Poetischer Abgesang auf verblichene Pracht

Film & Multimedia

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Der Fliz Filmclub Zug präsentiert die restaurierte Version von Isa Hesse-Rabinovitchs Film «Geister & Gäste», eine wehmütige Reminiszenz an das einstige Grand Hotel Brissago.

  • In den Ruinen des ehemaligen Grandhotels Brissago erinnert sich die Filmemacherin im Sessel sitzend an goldene Zeiten. (Bild Filmstill)
    In den Ruinen des ehemaligen Grandhotels Brissago erinnert sich die Filmemacherin im Sessel sitzend an goldene Zeiten. (Bild Filmstill)

Zug – Das ehrwürdige Grandhotel im malerischen Tessiner Ort am Lago Maggiore gehörte zu den prächtigen Schweizer Hotelbauten der Belle Epoque. Alles mit Rang und Namen aus Politik, Wirtschaft, Kunst und Kultur gab sich hier über die Jahre hinweg die Klinke in die Hand.

Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges begann der Niedergang des Prunkbaus. Er wurde 1944 zum Flüchtlingsheim für Frauen umfunktioniert und konnte nach Kriegsende seinen alten Glanz nicht mehr zurückgewinnen. Die wirtschaftliche Abwärtsspirale des Hauses mündete 1971 in dessen Schliessung. Vandalismus und Nachtbubenstreiche beschleunigten die Verelendung des leerstehenden Baus. Ein Dachstockbrand 1983 liess ihn schliesslich als trister Torso zurück. 1993 verschwand die Hotelruine endgültig aus dem Ortsbild des Grenzdorfes.

Ein letztes Mal zum Leben erweckt

Vier Jahre zuvor drehte Isa Hesse-Rabinovitch (1917–2003), Filmemacherin und Ex-Frau von Hermann Hesses Sohn Heiner, einen Dokumentarfilm über den einstigen Palast. In «Geister und Gäste – In memoriam Grand Hotel Brissago» spürt sie der Vergangenheit des Hauses nach, an das sie selbst lebendige Erinnerungen hegte. Auch ihr berühmter Schwiegervater hatte das Grandhotel als inspirierendes Refugium geschätzt.

Hesse-Rabinovitch lässt ein letztes Mal Leben in die heruntergekommenen Räume und Säle einziehen, in denen nur noch Fragmente vom einstigen Prunk erzählen, wo schon längst das letzte Echo von Leoncavallos Arien sowie der rauschenden Bälle und Feste verklungen ist. Wie Geister finden die Gäste von einst hierhin zurück und erzählen von Ausgelassenheit und praktizierter Muse, von wegweisenden Begegnungen und politischen Entscheiden sowie allerlei historischen Zusammenkünften.

Einheimische und diverse weitere Zeitzeugen erinnern sich im Film an die goldene Zeit des Hotels und dessen Niedergang. Isa Hesse-Rabinovitch persönlich tritt dabei wiederholt als Erzählerin in Erscheinung. Mit viel Musik, Poesie und Wehmut wird der Film zu einem stimmigen Nekrolog auf das einst strahlende Aushängeschild der Brissagheser Hotellerie und ist zugleich eine letzte Ehrerbietung diesem gegenüber.

Das Schicksal des Hauses am Lago Maggiore steht exemplarisch für andere Schweizer Belle-Epoque-Hotels. In der Zentralschweiz sind das Palace Hotel Axenfels in Morschach oder das Grand Hotel und Kurhaus Sonnenberg in Seelisberg traurige Beispiele. Die Touristenregion Rigi ist gleich vier historischer Hotelbetriebe aus derselben Zeit verlustig geworden, und das altehrwürdige Grand Hotel Brunnen ist nur um ein Haar dem Abbruch entgangen.

Premiere des restaurierten Filmes in Zug mit Gästen

Der Fliz Filmclub Zug präsentiert die Premiere des digital aufgearbeiteten Filmes «Geister & Gäste – In memoriam Grand Hotel Brissago» von 1989 im Kino Gotthard am Montag, 12. Dezember, um 20 Uhr. Saalgäste für das anschliessende Q&A sind Silver Hesse, Sohn der Filmemacherin und Enkel des Schriftstellers Hermann Hesse, Annelies Ursin, Freundin und Biografin von Isa Hesse-Rabinovitch, und Erich Langjahr, Zuger Dokumentarfilmer und Verleiher der Hesse-Rabinovitch-Filme. (Text von Andreas Faessler)