Einmalige Bläserbesetzung

Musik

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Die Kammer Solisten interpretierten neben seltenen Musikperlen auch Strawinskys Bläser-Oktett – dies in einer einzigartigen Fassung. Die Musiker meisterten das Programm souverän.

Zug – Im kommenden Jahr feiern die Zuger Kammersolisten bereits ihr dreissigjähriges Jubiläum. Kaum zwei Konzerte in diesen vielen Jahren wiesen die gleiche Besetzung auf. Dies liegt vor allem daran, dass – im Gegensatz zu den Streichern – die Besetzung für Bläser-Kammermusik selbst beim gleichen Komponisten fast von Werk zu Werk variiert. Die sehr eigenwillige Besetzung des Oktetts von Igor Strawinsky (Flöte, Klarinette, 2 Fagotte, 2 Trompeten, 2 Posaunen) wurde daher durch Bearbeitungen des nimmermüden Gründungsinitianten Stefan Buri ergänzt.

Relativ kurzfristig entschied man sich für die Schlechtwettervariante: Während die Aufführung im Klostergarten Maria Opferung jeweils kräftige Einsätze verlangte, um dem Publikum ein vollständiges Hörerlebnis zu vermitteln, bestand nun in der Institutskapelle das gegenteilige Problem: Von den überwiegend tiefen Instrumenten war nun möglichst diskreter Einsatz verlangt, um die feinen Einzelheiten nicht in Tonballungen verschwinden zu lassen. Die acht Mitwirkenden – Marina Wiedmer (Flöte), Etele Dosa (Klarinette), Stefan Buri und Zoë Matthews (Fagott), Immanuel Richter und Morgane Grandjean (Trompeten) sowie die Posaunisten Lucas Tiefenthaler und Domenico Catalano – leisteten diese kurzfristigen Umstellungen souverän.

Zum 20-Jahr-Jubiläum hatte man die «Auftakt»-Präsentationen eine Stunde vor Konzertbeginn eingeführt. Diese haben sich seither bewährt, und sie werden immer von einem grösseren Teil des Publikums besucht. Für das Dreissigste hat man sich offensichtlich vorgenommen, Programm und Aufführungsort wesentlich freier zu gestalten. Von draussen als Trompetenduo und auf der Bühne als Klarinettensolo erklangen zwei zusätzliche, nicht erwähnte Eingangsstücke, und auch noch das erste Werk des gedruckten Programms wurde hinter dem Publikum gespielt.

Volle Konzentration

Im Zentrum des Interesses stand auch nach der Einführung, ergänzt durch kunsthistorische Informationen von Lukas Näf, das Oktett 1923 (rev. 1952) von Igor Strawinsky. Das stets hohe technische und musikalische Können aller Mitwirkenden erlaubte volle Konzentration auf die nicht immer leicht nachvollziehbare Struktur. Die sonst nur wenig voneinander abgetrennten Sätze erhielten einen klaren festen Rahmen durch die dreimal wiederkehrende Ostinato-Variation. In gleicher Besetzung erklangen die «Gymnopédies» von Erik Satie (1882–1971), ursprünglich für Klavier, umgeformt zu einem fast orchestral anmutenden Stück für drei Solisten (Flöte, Klarinette, Trompete) und Begleitgruppe. Die drei «Jazz-Standards» verschiedener Komponisten liessen in ruhigem Tempo zahlreiche Harmonien des Jazz-Stils in der Nähe von Dixieland und Blues erkennen. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen war aber kaum Improvisation möglich.

Als einziges Originalwerk neben Strawinsky stand das Trio in F-Dur Op. 9 Nr. 1 des heute weitgehend vergessenen André-Frédéric Eler (1764–1821) auf dem Programm. In der gebotenen Wiedergabe erklang eine gefällige und leicht strukturierte Musik im Biedermeier-Stil, die vom technischen Schwierigkeitsgrad her wohl auch geübten Laien zugänglich wäre. Ein Sonderfall schliesslich die beiden zu Beginn gespielten «Sacrae cantiones»: Vom ursprünglichen Komponisten Carlo Gesualdo di Venosa (1560–1613) sind nur vier der offenbar sechs Singstimmen vorhanden. Igor Strawinsky hat das Werk für Bläser umgesetzt und das Fehlende aus seiner Sicht ergänzt. Bei einmaligem Anhören war nicht auszumachen, ob verschiedene harmonische Reibungen schon dem Original entsprachen, oder ob sie erst von Strawinsky eingefügt worden sind. (Jürg Röthlisberger)