohl im Wesen als auch in ihrer Biografie ein Mysterium.

Gabriel Bauers Film erhielt nach der Uraufführung durchwachsene Kritiken. Dies nicht ganz zu Unrecht. Allzu fragmentarisch bleibt der Abriss von Irene Staubs umtriebigem Leben an mehreren Stellen. Wichtige Fragen bleiben offen, die durchaus beantwortet hätten werden können. Die Gespräche mit ihren ehemaligen Bekannten driften stellenweise so weit von der Hauptfigur im Film ab, dass der Zuschauer vergeblich die Zusammenhänge sucht.

Im Spannungsfeld zwischen Glamour und Anrüchigkeit

Nichtsdestotrotz unterstreichen diese subjektiven Unzulänglichkeiten des durchaus sehenswerten Filmes die unvollständig (er)fassbare Person der Irene Staub. Sie war und bleibt eine schimmernde, mystische Ikone im Spannungsfeld zwischen Glamour und Anrüchigkeit. (Andreas Faessler)

Hinweis
Der Fliz-Filmclub Zug zeigt «Glow» am Montag, 9. Juli, um 20 Uhr im Kino Gotthard Zug. Regisseurin Gabriel Baur ist Saalgast.