Das Kochbuch für ein gelungenes Eheleben

Dies & Das, Brauchtum & Geschichte

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Das Kochbuch der Zuger Haushaltungsschule Salesianum genoss jahrzehntelang eine hohe Nachfrage. Es war das Rüstzeug für angehende Hausfrauen, damit Mann und Kinder gut versorgt waren. Es enthält unter anderem einige bemerkenswerte Speisezubereitungen.

  • Das Kochbuch Salesianum Zug (hier eine Ausgabe von 1926) war ein Leitfaden für die Kursteilnehmerinnen. Bild: Mathias Blattmann (Zug, 13. 3. 2024)
    Das Kochbuch Salesianum Zug (hier eine Ausgabe von 1926) war ein Leitfaden für die Kursteilnehmerinnen. Bild: Mathias Blattmann (Zug, 13. 3. 2024)

Zug – «Stell’ dir vor, meine Liebe, ich, die ich am Gymnasium immer voller Abscheu gegen alle Haushaltsarbeiten war, habe eine Haushaltungsschule besucht – und bin jetzt von der Hausfrauentätigkeit ganz begeistert!» Diese Worte schreibt im Februar 1955 eine Hedy aus Zürich ihrer ehemaligen Schulfreundin Marianne anlässlich deren Eintritts in den Ehestand und damit der Zukunft als Hausfrau. Es folgen viele blumige Worte, was Hedy in der Schule alles Wertvolles gelernt hat, und sie schliesst ihr Schreiben mit «Liebe Marianne, kannst du dir eine bessere praktische Ehevorbereitung vorstellen?»

Dieser «Brief an eine Braut» ist in den «Neuen Zürcher Nachrichten» auf der Inserateseite abgedruckt und gibt sich unschwer als Reklame zu erkennen – «PR» würde man dazu heute sagen. Beworben wird darin die Haushaltungsschule im Salesianum am Zugersee. Da nämlich hat Hedy ihre Erleuchtung gehabt und ist zur passionierten Hausfrau «konvertiert». Eine Werbung aus Zeiten, in denen althergebrachte Rollenbilder hochgehalten wurden.

Tatsächlich hatte die Koch- und Haushaltungsschule Salesianum in Zug (siehe Box) ein weitreichendes Renommee, war sie doch lange Zeit eine der wenigen ihrer Art mit dem Zweck, junge Frauen der oberen Mittelschicht auf das Eheleben im Haus vorzubereiten – und ganz besonders am Herd, denn der Ehemann will ja gut versorgt sein und so später auch die Kinder. In der Disziplin des Kochens hat sich das Salesianum zusätzlich hervorgetan durch die Publikation eines Buches mit einer enormen Fülle an Rezepten und Zubereitungsanleitungen aller möglichen – und auch unmöglichen – Speisen.

Bescheid in allen Küchenfragen

Die Vorarbeit dazu hat die Menzinger Schwester Prudentia geleistet. Sie leitete ab Eröffnung der Haushaltsschule im Salesianum die Kurse – insgesamt fünf Jahrzehnte lang. Sie beherrschte die gesamte Klaviatur der Kochkunst und hat über die ersten 14 Jahre hinweg alles, was ihr am Herd an insgesamt 42 Kursen hinreichend gelungen ist, sauber niedergeschrieben.

Um den Schülerinnen wie auch der Kursleiterin das dauernde Notieren zu ersparen, beschloss das Salesianum im Jahre 1913, Schwester Prudentias Rezeptsammlung als Buch herauszugeben – 706 Seiten listeten 2023 Speisen und Gerichte sowie praktische Ratschläge für den Alltag in der Küche, einfach und übersichtlich gestaltet, gedruckt in der Zuger Buchdruckerei von Josef Speck-Brandenberg. Alle Lehrtöchter erhielten nach Abschluss der Schule ein Exemplar ausgehändigt «als willkommenes Angebinde, das reichlichst Bescheid in allen Küchenfragen weiss». Das «Kochbuch Salesianum Zug» war sozusagen das «Tiptopf» von damals.

Die erste Auflage von 1913 fand dankbare Aufnahme in weiten Kreisen und war schnell vergriffen, was 1920 eine zweite, überarbeitete Ausgabe mit 2218 Speisen nach sich zog. Die einleitenden Worte hier: «Eine Unmasse von Literatur erscheint Tag für Tag auf dem Büchermarkt. So manche Hausfrau verliert ihre Zeit mit zweckloser, wenn nicht schädlicher Lektüre. Ein Buch fehlt dafür in manchem Hause, ein gediegenes Kochbuch.»

1926 folgte bereits eine dritte Auflage – mit einer etwas «sachlicheren» Einleitung. Im Kern war die Neuausgabe selben Inhaltes, jedoch mit Anpassungen: Weniger populäre Rezepte und Anwendungen wurden entfernt, bestehende punktuell angepasst und neue hinzugefügt. Spätere Auflagen – 1958 erschien eine sechste – waren noch umfangreicher. Schwester Prudentia legte stets Wert darauf, betont zu haben, dass sämtliche Rezepte in den Kursen praktisch erprobt und perfektioniert worden sind.

Hahnennierchen und Taubenkoteletten

Die Durchsicht des Buches ist spannend, aufschlussreich, zuweilen abenteuerlich, denn unter den Rezepten mit Rezentem und Süssem liest sich manch Exotisches, ja Gewöhnungsbedürftiges: Aal in Reblaub, Froschschenkelpasteten, Hahnenkämme und -nierchen, Hirn in Muscheln, Kalbskopf auf Schildkrötenart, Nierenomelette, gespickte Ochsenzunge, Schweinsfüsse Mailänder Art oder gefüllte Taubenkoteletten, um eine kleine Auswahl anzuführen (siehe auch Kasten am Ende des Textes). Ferner gibt es auch – wohl dem Mutterhaus zu Ehren – lokale Köstlichkeiten wie Menzingerbrötchen, Menzingerleckerli, eine Menzingertorte sowie eine Salesianumtorte oder den Salat St. Karl.

Alles in allem ist das Kochbuch Salesianum Zug von der ersten bis letzten Ausgabe ein aus heutiger Sicht wertvolles Zeugnis gehobener, alltagstauglicher Kochkunst von einst und zeigt auf, dass bereits vor 120 Jahren selbst in ruralen Gefilden der Blick am Herd in andere Länder und Kulturen reichte. So ist es denn auch ein Markenzeichen des Buches, dass sämtliche Speisen und Rezepte neben der deutschen eine französische Bezeichnung tragen. (Text von Andreas Faessler)