Vom Palmsonntag zum Ostertag

Dies & Das

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Die Kolingesellschaft befasste sich mit den letzten Tagen Jesu in Jerusalem und deren Bedeutsamkeit bis auf den heutigen Tag.

Zug – In sämtlichen Evangelien, so führte die Theologin Marie-Louise Gubler an ihrem Vortrag «Vom Palmsonntag zum Ostertag – Bedeutung und Brauchtum der Karwoche» im Pfarreizentrum St. Michael in Zug aus, finden sich Passionsberichte als Urgesteine, von denen her sich das Leben Jesu entfaltete. Und vom Wort «Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben» leitet sich der christliche Glaube «Weg zum Ziel» ab. Von Jericho (460 m.ü.M.) aus wanderte er zum Ölberg bei Jerusalem (810 m.ü.M.) hinan, Ziel der Wallfahrten von Juden, Christen, Muslimen. Noch heute finden dort Prozessionen mit Olivenzweigen als Friedenssymbolen und heilkräftigen Buchszweigen statt.

Marie-Louise Gubler beschrieb eingehend den Tempel, welchen Jesus «reinigte», also der Händler Tische umwarf und nach Streitgesprächen mit Pharisäern das Ende der Weltzeit verkündete. Für die Karwoche macht sie neben der Verhüllung der Bilder noch das Ausbleiben der Glocken (ab 7. Jahrhundert) und der Orgel (ab 8. Jahrhundert) von Donnerstag bis Samstag sowie die Sakramentsprozession und die Entblössung der Altäre namhaft. Die korrekte Bedeutung des Gründonnerstags, nämlich das Greinen, Weinen, stellt die Referentin in den Kontext des Büssens in Gemeinschaft und der darauffolgenden Lossprechung der Sünden.

Ausblick auf das Reich Gottes

Sie ortet ein seltsames weitgehendes Schweigen der Schrift über die letzten 24 Stunden des Lebens Jesu, in Sonderheit über dessen letztes Mahl an einem unbekannten Ort, weil die Schriftgelehrten unter dem Hohepriester Kajaphas bereits den Todesbeschluss fassten.

Mit der Symbolhandlung der Fusswaschung übernimmt Jesus einen Sklavendienst. Das Paschamahl begreift die Theologin als einen endzeitlichen Ausblick auf das Reich Gottes, als eine heilsbedeutsame Todesdeutung mit dem Leib als Darstellung des gesamten Menschen und dem Blut als Bildwert für Tod und Leben. Hernach nimmt das Verhängnis seinen Lauf mit dem Verrat des Judas bei den Behörden.

Marie-Louise Gubler schildert den ungefähren Fortgang so: In Getsemani, dem Übernachtungsumfeld, folgt die Verhaftung Jesu durch die jüdische Tempelmiliz mit informellem Vorverhör des Synedriums unter Vorsitz des Hohepriesters, die Verurteilung durch Pilatus wegen Majestätsbeleidigung und am Karfreitag, dem Rüsttag, die Führung zur Hinrichtungsstätte, die Geisselung, die Kreuzigung mit zwei weiteren Angeklagten in Golgatha, der Schädelstätte, wo heute die Grabeskirche steht. Als Überraschung wertet Gubler die spezielle Beisetzung in einem Privatgrab.

Späte Kreuzerhöhung

Die Kreuzigung bezeichnet sie als die schändlichste, abscheulichste Hinrichtungsart. Pilatus wirkte zwischen 26 und 36 als grausamer Prokurator, sodass sie als wahrscheinlichste Todeszeit Jesu das Jahr 30 annimmt. Das Kreuz empfanden die Christen als Ärgernis; erst 335 anlässlich der Einweihung der Konstantinischen Basilika über dem Heiligen Grab fand das 1. Kreuzfest mit dessen Vorzeigung, der «Erhöhung» des Kreuzholzes, statt, und auf 432 datiert sie die erste Kreuzdarstellung.

Der Karsamstag dient der Grabesruhe. Wie die ostkirchlichen Grabikonen belegen, eignet den Grablegungsriten eine auffällige Sichtbarmachung eines Geschehens. Dem Unglauben Petrus’ antworten die glaubensmächtigen Frauen am Grab, welche von der frohen Botschaft Zeugnis ablegen: «Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten? Er ist nicht hier, er ist auferstanden!» Dies passiert am Ostersonntag, womit Marie-Louise Gubler schliesst: «Wir begegnen dem Auferstandenen im Lauschen auf die Schrift, in der Nachfolge der Apostel, in der Feier der Eucharistie.»

Für die Kolingesellschaft Zug: Jürg Johner