In diesem Musical führt das Publikum Regie

Theater & Tanz

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Das Ensemble «ab und zufällig» zeigte in Zug mitreissendes Improvisationstheater.

  • Die Figuren sind improvisiert, so auch die Story – und die Songs sowieso. Bild: Matthias Jurt (Zug, 2. 3. 2024)
    Die Figuren sind improvisiert, so auch die Story – und die Songs sowieso. Bild: Matthias Jurt (Zug, 2. 3. 2024)

Zug – Die Bühne des Kinder- und Jugendtheaters Zug wirkt am Samstagabend verlassen, so als hätte der Bühnenbildner seinen Job nicht gemacht. Dann tritt die Schauspielerin Louisa Dittli auf den Plan und fragt, wo das Stück spielen soll. Neben Geisterschloss, Bundeshaus und Wald wird auch eine verlassene Fabrik genannt.

Dieser Vorschlag verfängt und Dittli fragt, was es an diesem Ort so alles gibt. Wie zu erwarten ist, werden Spinnweben, alte Maschinen und kaputte Fenster genannt. Ein junger Mann in der ersten Reihe ruft plötzlich «Jugendtreff». Und schon ist die Geschichte geboren und die Bühne füllt sich mit Leben. Die fünf Schauspieler machen tanzend und singend zusammen mit zwei Musikern die Atmosphäre eines Jugendtreffs in einer alten Fabrik erlebbar.

Kampf einer Clique um ein Daheim

Die Figuren erzählen in berührenden Songs, wie sie im Jugendtreff ihr zweites Zuhause gefunden haben. Elena (gespielt von Laila Koller) schildert, wie ihre Eltern sie gedrängt hätten, ihr eigenes Leben zu leben. Zusammen mit Frieda (Louisa Dittli) singt sie: «Wir wollen zueinander schauen, eine Familie sein.»

Eher im Hintergrund hält sich Timi (Lorin Mühlebach), der als Spross aus reichem Haus von Flo (Lorena Gasser) ausgegrenzt und nicht als Mitglied der Clique zugelassen wird. Unangemeldet erscheint plötzlich eine kantonale Inspektorin (Irene Hanke), die verkündet, dass die Fabrik wegen hoher Asbestbelastung geschlossen werden soll. Die Jugendlichen sind verzweifelt und wütend. Nicht zuletzt, weil Elenas Mutter Annegret den Behörden den Hinweis gegeben hat, die Fabrik auf Schadstoffe zu untersuchen.

Annegret, in einer Doppelrolle von Louisa Dittli gespielt, ist seit kurzem geschieden und möchte Elena zurückholen und aus ihr eine «brave Tochter» machen. Da sie in der Lotterie fünf Millionen Franken gewonnen hat, plant sie, die Fabrik zu kaufen und abzureissen. Als Lösung bietet Timi an, notfalls mit dem Geld seiner Eltern die Fabrik zu sanieren, damit der Jugendtreff nicht weichen muss. So kann er sich endlich die langersehnte Aufnahme in die Clique sichern.

Über das Schicksal der Fabrik entscheiden schliesslich die Zuschauer, die als Mitglieder einer Gemeindeversammlung in die Handlung einbezogen werden. Das mehrheitlich jugendliche Publikum gibt der Sanierung mit tosendem Applaus den Vorzug. Zwischen Elena und ihrer Mutter kommt es zur Versöhnung. Annegret stimmt nämlich zu, ihren Lotteriegewinn in die Sanierung der Fabrik zu investieren, sodass das Happy End perfekt ist.

Improvisation muss stetig geübt werden

Wer meint, Improvisationstheater erfordere keine regelmässigen Proben, liegt falsch. «Wir proben wöchentlich und holen uns für Probetage regelmässig professionelle Improspieler als Coaches hinzu», sagt Louisa Dittli auf Anfrage. Geübt werde vor allem, wie man sich in eine spannende Figur hineinver­setzen könne, so Dittli weiter. Generell sei eine der grossen Herausforderungen des Improvisationstheaters, dass kein Bühnenbild vorhanden sei. «Dass wir uns beispielsweise in einem Büro befinden, müssen wir anders festmachen», schildert Dittli eine der Besonderheiten dieser Theaterform.

Es sei das Aussprechen von Beziehungen und Räumen, die im Vorfeld geprobt würden. Eine Regie gebe es beim Improvisationstheater nicht. Das Ensemble ab und zufällig geniesst regelmässig Gastrecht in den Räumen des Kinder- und Jugendtheaters Zug im Zentrum Metalli. (Text von Ingrid Hieronymi)