«Ein Ort mit ungemeinem Charme»

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Seit drei Monaten leitet Susann Wintsch die Zuger Gewürzmühle. Das Potenzial des Kulturhauses sei gross.

  • Susann Wintsch hat viel vor mit der Gewürzmühle.Bild: Matthias Jurt (Zug, 4. 6. 2025 )
    Susann Wintsch hat viel vor mit der Gewürzmühle.Bild: Matthias Jurt (Zug, 4. 6. 2025 )

Zug – Da, wo einst Gewürze gestampft, gemahlen, verarbeitet und gelagert worden sind, herrschte seit einem Vierteljahrhundert Kreativität. Das Kulturhaus Gewürzmühle an der Lorze gehört der Stadt Zug und ist seit 2000 fixer Bestandteil der Zuger Kunstszene und bietet Raum für deren Schaffen in seiner gesamten Bandbreite.

Bis Ende 2024 bestand ein Mietvertrag zwischen der Stadt Zug und der Kulturraumgenossenschaft. Letztere wiederum vermietete die Räume an drei Vereine. Diese komplexen Strukturen waren aus Sicht der Eigentümerin allmählich zu wenig effektiv geworden und das mögliche Potenzial nicht ausgeschöpft. Deshalb ist mit Auslaufen des Mietverhältnisses im vergangenen Dezember ein neuer Trägerverein mit fünf ehrenamtlichen Mitgliedern gegründet worden mit dem Auftrag, die Nutzung des Areals zu professionalisieren und den Betrieb strukturell zu stärken.

Geschäftsleiterin mit Erfahrung

Auch für die bisherige, nun pensionierte Geschäftsleiterin Jeannette Weiss-Schweizer ist per Mitte März mit Susann Wintsch eine Nachfolge gefunden worden. Die Zürcherin hat auf selbstständiger Basis viele Jahre lang hauptsächlich Ausstellungen kuratiert und für namhafte Museen und Kulturinstitutionen gearbeitet. Sie ist überzeugt, diesen Erfahrungsschatz nun gewinnbringend in der Gewürzmühle einsetzen zu können.

Für Susann Wintsch kam die Ausschreibung für diese 80-Prozent-Stelle wie gerufen: «Wir leben in einer Zeit der Polarisierung, in der Gemeinschaften immer mehr auseinanderfallen, viele lieber ihren eigenen Weg gehen, anstatt gemeinsam an etwas zu arbeiten», sagt die 58-Jährige. «Diesem Separationstrend wollen wir mit Vielfalt, Inklusion und einem Gefühl des Zusammenhaltes begegnen. Für all das steht die Gewürzmühle. Sie bietet das ideale Setting, Kulturschaffende und Publikum an einem niederschwellig zugänglichen Ort zu vereinen.» Räumlich hat es bereits dahin gehende Veränderungen gegeben: Im Parterre des Haupthauses wurde ein Bistro in Zusammenarbeit mit der Buvette Quai Pasa eingerichtet mit Fokus auf biologisch und lokal hergestellten Produkten, regelmässigem Betrieb, sonntäglichem Brunch und Platz für die Konzertreihen «Musig im Bistro» und «Niente Jazz».

Der angrenzende Raum zur Lorze hin, wo einst Gewürzsäcke gelagert worden sind und bis jüngst eines der Ateliers eingemietet war, wird künftig vielseitig bespielt – sei es für Ausstellungen, Gesprächsreihen, Lesungen und für experimentelle, genreüberschreitende Formate. «Und der Duft der Gewürze ist immer noch da», stellt Susann Wintsch fest und spricht die Parallelen der Sinnlichkeit der einstigen Produkte zur Sinnlichkeit der Kunst an, die am selben Ort Einzug gehalten hat.

«Die Gewürzmühle ist wie geschaffen für Nischenkultur und somit der ideale Treffpunkt für Künstlerinnen und Künstler aller Sparten», fährt Wintsch fort. Und damit das Geschehen im Haus an der Lorze lebendig und abwechslungsreich bleibt, sind die einzelnen Ateliers neu nicht mehr unbefristet, sondern über einen begrenzten Zeitraum mietbar.

«Ich bin angekommen»

Für die in der Stadt Zürich wohnhafte Wintsch ist der Kulturplatz Zug neues Gebiet. «Ich beobachte das hiesige Geschehen genau und will es besser kennen lernen», sagt sie. Sie ist aber bereits nach den ersten drei Monaten ihres Wirkens überzeugt: «Hier in Zug ist in Sachen Kultur sehr vieles möglich.» Und erst recht in der Gewürzmühle, ein Ort «mit ungemeinem Charme. Es ist ein sehr zugängliches Haus für Menschen aller Couleur, hier weht Geschichte durch die Räume, der direkte Zugang zur Natur trägt zum Reiz des Ortes bei, allein das Areal selbst strahlt die Niederschwelligkeit aus, welcher sich der Betrieb hier verpflichtet.» Ihre Aufgabe in Zug sei für sie wie das sprichwörtliche Ankommen, sagt Susann Wintsch, die sich schon lange gewünscht hat, ein etwas experimentelleres, «wilderes» Umfeld zu betreuen, wo Kunst nicht nur zum Anschauen, sondern zum Erleben, Anfassen, Partizipieren gedacht ist. «Diesen Aspekt habe ich als selbstständige Kuratorin immer ein wenig vermisst», sagt sie.

Sie hat ein übergeordnetes Ziel für das Haus an der Lorze: «Wir wollen hier erschwinglichen Raum zur Verfügung stellen für Kunst- und Kulturschaffende, die Neues ausprobieren. Die Gewürzmühle soll damit als lebendiger, offener Kulturraum weiter gestärkt werden.» Innovative Ansätze erproben, neue Formate und Kooperationen erarbeiten gehörten weiter zur Vision. Im Laufe der Zeit werde sich zeigen, was möglich ist.

Eine gute Ausgangslage

Inspiration hat Susann Wintsch bereits geschöpft durch den Umbau des angrenzenden Schulhauses Letzi, im Zuge dessen die Schulkinder Aktivitäten punktuell in die Aktionshalle der Gewürzmühle ausgelagert haben. «Ich kann mir beispielsweise generationenübergreifende Theaterprojekte mit Zuger Schulklassen vorstellen», lautet eine von Wintschs Ideen, mit denen sie das Kulturhaus mit Leben füllen will.

Kurzum: Die Kulturfrau sieht für die Gewürzmühle grosse Chancen, vor allem mit der neuen Führungsstruktur mit einem einzigen Trägerverein. «Die ersten drei Monate waren für mich zwar entsprechend intensiv und anspruchsvoll», sagt sie, da alles innert kurzer Frist habe in Betrieb genommen werden müssen. «Doch meine Vorgängerin hat hier mit grossem Engagement viel Aufbauarbeit geleistet, das Haus geprägt und somit eine hervorragende Ausgangslage geschaffen. Ich freue mich jetzt sehr auf das, was alles noch kommt.»

Hinweis

Tag der offenen Tür am Samstag, 6. September, ab 14 Uhr.


(Text: Andreas Faessler)