Auf in den Kampf – geeint im Gebet
Kunst & Baukultur
Heldenpathos in der Dreifaltigkeitskapelle in Mittenägeri: Hier halten zwei Gemälde den Aufbruch der Zuger Krieger 1531 zum Gubel fest.
Zug – An der Alten Landstrasse in Mittenägeri, kurz vor der Gemeindegrenze zum Nachbarort Oberägeri, stossen wir auf ein kleines, bemerkenswertes Bauensemble: eine barocke Kapelle mit spitzem Dachreiter und einem angefügten Wohnhaus. Es ist – zusammen mit St. Verena und St. Jost – eine der drei Einsiedeleien am Wallfahrtsweg von Zug zu Unserer Lieben Frau im Finstern Walde. Heute jedoch lässt sich hier die einstige Einsamkeit und Abgeschiedenheit kaum mehr erahnen – die Umgebung der Klause ist neuzeitlich dicht überbaut.
Die 1705 entstandene, von Beat Jakob II. Zurlauben (1660–1771) gestiftete und der Dreifaltigkeit geweihte Kapelle steht an einem lokalhistorisch aufgeladenen Ort: Anno 1531 soll hier – bei einem seit Alters her erwähnten Helgenhüsli – ein biografisch nur spärlich erfasster, möglicherweise ab Zittenbuech stammender Ägerer Hauptmann namens Christian Iten insgesamt 632 «redliche Helden» aus dem Zuger Lande gesammelt haben. Mit diesem «Hüffli der gutwilligen Knächten» brach er von Richtung Gubel auf, um die reformierten Truppen anzugreifen, die auf der Anhöhe ihr Lager aufgeschlagen hatten.
Itens Zusammenzug seiner Männer beim kleinen Flurheiligtum an der Alten Landstrasse soll in der Nacht vom 23. auf den 24. Oktober besagten Jahres erfolgt sein. Über ihren Rüstungen und Harnischen sollen die Krieger ihre einfachen Hirtenhemden getragen haben. Nach einem Gebet vor Ort rückten die Soldaten gegen den Berg ob Menzingen vor, wo sie die zahlenmässig überlegenen Protestanten aus einem Überraschungsmoment heraus angriffen und siegreich schlugen. Von Itens Truppe sind laut Überlieferung 87 Soldaten gefallen, davon 8 Ägerer.
Romantisierte Historienbilder
Der denkwürdige Moment, als Hauptmann Iten seine Krieger um sich schart, ist im Inneren der Dreifaltigkeitskapelle auf einem bemerkenswerten Gemälde im Halbrund festgehalten. Es befindet sich an der rechten Seitenwand. In der Mitte der Darstellung steht Hauptmann Christian Iten in Vollmontur mit Hellebarde und Helm, den linken Arm entschlossen auf die Hüfte gestützt. Der einrückende Krieger, mit dem er sich unterhält, wird von Frau und Kindern begleitet und verabschiedet. An den Bildrändern sind Männer zu sehen, die im Begriff sind, sich die Kriegsmontur anzulegen. Hinter Hauptmann Iten steht besagtes Heiligenhäuschen.
Die im Sinne romantisierender Historienbilder des 19. Jahrhunderts stimmig komponierte Szene ist das Werk des Zuger Zeichners und Malers Wilhelm Moos (1807–1847), Sprössling und Schüler seines bekannteren Vaters Kaspar Moos. Das Gemälde ist mit 1845 datiert und mit einem Text versehen, der das Geschehen in Kurzform schildert.
Eine weitere Darstellung mit demselben Thema als Inhalt finden wir an der Decke des Kapellenschiffs. Sie zeigt die nun kriegsbereite Schar von Ägerern, wie sie vor der kleinen Kapelle ihr Gebet zum Himmel senden. Dort erscheint die heilige Dreifaltigkeit, umgeben von den 14 Nothelfern. Das unsignierte Gemälde ist mit grosser Wahrscheinlichkeit ebenfalls Wilhelm Moos zuzuschreiben.
Katholischer Pathos
Dieses besondere Bildprogramm in der kleinen barocken Kapelle in Mittenägeri repräsentiert anschaulich den bis in die Neuzeit gepflegten Pathos der katholischen Innerschweizer, ihren alten Glauben mit all seinen Traditionen siegreich verteidigt zu haben. (Text: Andreas Faessler)