Orgelmusik zwischen Nordeuropa und Amerika

Musik

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Das dritte Konzert der diesjährigen Zuger Orgeltage in der reformierten Kirche Zug wurde vom Amerikaner James Hicks gestaltet.

Zug – Der erste halbwegs sommerliche Sonntag im laufenden Jahr, ein Programm mit wenig bekannten Werken, ein eher ungewohnter Zeitpunkt für den Konzertbeginn – eigentlich alles ungünstige Voraussetzungen für den Besuch eines Kirchenkonzerts. Trotzdem konnte der nimmermüde Organisator Olivier Eisenmann der nunmehr 41. internationalen Zuger Orgeltage ein erfreulich zahlreiches Publikum begrüssen.

Der Organist James Hicks lebt in den USA, aber er befasst sich seit langem als Forscher, Auftraggeber und Interpret mit skandinavischer Orgelmusik. Dieser war auch die erste Hälfte des Programms gewidmet. Nach den Lebensdaten der Komponisten stammten fast alle Werke aus dem 20. Jahrhundert; aber viele enthielten durch stilistische Eigenheiten und vor allem durch die Choralmelodien Rückgriffe bis ins 16. Jahrhundert.

Über weite Strecken zeigte der Organist Vorliebe für kräftige Registrierungen. Unterstützt wurde er durch eine technisch ausgezeichnete Orgel mit vielen Spielmöglichkeiten, die er in sehr kurzer Vorbereitungszeit optimal ausgelotet hatte. Er verzichtete auf einen Registriergehilfen, was über die Leistung an der Tastatur hinaus pausenlose Konzentration verlangte, auch bei Registerwechseln und nicht zuletzt beim Umblättern. Den zeitlichen Schwerpunkt bildeten die Sätze des Opus 30 von Hans Friedrich Micheelsen (1902–1973). Dieser war über seine ganze Schaffenszeit mit der evangelischen Kirchenmusik verbunden. Vielen Musikliebhabern ist er vor allem durch seine eingängigen und doch nie banal wirkenden Chorsätze bekannt. Das Holsteinische Orgelbüchlein erinnert nicht nur durch den fast gleich lautenden Namen an Johann Sebastian Bach.

Die Orgel wirkte fast unterfordert

Auch Micheelsen ging es darum, eine Reihe von aufführungspraktischen Sätzen zu schaffen, manchmal opulent vielstimmig, manchmal nur ein- bis zweistimmig. Dabei dachte er wohl weniger an eine durchgehende Aufführung der ganzen Reihe wie in Zug. Für die beiden ersten Sätze wirkte die mit allen Spielhilfen ausgestattete Orgel fast unterfordert. Am Beginn des Programms standen Egil Hovland (1924–2013) und Mons Leidvin Takle (geb. 1942), beide Schüler bei dem in Oslo ansässigen Arild Sandvold (1895–1984). Während die Toccata des ersteren sich am wohl bekannten Choral «Nun danket alle Gott» orientierte, erklangen durch das ganze Werk von Takle Jazz-artige Strukturen. In besonderer Weise verbunden fühlt sich der Organist mit dem Schaffen des 1947 geborenen Kjell Mørk Karlsen; zu dessen 75. Geburtstag schrieb er eine ausführliche Biografie mit Analyse der Orgelwerke.

Aus der Sammlung «Preambula Nova» wählte er fünf der insgesamt 24 kurzen Präludien. Durch die Vertauschung in der Reihenfolge betonte er zusätzlich, dass er die einzelnen Stücke nicht als einen in sich geschlossenen Zyklus verstand. Erst gegen Schluss interpretierte der Organist auch Kompositionen seiner Heimat. «Trumpet Tune» imitierte nach der Form ein barockes Trompetenkonzert – inbegriffen das Pausieren des Solisten im zweiten Satz, um ihm bei realen Verhältnissen eine Erholungspause zu gönnen. Die «Konzert-Variationen über das Sternenbanner» von John Knowles Paine (1839–1906) beschlossen den Auftritt mit einer patriotischen Hymne, geschrieben 1861, also genau zu Beginn des Sezessionskrieges, welcher in den folgenden Jahren den Fortbestand der USA infrage stellte.

Das vierte Konzert der Zuger Orgeltage folgt am 31. Mai mit dem Organisten Christian Stegmann in der Pfarrkirche St. Jakob, Cham. (Text von Jürg Röthlisberger)