Der stumme Mann am Dorfeingang

Dies & Das

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Kultur hat für Unterägeri einen hohen Stellenwert. Laufend bespielt die Gemeinde ihren öffentlichen Raum mit Kunst. Die neuste Errungenschaft steht am Dorfeingang «Spalier» und stammt aus namhafter Hand.

  • Weist den Weg: «Der Zeiger» von Kurt Laurenz Metzler in Unterägeri. (Bild Stefan Kaiser)
    Weist den Weg: «Der Zeiger» von Kurt Laurenz Metzler in Unterägeri. (Bild Stefan Kaiser)

Unterägeri – Er ist zwar nur etwa mannshoch, aber wer von Zug her ins Dorf Unterägeri kommt, kann ihn kaum übersehen: «Der Zeiger» heisst die knallgelbe Figur rechter Hand unmittelbar nach der Bushaltestelle Zimmel, da, wo die Sprungstrasse über die Lorze wegführt. Seit Juni 2021 empfängt die stelzbeinige Skulptur mit einer Zeigebewegung die Ankommenden, als wollte sie sagen: «Grüezi, da geht’s lang.» Für sie ist auf dem vom Kanton zur Verfügung gestellten Grundstück eigens eine gepflegte Rasenparzelle angelegt worden. Wer mit der Schweizer Kunstszene ein wenig vertraut ist und sich im Alltag grundsätzlich mit offenen Augen bewegt, dürfte mit dem Erscheinungsbild des «Zeigers» vertraut sein. Denn erstens ist der Schöpfer der Figur alles andere als ein Unbekannter und zweitens ist es auch nicht dessen erstes Kunstwerk im öffentlichen Raum des Kantons Zug. «Der Zeiger» stammt aus der Hand des St.Galler Bildhauers Kurt Laurenz Metzler (*1941). In der Region prominent vertreten ist Metzler mitten in der Zuger Neustadt an der Kreuzung Baarer-/Gubelstrasse: Vor dem Gewerbehaus Eichstätte steht seit 1995 sein grosser purpurroter «Luftmensch», der sich selbst aus einem hochrechteckigen Block herausgelöst zu haben scheint. Diese zweiteilige Skulptur, von der insbesondere die Männergestalt die typische Handschrift Metzlers trägt, war denn auch eine Art Vorreiter für den etwas kleiner dimensionierten «Zeiger» am Eingang des Ägeritals.

Die Gemeinde Unterägeri räumt der Kultur seit jeher viel Platz ein und bespielt ihre öffentlichen Räume laufend mit Kunstwerken; mittlerweile sind es rund deren 35, welche das Dorf noch attraktiver machen und zur Wohn- und Lebensqualität beitragen sollen. «Der Zeiger» als neuste Errungenschaft ist auf Initiative des Gemeindepräsidenten Josef Ribary angeschafft worden. «Mir haben Laurenz Metzlers Skulpturen schon immer gefallen», sagt er. «Der ‹Luftmensch› in Zug sowie auch weitere seiner Werke – etwa auf der Lenzerheide – haben für mich den Anstoss gegeben, eine Metzler-Skulptur auch in unserer Gemeinde aufzustellen.» Gemeinsam habe der Gemeinderat daraufhin einen geeigneten Platz für den Zeiger gesucht – und welche Farbe er haben soll. So hat man sich auf Gelb geeinigt, ein Ton, der auffällt und für Lebensfreude, Fröhlichkeit und Optimismus steht.

Mehrdeutige Gestik

Kurt Laurenz Metzlers rund um den Erdball anzutreffendes Figurenrepertoire führt Menschen in unterschiedlichen, wiederkehrenden Kontexten auf. Neben dem Luftmensch gibt es da unter anderem den Trinker, den Businessman, den Zeitungsleser, den Kleiderverkäufer, den Stadtneurotiker, den Golfspieler... oder eben den Zeiger mit seiner Gestik. Dessen Botschaft lässt sich in mehrfacher Hinsicht deuten. Josef Ribary: «In erster Linie will der ‹Zeiger› mit seiner Bewegung die Besucher in Unterägeri einfach willkommen heissen.» Im weiteren ­Sinne könne seine Geste auch mit der Frage nach der Zukunft des Dorfes und des ganzen ­Ägeritales ausgelegt werden. «Wohin möchten wir als Gemeinde? Welche Wege wird das Ägerital einschlagen?», führt der Gemeindepräsident Auslegungsmöglichkeiten an. Letztendlich aber kann, darf und soll jeder den Zeiger persönlich und individuell interpretieren.

Charakteristika von Metzlers Figuren sind ihre meist auffällig und eigenwillig dimensionierten Körperproportionen. Zuweilen wirken sie leicht comichaft, ein besonderes Merkmal sind neben langen schlanken Extremitäten die – vor allem bei den jüngeren Werken – übergrossen Schuhe, welche die schlaksigen Menschengestalten fest zu erden scheinen. Trotz ihrer nach aussen vermittelten Leichtigkeit und Feingliedrigkeit sind Metzlers Figuren oft aus gewichtigen Materialien wie Bronze, Eisen, Aluminium, gelegentlich auch Marmor geschaffen. (Andreas Faessler)

Hinweis
In der Serie «Hingeschaut» gehen wir wöchentlich Fundstücken mit kulturellem Hintergrund und Zuger Bezug nach.