«Kirche ist viel mehr, als man denkt»
Brauchtum & Geschichte
Die «Lange Nacht der Kirchen» lockt am 23. Mai im ganzen Kanton Zug mit einer Fülle von spirituellen, kulturellen und sinnlichen Erlebnissen. Dies heuer bereits zum dritten Mal.
Zug – «Das Thema der Nacht ist in allen Religionen symbolisch präsent. Sie verbindet, Grenzen lösen sich auf. Es wird sicht- und spürbar, was tagsüber nicht wahrgenommen wird.» Mit diesen Worten fasst der Baarer reformierte Pfarrer Manuel Bieler den Sinn der sogenannten «Langen Nacht der Kirchen» zusammen. Zum dritten Mal macht auch der Kanton Zug an diesem traditionsreichen Veranstaltungsformat mit, welches seit Anfang des 21. Jahrhunderts in mehreren Ländern Tradition geworden ist. Worum geht’s? Katholische und reformierte Kirchen öffnen bis spät in die Nacht ihre Türen und gewähren Einblick in ihre Arbeit – niederschwellig, vielfältig und ganz im Sinne der Ökumene.
Die Ökumene ist wesentlicher Teil des verbindenden Elementes, das OK-Mitglied Bieler erwähnt. Einerseits werden dadurch die Beziehungen zwischen den Landeskirchen gestärkt, andererseits – und das steht unter anderem im Fokus der «Langen Nacht der Kirchen» – die Beziehung zu den Menschen. Die Teilnahme am Anlass ist gewissermassen auch Imagearbeit. Christian Kelter, katholischer Pfarreileiter Hünenberg und ebenfalls zum OK gehörend, bringt es auf den Punkt: «Wir wollen zeigen, dass Kirche viel mehr ist, als man denken mag.» Vielfältig in jeder Hinsicht sei sie, und da, wo sich die Kirchen voneinander unterscheiden, könne eine grosse Bereicherung und Wertschöpfung stattfinden.
OK-Mitglied Christoph Candrian von der Viva-Kirche Zug, die 2023 zum ersten Mal mit von der Partie war und erneut mitmacht, pocht ebenso auf den ökumenischen Gedanken und ist überzeugt: «Es bringt uns alle näher zusammen. Die Niederschwelligkeit und Unverbindlichkeit des ganzen Angebots helfen, allfällige Hemmungen abzubauen.»
Erleben, begegnen, Mensch sein
Im gesamten Kanton Zug wird es am Freitag, 23. Mai, zwischen 17.30 Uhr und Mitternacht nach aktuellem Stand respektable 89 Angebote ganz unterschiedlicher Art geben – für sämtliche Sinne und Generationen. Spiele, Bewegung, Essen und Trinken, Theater, Konzerte, Pantomime, Kirchengebäude erkunden, eine Malwerkstatt, sogar ein Kirchenkrimi – und das ist nur ein Bruchteil aller Veranstaltungen der Kirchen im Kanton Zug an jenem Abend. Die Grenze zwischen Kirche und säkularem Alltag verschwimmt – auch hier wieder die Symbolik der Nacht.
«Natürlich ist auch die Spiritualität ein wichtiger Programmpunkt und soll nicht zu kurz kommen», fügt Christoph Candrian an, betont aber: «Es handelt sich dabei nicht um Missionsarbeit, sondern die spirituell und religiös konnotierten Anlässe sind genauso unverbindlich und niederschwellig wie alle anderen.» Die Gastfreundschaft stehe jederzeit über allem, fügt Christian Kelter an. «Die ‹Lange Nacht der Kirchen› ist eine explizite Einladung an alle Menschen zu erleben, was Kirche ist und was sie macht.» Manuel Bieler dazu: «In einer Zeit der oberflächlichen Rastlosigkeit sorgen wir für Momente des Verweilens bei Kunst und Kultur. Und wir sorgen für ein wirkliches Gefühl der Gemeinschaft angesichts wachsender Vereinsamung in der Gesellschaft.»
Die «Lange Nacht der Kirchen» ist im Kanton Zug bisher gut angekommen, weiss man seitens des OK. «Es ist auch bei uns bereits nach der zweiten Durchführung 2023 zu einer Art Marke geworden», sagt Christian Kelter, und Manuel Bieler knüpft an: «Jetzt müssen wir uns überlegen, was wir damit machen, sprich wie wir diese Marke am besten nutzen können, um uns als diejenige Kirche zu präsentieren, die wir sind und als welche wir wahrgenommen werden möchten.»
Hinweis
Alles zur «Langen Nacht der Kirchen» und zum detaillierten Programm unter www.langenachtderkirchen.ch (Kanton Zug anwählen).
(Text: Andreas Faessler)