Ein sicherer Ort für Getreide

Dies & Das

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In Hünenberg See steht einer der wenigen noch existierenden ursprünglichen Speicher im Kanton Zug.

  • Dieser schmucke Speicher stammt aus dem 18. Jahrhundert. (Bild Stefan Kaiser)
    Dieser schmucke Speicher stammt aus dem 18. Jahrhundert. (Bild Stefan Kaiser)

Hünenberg – Nahrungsmittel für den Grundbedarf im grossen Stil zu horten, ist in der heutigen Konsumgesellschaft kaum mehr gang und gäbe. Alles ist zu jeder Zeit verfügbar, ein Durchschnittshaushalt bewirtschaftet maximal eine Vorratskammer mit dem Nötigsten. Aber auch dies kaum aus einer Notwendigkeit heraus, sondern eher als Beitrag zum Wohnkomfort. Früher war das freilich anders, da wurden die Lebensmittel in eigens zu diesem Zwecke erbauten Schuppen gelagert. Die sogenannten Speicher als Bestandteil eines Hofes sind seit dem Mittelalter überliefert. Sie dienten der sicheren Unterbringung von Getreide, Käse, Fleisch, Mehl, Salz, haltbar gemachtem Obst und Ähnlichem. Auch Utensilien des Alltags wie Kleidung, Textilien oder diverse für die Hofarbeit benötigte Geräte wurden hier aufbewahrt, separiert von den Nahrungsmitteln. Falls genug Platz vorhanden war, beherbergte ein Speicher zuweilen auch eine kleine Werkstatt.

Viele Speicher wurden im 19. Jahrhundert abgerissen

Im Verlauf des 19. Jahrhunderts und vor allem im Zuge der Industrialisierung und der damit einhergehenden allgemeinen Verbesserung der Infrastruktur (Verkehrswege, Gütertransport und so weiter) verloren die Speicher an Bedeutung. Man fand zudem Möglichkeiten, die Bauernhäuser mit geschickt konzipierten Vorratsräumen auszustatten – sei es im Dachstock oder im Keller. Sie übernahmen die Funktion der Speicher. Auch im Kanton Zug war diese Entwicklung ausgeprägt: Zahlreiche Speichergebäude wurden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts abgebrochen oder für andere Nutzungszwecke adaptiert. Der Mammutteil der in historischen Gebäudeinventaren verzeichneten Speicher stand im Ennetsee. Allein in der Gemeinde Cham existierten um 1800 herum deren über 60 Stück. Was im Kanton Zug an historischen Speicherbauten übrig geblieben ist, beschränkt sich heute fast ausschliesslich auf die Gemeinden Risch, Cham und Hünenberg. Hier in dieser von Ackerbau geprägten Region war der Typus des mehrgeschossigen Speichers üblich. Charakteristisch für ihn war ein gemauertes Sockelgeschoss, darüber zwei oder gelegentlich drei aus Holz konstruierte, schlanke Stockwerke mit jeweils einem Raum. Aus Platzgründen war die erschliessende Treppe aussen angebracht. War der Hofherr wohlhabend, so legte er oft auch ein Augenmerk auf die Gestaltung des Speichers, versah ihn mit Zierelementen und/oder glich ihn äusserlich dem Wohnhaus an, um die Hofgruppe als optisch einheitliches Ensemble zu halten. Ein repräsentatives Beispiel eines solchen wohlgestalteten Speichers finden wir beim Hof Chämleten in Hünenberg See am Ende der Langholzstrasse. Im sanft ansteigenden Gelände steht das historische Gebäude allein als Teil der Hofgruppe schräg unterhalb des prächtigen Bauernhauses am östlichen Rande des Grundstückes. Der hübsche Holzständerbau mit geknicktem Stutzwalmdach, Klebdächern und seitigen Lauben trägt über dem Portal eine schwer leserliche Jahreszahl. Sie ist wohl als 1746 zu identifizieren.

Der gemauerte Sockel mit quadratischem Grundriss ist in die Böschung hinein gebaut. Eine dreistufige Steintreppe an der Nordseite führt zur Tür des ersten Holzgeschosses. An der westlichen Seite führt ebensolches zur Aussentreppe. Die Fenster des Obergeschosses sind mit sechseckigen, wabenförmigen Butzenscheiben verglast. Alle Stockwerke bestehen aus je einem einzigen Raum, so wie weiter oben beschrieben. Der Mitte der 1990er-Jahre restaurierte historische Speicher auf dem Hünenberger Hof Chämleten ist ein elegantes Baujuwel besonderer Güte und gemeinsam mit dem Bauernhaus und den weiteren Ökonomiebauten ein Paradebeispiel für die historische Form der Hof-Wirtschaft im Ennetsee. (Andreas Faessler)

Hinweis
Mit «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.