Therapie auf Teufel komm raus

Theater & Tanz

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In der Schrinerhalle feiert «Trommeln über Mittag» Premiere. Während neunzig Minuten werden Schauspieler und Publikum behandelt.

  • Im neuen Stück der Theatergesellschaft Baar «Trommeln über Mittag» hat jeder sein eigenes Problemchen. (Bild Werner Schelbert)
    Im neuen Stück der Theatergesellschaft Baar «Trommeln über Mittag» hat jeder sein eigenes Problemchen. (Bild Werner Schelbert)

Baar – Rothenberger, der ersten Figur, der man auf der Bühne der Schrinerhalle in Baar begegnet, scheint es wirklich nicht gut zu gehen. Das Hemd hängt aus der Hose, die Haare genauso wirr wie sein Blick. Keinem geht es wirklich gut im neuen Stück der Theatergesellschaft Baar, «Trommeln über Mittag».

Die Geschichte ist von Anfang an mit Potenzial zum Chaos angelegt: Ein Therapeutenpaar hat eigentlich selbst schon genug Probleme. Sie zu lösen, steht ihm aber fern. Zum Glück hat das Paar die passende Paartherapeutin stets zur Hand. Seinen Kunden verschreibt das Therapeutenpaar derweil ein buntes Potpourri an Behandlungen, egal ob die Patienten sich ihrer eigenen Probleme wirklich bewusst sind. Oder sie überhaupt haben.

«Ich habe keine Probleme»

Alle alternativen Heilmethoden bekommen ihr Fett weg: Das übertherapierte Therapeutenpaar verordnet seinen Patienten, was gerade angesagt ist und was den beiden gerade in den Sinn kommt. Da wird die Wurzel-Chakra-Schlange mit Hilfe einer Rückführung und Yoga zur Entspannung gesucht, um sich später bei der schamanischen Reise voll konzentrieren zu können. Die Stricktherapie steht fest im Wochenplan, und Mutterkomplexe werden gleich im Dutzend diagnostiziert. Und wer sich gesund fühlt, kriegt an der ersten Sitzung das Buch «Ich habe keine Probleme». Nach dessen Lektüre kann man sich getrost in den Therapiespass hineinstürzen. Spätestens dann hat man nämlich welche.

Die Perspektive des Teddybärs

Das Stück stammt aus dem Jahr 1991, und das Thema ist noch brandaktuell. Sandra Müller, Schauspielerin und Regisseurin von der Theatergesellschaft Baar: «Wir haben schon das eine oder andere selbst interpretiert, das Hauptthema des Stücks scheint aber tatsächlich ein zeitloses zu sein.» Adaptiert wurden vor allem verschiedene technische Spielereien, die 1991 so noch nicht möglich waren. Beispielsweise eine Art Video-Telefonverbindung zum Publikum via Bildschirme und Kameras auf der Bühne. Durch die Bildschirme kann das Publikum entweder die Perspektive eines Teddybären auf der Bühne erleben oder wird durch die Kamera direkt zum Mitmachen aufgefordert. Auch neu im Vergleich zum Originalstück ist das Ende. Der neue, offene Schluss gäbe «dem Stück noch ein wenig mehr Tiefe», findet Sandra Müller.

Tiefe hat das Stück jedoch schon so, auch ohne das neu interpretierte Finale. Man könne sehr gut über das Stück lachen, «trotzdem gibt es immer wieder stille Momente», sagt Sandra Müller. Viele Konflikte bleiben bis zum Ende verkorkst, und mit dem vielleicht stillsten Moment des Stücks wird auch mal die Verzweiflung der Figuren aufgezeigt. «Manchmal fällt der Glücksstern halt wieder runter», ist dann auch einer der letzten Sätze einer Patientin im Stück. (Lionel Hausheer)

Hinweis
Weitere Vorstellungen in der Schrinerhalle: Samstag, 31. Oktober; Donnerstag, 5. November; Freitag, 6. November; Donnerstag, 12. November; Freitag, 13. November und Samstag, 14. November, jeweils 20 Uhr. Am Sonntag, 8. November, beginnt die Vorstellung um 18 Uhr. Weitere Infos auf www.theatergesellschaft-baar.ch