Ein lehrreicher Streifzug

Brauchtum & Geschichte

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Fundamentale Kenntnisse und Erkenntnisse zum Stadthaus der Kapitale vermittelte Vroni Straub in deren charakteristisch-erbaulichen Manier!

Zug – Die Stadträtin liess es sich nicht nehmen, eine «Abendschicht» einzulegen, um den letzten öffentlichen thematischen Rundgang des Vereins Zuger Stadtführungen mit «Einfädler» Ulrich Fritsche zu einem durchschlagenden Erfolg gedeihen zu lassen.

Die Bildungsvorsteherin breitete zunächst als Grundlage die Historie der Landis&Gyr (L&G) aus, ins Leben gerufen 1896 unter dem Namen Elektrotechnisches Institut Theiler & Co. seitens des Konstrukteurs Richard Theiler und des Unternehmers Adelrich Gyr an der Hofstrasse. Nach 1904 und der Übernahme durch Elektroingenieur Heinrich Landis und Chemiker Karl Heinrich Gyr gelang der Firma L&G der Durchbruch mit der hiesigen Massenproduktion von Stromzählern. Bereits ab 1906 sah sich das Unternehmen mit Landkäufen und Gebäudeneuerrichtungen zu einer Expansion veranlasst, wofür es weitsichtig 10 ha Boden beim Bahnhof von der Korporation erwarb – allerdings mit einem Bauverbot belegt!

1927 unterbreitete Gyr den Behörden, der WWZ, der ESZ und Wirtschaftsverbänden einen umfangreichen Forderungskatalog, dank dessen breiter Akzeptanz L&G überhaupt hierorts verblieb. Insbesondere liess die Korporation das Bauverbot fallen und schloss die Stadtgemeinde an einer von 1200 Herren besuchten Versammlung einen Vertrag mit Bebauungsplan ab.

Ein modernes, menschengerechtes Gemeinwesen

Laut Vroni Straub entstand mithin ab 1928 eine neue Fabrikanlage an der Gubelstrasse sowie in der Herti-Allmend auf 150 000 m2 Bauten für Produktion und Lagerung. Aber auch die Administration erheischte Räumlichkeiten, sodass die Firma 1943 ihr Verwaltungszentrum einweihen konnte, ein laut «Bautenführer» «unprätentiös modernes und einprägsames Gebäude», 2012 unter Denkmalschutz gestellt. Die Referentin beleuchtete sodann die zahlreichen Handwechsel der L&G sowie das aus heiterem Himmel hereingeflatterte Verkaufsangebot der Siemens an die Stadt, welches die Stadt 2016 nach einer durch eine Initiative herbeigeführten zweiten Volksabstimmung mit 52 Prozent Zuspruch sanktionierte.

Straub beschrieb alsdenn die jahrelangen, sorgfältigen Umbauarbeiten zum Herz der zentralisierten Stadtverwaltung, angestrebt nicht als Selbstzweck, sondern aufgrund der Bedeutung für ein modernes, menschengerechtes Gemeinwesen! Sie strich in Sonderheit das Fehlen befürchteter Altlasten, die Erwärmung mit Seewasser, die Berücksichtigung der Personensicherheitsvorkehrungen, der Hindernisfreiheit, der Erdbebensicherheit, der Energetik, des Datenschutzes heraus und bilanzierte das Zurückweichen der Skepsis, das Zusammenwachsen der 250 Mitarbeitenden aller Abteilungen, Stufen, jedweden Alters, Geschlechts, Herkunft, Denkrichtungen binnen dreier Jahre.

Keine «See-Trauungen»

Schmunzeln erntete sie mit ihrer Feststellung, für Trauungen gebe es ein «nüchternes Zimmer» des Stadthauses, das oberste Geschoss des Park Towers und das Bürgerratszimmer des Rathauses der Bürgergemeinde – nicht jedoch wie gewünscht ein Schiff «auf hoher See», weil sich die Stadt zurückgepfiffen sah durch die offenkundig leicht überforderte Kantonsregierung! Vroni Straubs erfreuliches Fazit: Kurze Wege, spontane Begegnungen, direkte und unkomplizierte Problemlösungen generierten eine deutlich spürbare Effizienzsteigerung und Profilschärfung der Stadtverwaltung, welche allzugleich ihre Bürgernähe und Freundlichkeit merklich auszubauen vermochte, was die Stadträtin zur Aussage bewog, im Stadthaus herrsche gegenwärtig ein lebendiger Betrieb! Und zwar dienen die untersten Geschosse der Verwaltung, im 4. Stockwerk befinden sich Sitzungsräume und das Stadtmodell, und die obersten Etagen belegen eine Anwaltskanzlei und eine Medical-Firma. Die Gäste überzeugten sich gleich selber über die funktional einwandfreie, aber ebenso arbeitsatmosphärisch anregende Infrastruktur des Stadthauses.

Text von Jürg Johner für das Zuger Stadthaus