Ein Brunnen weckt die Fantasie

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Stand auf dem Baarer Hausberg wirklich einmal eine Burg? Ein verschlossener Schacht öffnet Raum für Spekulationen wie so vieles andere auf der markanten Anhöhe.

  • Laut der Karte von Hans Konrad Gyger stand auf der Baarburg tatsächlich eine Burg. Ist der Sodbrunnen (links) ein Beleg dafür? (Bilder PD/Silvan Meier)
    Laut der Karte von Hans Konrad Gyger stand auf der Baarburg tatsächlich eine Burg. Ist der Sodbrunnen (links) ein Beleg dafür? (Bilder PD/Silvan Meier)

Baar – Historische Karten lassen keine Zweifel offen: Auf der Baarburg muss früher eine Burg gestanden haben. So weist Hans Konrad Gygers Karte aus dem Jahr 1667 auf der Baarburg eine Burg aus. Knapp 200 Jahre später ist auf der Anselmierkarte eine Ruine eingezeichnet. Derselbe Eintrag findet sich 1861 auf der Dufourkarte. Gestützt werden die Kartografen von der Chronik Kaspar Suters, der 1549 gar von einem Schloss auf der Baarburg spricht.

Eine Ruine sucht man auf der Baarburg heute zwar vergeblich, doch im Nordteil des Plateaus versteckt sich ein möglicher Hinweis auf eine mittelalterliche Burg: ein ehemaliger Sodbrunnen. Rund zehn Meter abseits des Wegs findet der ortskundige Wanderer eine Metallplatte, die den tiefen Schacht abdeckt. Ist der Brunnen ein Beleg für eine mittelalterliche Burg?

Keltischer Fürstensitz

Es spricht noch anderes dafür, dass die Baarburg einmal ein mittelalterlicher Adelssitz war. Die Lage und die Topografie würden sich anbieten. Der Baarer Hausberg erhebt sich rund 200 Meter über die Lorzenebene. Rund um die 13 Hektaren grosse Hochebene fallen die Wände steil ab. Eigentlich eine ideale strategische Lage also. Zudem spricht auch die Siedlungsgeschichte auf der Baarburg für eine mittelalterliche Burg. Denn und das ist mit archäologischen Funden gut belegt – um 520 bis 400 vor Christus muss sich auf der Baarburg ein keltischer Fürstensitz befunden haben. Das Plateau war Etappenort von Kommunikations- und Verkehrswegen. Es ist davon auszugehen, dass es mehrere stattliche Gebäude gab, die mit einem Holz-Erde-Wall gesichert waren. Funde beweisen zudem, dass die Kelten auf der Baarburg mit Völkern südlich der Alpen gehandelt haben. Die Baarburg verlor zwar später an Bedeutung, die Anhöhe war aber nachweislich bis ins 8. Jahrhundert mit kürzeren und längeren Unterbrüchen immer wieder besiedelt. Danach werden die Funde rarer. So rar, dass die Archäologen und die Historiker zu einem deutlichen Fazit kommen. Im Mittelalter stand auf der Baarburg nie eine Burg. Doch weshalb dann der Sodbrunnen? Auch darauf gibt es eine einfache Antwort: Die Baarburg wurde im 16. und 17. Jahrhundert intensiv als Wald- und Weideland genutzt. Vermutlich wurde damals auch der Sodbrunnen angelegt. In alten Zuger Sagen ist sogar davon die Rede, dass der Brunnen eine heilbringende Wirkung hat.

Die Baarburg ist ein Pleonasmus

Bleibt noch eine Frage: Weshalb heisst die Baarburg so, wie sie eben heisst? Die Antwort findet sich im Zuger Ortsnamenbuch von Beat Dittli. Burg kann einerseits für einen befestigten Adelssitz stehen, aber eben auch für eine burgähnliche Geländeform oder eine markante Anhöhe. Das keltische Wort «Barros», der Ursprung der heutigen Ortsbezeichnung Baar, bedeutet ebenfalls Anhöhe. Letztlich ist die Baarburg also ein Pleonasmus. Eine Burg gab es, wenn überhaupt, an der südöstlichen Flanke des Bergs. Dort weisen künstlich angelegte Erdwälle auf eine mögliche Befestigungsanlage hin.

Dass es auch hier keine Sicherheit gibt, liegt vor allem daran, dass vieles auf der Baarburg noch unerforscht ist. Erst ein kleiner Teil ist archäologisch erfasst. Immer wieder gibt es überraschende Funde wie im Jahr 1925, als der Baarer Coiffeur Jean Melliger auf die Kalotte eines menschlichen Schädels mit einem eingeritzten Rentier stiess. Die archäologische Sensation stellte sich später als Nachtbubenstreich heraus. Und im vergangenen Jahr entdeckte die Kantonsarchäologie eine persische Münze aus dem 14. Jahrhundert.

Das Geheimnis des Sodbrunnens ist letztlich also keines. Trotzdem gibt die Baarburg weiterhin Anlass zu Spekulationen. So haben geheimnisvolle Inschriften im Erdmandliloch schon immer die Fantasie angeregt. Doch davon ein ander Mal mehr. (Silvan Meier)

HINWEIS
Mit «Hingeschaut!» gehen wir wöchentlich mehr oder weniger auffälligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach.