Er beobachtet das Beobachten

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Der Chamer Fotograf Nils Riedweg (44) gewinnt einen Preis bei einem bekannten Wettbewerb – jetzt folgt eine weltweite Ausstellung.

  • Nils Riedweg, hier in seinem Atelier in Rotkreuz, hat das Auge für besondere Motive. (Bild Stefan Kaiser)
    Nils Riedweg, hier in seinem Atelier in Rotkreuz, hat das Auge für besondere Motive. (Bild Stefan Kaiser)

Cham – Über seinen Erfolg freut sich Nils Riedweg riesig. «Bereits ein paarmal habe ich am Wettbewerb für die International Photography Awards (IPA) teilgenommen. Vor zwölf Jahren war ich gut platziert – und jetzt der erste Platz. Den Award durfte ich Ende Oktober in New York abholen», sagt er im Gespräch.

Bei diesem Wettbewerb handelt es sich um einen der grössten der Welt, denn die rund 14 000 Teilnehmenden kommen aus 120 Ländern, ihre Fotos werden in 13 Kategorien bewertet. Der 44-jährige Chamer hat mit seiner dreiteiligen Serie «Dystopia» in der professionellen Kategorie Fine Art gesiegt. Sie handelt von drei Personen, die sich in düsteren Umgebungen aufhalten: Da steht ein Mann vor dem Gefängnis und merkt, dass er von oben durch eine Kamera beobachtet wird. Ein anderer schaut auf einer schemenhaften Baustelle durch ein Fernglas in die Umgebung. Auch die Frau in der Küche blickt mit einem Fernglas nach draussen ins Dunkel.

Überwachung bereitet ihm Sorge

Warum hat sich Nils Riedweg für «Dystopia» entschieden? «Während der Pandemie gab es Hamsterkäufe, und Verschwörungstheorien tauchten auf. Sie trieben einen Keil in die Gesellschaft, alles reagierte argwöhnisch», erklärt der Fotograf. Daraus sei eine Serie entstanden, welche Hamsterkäufer als Filmbösewichte darstellte, mit Arbeitskollegen als Protagonisten. Mit der Serie «Dystopia» geht es Riedweg ums Beobachten und Überwachen: «Sie drückt meine Sorge aus, wie das die Gesellschaft beeinflusst und sie sich ins Negative entwickelt.» Es gehe ihm auch um nicht verarbeitete Zukunftsängste. «Ich habe die Situationen überspitzt dargestellt. Es ist nicht die Realität, sondern Fiktion. Meine Geschichten, die ich mit den Fotos erzähle, müssen nicht unbedingt der Wahrheit entsprechen, aber sie werden von Ereignissen und Situationen beeinflusst.» Wie Riedweg sagt, war der IPA-Geldbetrag eher klein, wichtiger sei das Renommee: «Es geht mir bei den Wettbewerben nicht ums Geld. Die meisten Projekte sind nicht kommerzieller Natur. Sie entspringen meiner tiefen Leidenschaft fürs Storytelling in der Fotografie. Spannend ist, was rundherum geschieht – wie die Kontakte mit Fotografen aus aller Welt. Zudem wird eine weltweite Fotoausstellung organisiert und anschliessend ein Buch veröffentlicht.» Zusätzlich waren alle IPA-Kategoriengewinner an den Lucie Awards, den Oscars der Fotografie, als Fotograf des Jahres nominiert.

Von der Filmwelt zur Fotografie

Dort gewann aber ein anderer. Und bevor Riedweg in die Schweiz zurückflog, hatte er für ein Fotoshooting Howard Shore getroffen, den Filmmusik-Komponisten von «Lord Of The Rings».Schon mit 15 Jahren hat Nils Riedweg die Welt der Kinos und die Liebe zum Film entdeckt. Während seiner Hochbauzeichner-Lehre und der Handelsschule wirkte er in Zuger Kinos im Nebenjob als Platzanweiser und Operateur.

Ab 2002 arbeitete er bei einem Zürcher Filmverleih im Marketing, seit 2017 ist er in Rotkreuz in einer Start-up-Firma als Media-Manager tätig, dort kann er auch seine Fotos verarbeiten. Mit der Fotografie sei es 2006 mit dem Kauf einer Spiegelreflexkamera richtig losgegangen, später kam eine Hasselblad dazu. Riedweg: «Als ich in Zürich arbeitete, hatte ich immer eine Kamera dabei, weil ich in den Strassen oft interessante Szenen entdeckte.» Seine Gedanken dazu notiert er immer. Durch Kurse stiess er auf die Konzeptfotografie, technische Details fand er im Internet. Wichtig seien ihm Bildästhetik und Bildsprache, die er aus der Filmwelt kennt und über die Jahre verbessert.

Ein Faible für das Düstere

Heute erzählt Riedweg mit seinen Bildern gerne Geschichten, mit denen er die Menschen überraschen kann. Düstere Stimmungen oder nächtliche Aufnahmen liegen ihm besonders. Er sagt: «Ich habe viel mit künstlichen Lichtquellen experimentiert. Auch wenn dies mit einem gewissen Aufwand verbunden ist. Der Ort, die Umgebung, die Personen und das Licht müssen geplant werden. Wenn das Ergebnis so herauskommt, wie ich mir das vorgestellt habe, kann ich es kaum erwarten, alles am PC minim zu bearbeiten. Das löst in mir unbeschreibliche Gefühle aus.»

Auch künftig will er an Wettbewerben teilnehmen und an seinem Stil feilen, der vom Konventionellen abweichen soll. «Ich bin ein visueller Mensch und möchte mit meiner Bildsprache ausdrücken, was mich beschäftigt.» Schon früher hat Nils Riedweg für seine Fotos Auszeichnungen erhalten. Jetzt liegt ihm die Anfrage einer Galerie aus Schweden vor: «Sie will mich als Künstler aufnehmen.» (Text von Monika Wegmann)