Zuger Goldschmiedehaus erstrahlt in ganz neuem Glanz

Dies & Das

,

Geschichtsträchtigen Häusern droht in Zug oft der Abriss. Die Renovation des Gebäudes in der Neugasse 27 zeigt, wie einer kostbaren Immobilie neues Leben eingehaucht werden kann.

Zug – Die Fassade ist kaum wiederzuerkennen. Majestätisch und repräsentativ aufgehübscht ziehen die teils vergoldeten Ornamente der Empirefront den Betrachter in ihren Bann. Blickte einen das historische Gebäude in der Neugasse 27 in der Stadt Zug jahrelang mit einem verwaschenen, vom Zahn der Zeit in Mitleidenschaft gezogenen Grünton wie vergrämt an, erstrahlt die neue Fassade des 1805/06 erbauten Hauses nach Umbau und Restauration nun in neuem Glanz. Die Kooperation zwischen kantonaler Denkmalpflege und der Goldschmiedefirma Lohri machte es möglich, dass dieses geschichtsträchtige Gebäude, in dessen Parterre bereits 1620 der erste Zuger Goldschmied arbeitete, sich in ein neues Bijou verwandelt hat.

Renovation dauerte zwei Jahre

Seit Ende Februar ist die Restauration des wohl ältesten Goldschmiedehauses in Europa abgeschlossen. Die Firma Lohri, die den Empirebau vor rund zehn Jahren kaufte und diesen innerhalb von zwei Jahren umfassend umbauen und rekonstruieren liess, betreibt in dem Gebäude ihr Uhren- und Juweliergeschäft mit neuen Verkaufs- und Ausstellungsräumlichkeiten. Wobei das Parterre wohl aus der Zeit der Erbauung der Neugasse von 1500 bis 1550 stammt.

«Erstes bis viertes Obergeschoss wurden 1806 zur Zeit von Napoleon Bonaparte im Empirestil von Goldschmied und Bauherrn Karl Amade Spillmann mit dem Architekten Melchior Schellhammer neu gebaut», sagt Franz Lohri. In dieser Zeit gehörte das Haus gemäss Katasterauszug zu den teuersten weltlichen Bauten in der Stadt Zug. Das Ladengeschoss ist der älteste Teil des Hauses und wurde als Goldschmiedewerkstatt und Verkaufsgeschäft genutzt. «Meine Frau Eva und ich haben mit der durchgeführten Renovation das Empirehaus in die Zeit von 1800 zurückgeführt», so Lohri. Davon zeugen die Raumeinteilung, das Treppenhaus, die Türen und die mehrheitlich ursprünglichen Böden. Die Stuckatur wurde zum Teil auch renoviert. «Wir haben versucht, so viel wie möglich original zu erhalten», ist Lohri stolz.

Zug – «das kleine Augsburg»

In Zug weist die Goldschmiedekunst eine lange Tradition auf, und dieses Haus an der Neugasse 27 hat diese einmalige fast 400-jährige Goldschmiedegeschichte stark mitgeprägt. Im Kanton Zug, der früher weitgehend katholisch war, wurden viele Aufträge seitens der Gold- und Silberschmiede von der Kirche angenommen. Die Goldschmiede gingen mehrheitlich nach Augsburg in die Ausbildung, um das qualitativ höchste Niveau des Goldschmiedehandwerks zu erlernen. Augsburg stieg im 17. und im 18. Jahrhundert zusammen mit Nürnberg zum wichtigsten Goldschmiedezentrum Mittel- und Osteuropas auf, und Zug wurde demzufolge auch das «kleine Augsburg» genannt.

Ausgesprochener Kenner

«Bei Franz Lohri war die Begeisterung für das schützenswerte Baudenkmal von Anfang an sehr ausgeprägt vorhanden», lobt Roman Brunner, Bauberater vom Amt für Denkmalpflege und Archäologie, der das Projekt von behördlicher Seite begleitete. Ein derartiges Engagement eines Privaten sei ausserordentlich und für die Denkmalpflege eine «wahre Freude». Brunner: «Er scheute keinen Aufwand, die Meinung vorzüglicher Restauratoren einzuholen und hervorragende Handwerker für die Restaurierung zu engagieren.» Lohri sei ein ausgesprochener Kenner des Empirestils. «Seine Begeisterung für seinen Beruf und für sein Haus ist ansteckend. Ich denke: Bauherr und Denkmalpflege konnten sich bei diesem Projekt gegenseitig befruchten, voneinander lernen, auf Augenhöhe diskutieren und erlebten die Sanierung als durch und durch positiven Prozess.» Probleme habe es keine gegeben, so Brunner. Während des Umbaus seien verschiedene Argumente und Sichtweisen ausgetauscht worden, und man habe sich am Ende auf die beste Umsetzung geeinigt. «Man war sich zum Beispiel sofort einig, dass in den Obergeschossen die Raumschichten auf der Seite Neugasse erhalten bleiben sollen. Es ist wichtig für das Verständnis des Hauses, dass die originale Struktur erhalten bleibt.»

Grün gefiel nicht mehr

Aber warum eigentlich ist das Gebäude heute nach der Restaurierung nicht mehr grün? «Grundsätzlich geht die Denkmalpflege von der bestehenden Farbe aus oder von der ursprünglichen, wenn sie aufgrund von historischen Quellen oder durch restauratorische Untersuchungen festgestellt werden kann», erläutert Roman Brunner. Im Fall des Hauses Lohri sei es jedoch so gewesen, dass dem Bauherrn die bestehende grüne Farbe gar nicht gefallen habe. «Recherchen zeigten dann, dass für dieses Haus auch Fassadenentwürfe in heller Farbe existiert haben.» (Wolfgang Holz)