Wie sich das Ägerital gewandelt hat

Film & Multimedia, Brauchtum & Geschichte

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Seit vier Jahren beschäftigt sich die Schwyzerin Claudia Steiner mit einem Film über die Bergregion. Dabei werden unter anderem drei Zeitzeugen eng begleitet.

  • Claudia Steiner im Gespräch mit dem früheren Lehrer Eugen Häusler. (Bild Docfilm GmbH/PD)
    Claudia Steiner im Gespräch mit dem früheren Lehrer Eugen Häusler. (Bild Docfilm GmbH/PD)

Unterägeri – Wer kennt die Geschichte seiner Heimat, seines Wohn- und Wirkungsortes? Diese Frage wird im Trailer zum Dokumentarfilm «Wo Kinder spielten - das Ägerital im Wandel» gleich zu Beginn gestellt. Das Ägerital war ein bekannter Kinderkurort: Vor hundert Jahren wurden hier Hunderte Kinder gesund gepflegt. Doch wie präsent ist dieser Teil der Vergangenheit noch? Welche Rolle spielt er für die Gegenwart? Diesen Sinnfragen geht die Zentralschweizer Filmemacherin Claudia Steiner nach.

Antworten finden möchte sie auch mit Hilfe dreier Protagonisten, die im Film auftreten. Alle drei haben einen starken Bezug zum früheren und heutigen Ägeri. Sie werden für den Dokumentarfilm in ihrem Wirken und ihrem Leben begleitet. Zu den Akteuren gehört Eugen Häusler. Der pensionierte Lehrer hat sein ganzes Leben im Ägerital verbracht. Er kennt die Geschichte des Tals und macht historische Führungen durch Unterägeri.

Interessante Einblicke in Familiengeschichten

Begleitet wird auch Fridolin Bossard. Der Gemeinderat (FDP) ist zudem Präsident von Ägerital-Sattel Tourismus und Rektor der Privatschule Dr. Bossard in Unterägeri. «Damit ist er ein direkter Erbe der Kinderkur-Tradition», erklärt Steiner. Seine Urgrossmutter hat 1896 ein Kinderheim in der Kirchgasse gegründet und deren Söhne waren die ersten Ärzte der Zuger Kinderheilstätte «Heimeli». Schliesslich wird Andrea Iten porträtiert. Sie ist Korporationsmitglied in Unterägeri und Kindergärtnerin. Nach einer langen Zeit im Ausland ist Andrea Iten wieder in ihre alte Heimat zurückgekehrt. Die drei Porträtierten seien alle eng mit dem Ägerital verbunden, so Steiner.

Doch auch die Geschichte soll im Film Platz haben. Es geht um Kontraste, um das Heute und das Damals. Das Zuger Tal scheint dafür prädestiniert. Die Kontraste sind offensichtlich: Alte Bauernhäuser stehen neben prachtvollen Villen. Alteingesessene Familien, die seit Generationen am gleichen Ort wohnen, treffen im Alltag auf Expats, die ihren Lebensmittelpunkt regelmässig wechseln. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war hier alles beschaulicher. Man war unter sich. Was hat das neue Ägeri mit dem alten Ägeri zu tun? Im Film wird ein Kind die historische Geschichte der Kinderkurhäuser erzählen. «Der andere Teil ist ein klassischer Dokumentarfilm, in dem eben die eigene Geschichte, der eigene Umgang damit dargestellt wird», führt die Filmemacherin aus. Die Welt wird im Kleinen dargestellt. Das Ägerital dient dabei als eine Art Stellvertreter. «Das Tal hat eine Geschichte, die nicht so präsent ist», führt Steiner aus und ergänzt: «Jeder Ort hat eine Geschichte, jeder Ort hat Veränderungen durchgemacht und dementsprechend sollten sich auch alle Gedanken darüber machen.» Für sie sei es wichtig, zu wissen, was einen selbst und auch die Vorfahren geprägt habe.

In diesem Bereich kennt sich die gebürtige Schwyzerin, die heute in Meggen wohnt, bestens aus. So zählt sie einige historische Filme, die den Bogen zur Gegenwart spannen, in ihrer Filmografie. Gut vier Jahre beschäftig sich Claudia Steiner nun mit dem Dokfilm über das Ägerital. «Mittlerweilen ist es wirklich ein Herzensprojekt», sagt sie. Sie habe eine enge Verbindung mit den Protagonisten aber auch mit dem Ort aufgebaut. Und sie mache sich keinen Druck mehr, wann genau der Film fertig sein müsse. Eine Richtungsangabe gibt es aber schon: Ziel ist es, dass er im September 2022 gezeigt werden kann. In den vergangenen vier Jahren gab es einige Hürden zu bewältigen. So konnten die Dreharbeiten etwa nach einer coronabedingten Zwangspause erst vor kurzem wieder aufgenommen werden.

Seit dem Projektstart hat sich einiges geändert

Zudem war die Ausgangslage am Anfang eine andere: In Unterägeri war der Bau eines Kinderhotels geplant. Damit wäre die alte Tradition wieder aufgegriffen worden und es war der eigentliche Ausgangspunkt für den Film. Doch es kam anders. Anstelle des Kinderhotels entstehen nun Alterswohnungen. Auf die Geschichte des Films habe das keinen Einfluss, so Steiner: «Die Gegenwart war von Anfang an präsenter als die Vergangenheit.»

Alles andere als einfach gestaltet sich auch die Finanzierung des Projekts. Dafür, wie für die Regie, Buch und Schnitt ist Claudia Steiner verantwortlich. Sie arbeitet zusammen mit einem kleinen technischen Team. Finanziell unterstützt wird sie von der öffentlichen Hand im Tal und Stiftungen. Und mit einer Crowdfunding-Kampagne kamen rund 39000 Franken von privaten Kulturunterstützern zusammen – was mehr als einem Viertel des Gesamtbudgets entspricht. Für die Schlussfinanzierung fehlen noch rund 30000 Franken.

Natürlich freue sie sich darauf, dereinst das Produkt in den Händen zu halten. Doch eigentlich sei die Entstehung wichtiger. Dazu gehören die Begegnungen während der Produktion, aber auch der Austausch nach einer Vorstellung. Claudia Steiner sagt dazu: «Mit der Thematik stosse ich auf offene Ohren. Das Interesse an der Vergangenheit und der Auseinandersetzung mit der Gegenwart ist gross. Für diesen Austausch lebe ich.» (Carmen Rogenmoser)

Hinweis
Weitere Informationen zu Claudia Steiner und ihren Filmprojekten finden Sie online unter: www.docfilm.ch.