Aufräumen mit mittelalterlichen Klischees
Brauchtum & Geschichte
Das Museum Burg Zug eröffnet heute seine neue Ausstellung «hûs, stat, fëld – Mittelalter in der Zentralschweiz».
Zug – Das Museum Burg Zug eröffnet am 12. November seine neue Sonderausstellung zum Thema «hûs, stat, fëld – Mittelalter in der Zentralschweiz». Auf Mittelhochdeutsch geschriebene Begriffe wie jene im Titel ziehen sich durch die Ausstellung, welche bis am 4. Oktober 2026 zu sehen ist.
Die Ausstellung mit über 300 Objekten aus der Zentralschweiz wirft ein Licht auf die mittelalterliche Stube, das städtische Handwerk, die Garten- und Feldarbeit, die Alpwirtschaft, sowie den damaligen Glauben und Aberglauben.
Eine vergleichbare Ausstellung über das Zentralschweizer Mittelalter habe es zuletzt im Jahr 1986 in Luzern und Sempach gegeben, wie Corinna Müller, die Präsidentin der Stiftung Museum in der Burg Zug an der Pressekonferenz am Montag erzählt.
Eine ländliche Zentralschweiz
Der Ausstellungskurator Christoph Tschanz betont, dass die Erarbeitung der Ausstellung Schwierigkeiten verursacht habe. «Die Zentralschweiz im Mittelalter war ländlich. Mit etwa 5’000 Einwohnenden war Luzern das grösste Zentrum.» Zug hätte gerade einmal rund 500 Einwohnende gehabt. Obschon das Mittelalter etwa eintausend Jahre andauerte, seien nicht allzu viele damalige Objekte erhalten. Gerade metallische Gegenstände seien stetig rezykliert worden. Wiederum hätten sich hölzerne oder organische Objekte schnell zersetzt.
Eine weitere Herausforderung hätten die erhaltenen, auszustellenden Objekte selbst dargestellt. Nicht alle historisch wertvollen Funde seien visuell genauso attraktiv, so Anette JeanRichard vom Amt für Denkmalpflege und Archäologie. Tonscherben oder eine Aufzeichnung der Finanzen eines Schuhmachers seien nicht der grösste Blickfang.
JeanRichard hält fest, dass das Mittelalter eine gewisse gesellschaftliche Faszination auslöst. So habe das Mittelalterfest in Zug im Jahr 2024 insgesamt 26’000 Besuchende begrüssen dürfen. Ebendiese Faszination sollen auch die Besuchenden der Sonderausstellung erleben. «Das Mittelalter ist präsent in vielen Filmen und Serien, auch wenn nicht immer so wahrheitsgetreu», meint Anette JeanRichard mit einem Lächeln.
Die drei Sprecherinnen und Sprecher möchten falsche Annahmen über das Mittelalter richtigstellen.
Doch kein so düsteres Zeitalter
Obwohl die Epoche mit dem veralteten Begriff der «dunklen Jahrhunderte» vermarktet wird, sei das nicht die ganze Wahrheit. Christoph Tschanz führt aus: «Das Mittelalter war nicht nur trist und dunkel, sondern auch farbenfroh und lebendig.» Ebenso sei die Hexenverfolgung nicht ein Phänomen des Mittelalters, sondern sei stärker in der Neuzeit, also nach dem Mittelalter, aufgekommen, so Anette JeanRichard. Auch sei der Einfluss der Adelsfamilien wie der Habsburger im Vergleich zum Mittelland oder der Ostschweiz in der Zentralschweiz nicht allzu gross gewesen, ergänzt Christoph Tschanz.
Gezeichnete Personen führen durch Ausstellung
Die neue Sonderausstellung wird von eindrucksvollen Zeichnungen und passender Musik untermalt. Mittelalterliche sowie moderne Persönlichkeiten, welche von der Baarer Illustratorin Brigitt Andermatt gezeichnet wurden, führen durch die Ausstellung. Die Animation übernahm die Museumstechnikerin Sam Heller. An gewissen Stationen geben die animierten Personen in Kurzvideos weitere Informationen. Neben den jeweiligen Ausstellungsobjekten hängt eine Infotafel mit Hintergrundinformationen, welche klären, wie das historische Wissen überhaupt erlangt werden konnte.
Die Ausstellung zeigt auf, wie bahnbrechende Innovationen wie der Kachelofen, das Hufeisen, der Pflug oder die Dreifelderwirtschaft das Leben verändert und verbessert haben. Ein weiterer Höhepunkt ist das interaktive Landschaftsmodell aus der Vogelperspektive, welches den Wandel der Zentralschweiz über die Jahre hinweg animiert aufzeigt. Zudem hat man ein altes Fischerboot, eine über zwei Meter lange Baumrinde, aus dem Bibersee bei Cham geborgen und sorgfältig für die Ausstellung aufbereitet.
Hinweis: Die Vernissage findet am 12. November um 18.45 Uhr im Burgbachsaal statt. Weitere Informationen sind auf burgzug.ch zu finden. (Text: Sandra Büeler)
