Der Themenweg wirkt nach
Dies & Das
Ein Überraschungsgast sorgt an der 600-Jahr-Feier für Begeisterung. Zum Abschluss lassen die Organisatoren die Hüllen fallen.
Hünenberg – Es war einmal ein Ritter. Als er nach langem Suchen diesen wunderbaren Flecken Erde entdeckte, entschied er sich zu bleiben. Nun ist es 600 Jahre her, dass Ritter Junker Hartmann von Hünenberg 1414 einen grossen Teil seines Besitzes mit allen Rechten und Gütern den Gebrüdern Jenni, Ueli und Heini Bütler und deren Vetter Welti Bütler für 200 Gulden verkaufte. Durch diesen Loskauf konnte genau an diesem Ort, wo sich Ritter Hartmann einst so wohl gefühlt hatte, eine selbstständige mittelalterliche Gemeinde entstehen.
17,2 Kilometer langer Weg
Gestern Nachmittag wurde das 600- jährige Bestehen der Gemeinde Hünenberg nochmals gebührend gefeiert. Um genau 14.14 Uhr begrüsste Gemeindepräsidentin und OK-Mitglied Regula Hürlimann die Hünenberger auf dem Dorfplatz. «Ich freue mich, dass Sie alle gekommen sind, um unser nachhaltiges Jubiläumsprojekt einzuweihen.»
Nachhaltig ist das Projekt tatsächlich und wird somit weit über die 600-Jahr-Feier hinaus wirken. Auf einem 17,2 Kilometer langen Themenweg durchwandert man nicht nur die schönsten Gegenden von Hünenberg See und Dorf, sondern erfährt auch viel Neues über die Gemeinde. Wer wusste denn schon, dass in Hünenberg mal nach Erdöl gebohrt wurde? Oder dass die Apfelsorte Jonathan zum ersten Mal in Hünenberg wuchs? «An 27 Stationen kann auf informativen Tafeln Interessantes über die Geschichte, das Gewerbe oder das Leben in der Gemeinde nachgelesen werden», so Hürlimann. Die Form einer liegenden Acht soll dazu dienen, die beiden Dorfteile von Hünenberg zu verbinden.
Auch ein neuer Sinnesweg
Neben dem Themenweg wurde auch der Hü-Pfad eröffnet. Ein Sinnesweg, der zum Ziel hat, Alt und Jung das Erlebnis Wald näherzubringen. OK-Mitglied Patricia Diermeier Reichardt erklärte: «Der Pfad soll dazu dienen, die Menschen von Hünenberg einander näherzubringen. Hier kann man sich treffen, grillieren, spielen und den Wald mit allen Sinnen wahrnehmen.»
Vor dem Einhornsaal in Hünenberg versammelten sich immer mehr Interessierte, um den Start des Themenweges nicht zu verpassen. Die Uraufführung des «Blauen Fadens» zum ersten Mal wurden alle vier Strophen gesungen – sorgte für Begeisterung. «Heute findet der letzte und vierte Anlass dieses Jubiläumsjahres statt, für jede Attraktion gab es eine Strophe», so Regula Hürlimann. Als sie und Hans Gysin, Vorsitzender des Vereins Hü+, das blaue Band durchschnitten hatten, machten sich die Anwesenden auf den Weg, um den Themenweg sowie den Hü-Pfad mit den eigenen Sinnen wahrzunehmen. Der Verein Hü+ wurde als Trägerschaft für den Themenweg gegründet und soll für den Betrieb und Unterhalt besorgt sein. Hans Gysin: «Nach anfänglichen Schwierigkeiten haben wir für unser nachhaltiges Projekt für die nächsten zehn Jahre die Bewilligung erhalten. Wir rufen die Bevölkerung auf, dem Wald gebührend Respekt entgegenzubringen.»
Weil bei der Planung des Pfades Rehe aufgeschreckt wurden, verläuft der Weg heute nicht durch das Dickicht, sondern dem Waldrand entlang. «Nun sind wir auf dem höchsten Punkt von Hünenberg, dem Chnoden. Vorher haben wir unten im Dorf den Themenweg eröffnet, nun sind wir quasi auf dem Höhepunkt des Jubiläums angelangt, eben beim Hü-Pfad», erklärte Patricia Diermeier nach einem kurzen Marsch. Und nach einem Apéro mitten im Wald konnten sich die Leute auf einem Waldsofa erholen, im Spinnennetz ihre Geschicklichkeit testen oder die Aussicht geniessen. «Dieses Projekt ist toll, vor allem auch für Leute, die neu ins Dorf kommen», so Besucher Beni Träsch. Und Kurt Diermeier betonte: «Die Idee ist grossartig, es ist für viel Abwechslung gesorgt, und die Pfade wurden gut der Umgebung angepasst. Hoffentlich findet der Weg noch viele Entdecker.»
Zum Schluss ein «Strip»
Im Anschluss an die Eröffnung der beiden Pfade wurde am letzten Tag des Jubiläumsjahres nochmals ein äusserst abwechslungsreiches Programm geboten. Um 19.14 Uhr fuhr Junker Hartmann höchstpersönlich mit Ross und Wagen vor und überraschte damit die Hünenberger. Rund 200 Personen begleiteten den festlichen Einzug. Im Anschluss regnete es 200 goldige Schokoladentaler auf die Bevölkerung. Um 20.14 Uhr traten das Organisationskomitee und die vielen ehrenamtlichen Helfer in ihren mittelalterlichen Kleidern zum letzten Mal auf die Bühne. Nach der Schlussrede von Regula Hürlimann zogen sie diese Kleider aus um so wieder in die Gegenwart zurückzukehren.
Und wäre Ritter Junker Hartmann noch am Leben, wäre er sicher stolz auf Hünenberg. «Jetzt, wo mer zält 600 Jahr meh, stand ich, Hartmann VIII. ehrvoll vor de Volk vo Hüneberg. Ich bin erstunet, was de frye Lüt händ gschaffe: blüende Akerbletz, grüni Walde, saftige Weinrebe, wo gebet en feine Tropfe», hätte er zweifellos gesagt. An seiner Stelle tat es sein Stellvertreter, Lehrer Gody Bucher. (Carina Blaser)