«Ja übrigens, losed emol»

Musik

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Mit «Ala Ferka» hat ein Ägypter ein Stück für die Zuger Akkordeonistin Patricia Draeger geschrieben.

  • Von links: Samuel Baur, André Pousatz, Albin Brun, Patricia Draeger, Mahmoud Desouki und Amr Darwish. (Bild PD)
    Von links: Samuel Baur, André Pousatz, Albin Brun, Patricia Draeger, Mahmoud Desouki und Amr Darwish. (Bild PD)

Hünenberg – Am Donnerstag, 26. Januar, fand in der Reformierten Kirche Hünenberg, organisiert von der Musikschule Hünenberg, das vierte von sechs Konzerten des Projektes «Ala Fekra» statt. Das sechsköpfige Ensemble spielte mit Jazzelementen angereicherte Volksmusik, alles Eigenkompositionen der Künstler.

Dem zahlreich erschienenen Publikum (zum vierten Mal ein voll besetzter Saal) wurde Musik geboten, die bodenständige ­alpine Töne mit ägyptischen Klängen verband. Das Konzert faszinierte vom ersten bis zum letzten Ton und hinterliess ein enthusiastisches Publikum, zu dem auch Kinder zählten.

In memoriam Yamen Abdallah

Zu hören waren die Instrumente Akkordeon und Altquerflöte (Patricia Draeger), Schwyzerörgeli und Sopransax (Albin Brun), Kontrabass (André Pousaz), Perkussion (Samuel Baur), Violine (Amr Darwish) und Oud (Mahmoud Desouki). Das wohl am wenigsten bekannte Instrument, die Oud, gehört zur Familie der Schalenhalslaute, ist dickbauchig und hat einen Holzdeckel. Ihre Klänge sind warm. Zwölf Titel hatten die Musiker vorbereitet. Das Konzert eröffneten sie mit dem Titel «Alexandria», geschrieben von Yamen Abdallah (†2021), dem ehemaligen Mitglied des Ensembles.

Bereits dieser Titel erntete grossen Applaus und Bewunderung und liess erahnen, was für ein grossartiges Konzert die Besucher erwartete. Es folgte das Stück «Winter-Valsakana» von Albin Brun. Sofort fühlte man sich in einer verträumten Winterlandschaft, als Albin Brun mit dem Schwyzerörgeli ins Stück einführte. Nach und nach setzten die anderen Musiker ein. Dem Akkordeon folgten der Kontrabass, die Perkussion und schliesslich mit Oud und Geige die ägyptischen Klänge dazu. Das Werk liess dem Publikum viel Raum zum Träumen, bevor es tänzerisch und fröhlich wurde. Ein wunderbares Stück, in welchem die Instrumente permanent ineinanderflossen, stets mit dem Lead des Schwyzerörgeli, das trotzdem nie zu dominant wirkte; dazwischen gehörten einige Takte der Violine, bevor wieder das gesamte Ensemble spielte. Zum Schluss liessen die Musiker ganz harmonisch den Winterzauber ausklingen.

Grosse Bewunderung für die Musiker

Diese spielerische Faszination, das Intonieren, sich Raum für Improvisation geben, den Respekt gegenüber den Mitspielern wahren und dann wieder mit Leidenschaft gemeinsam die Musik aus tiefem Herzen zelebrieren, zog sich durch das ganze Konzert hindurch. Die Künstler verstanden es auf eindrückliche Weise, den Zauber der Musik, ihre eigene Leidenschaft und die Geschichten, welche die verschiedenen Titel zu erzählen wussten, dem Publikum nahezubringen. Jeder einzelne Musiker war zutiefst bewundernswert. Es war nicht nur die präzise und dynamische Musik fürs Ohr, es war auch eine Augenweide, den Musikern zuzusehen, ihre Emotionen und ihre Hingabe für ihr Instrument zu erhaschen. Da war ein Bassspieler, der alle Facetten seines Instrumentes auslotete und dieses Instrument zu etwas machte, was manch einem Zuhörer bisher vielleicht nicht bewusst war. Der Perkussionist, der das reinste Feuer war, löste mit seiner Polyrhythmik immer wieder begeisterte Bewunderung aus.

Dann waren da die vielsagenden Töne aus dem Sopransax oder die wehmütigen Klänge des Schwyzerörgeli. Das Akkordeon, ein Instrument, das alles abzudecken vermochte: Sehnsucht, Leidenschaft, Alpenklänge genauso wie ägyptische Tonfolgen. Die Altquerflöte konnte als ruhig, fein, sinnlich, warm und lieblich wahrgenommen werden. Auch zu den warmen, sinnlichen Tönen durfte durchaus die Oud gezählt werden. Einen unglaublich grossen Tonumfang zauberte die Violine in den Kirchenraum. Vierteltöne oder über dreihundert Tonleitern gibt es in der Ägyptischen Musik. Für das Verständnis des Publikums zwar dies kaum einzuordnen, doch für das Gehör eine Wohltat.

Sie erzählten Geschichten

Alle Stücke hatten ihre eigene Geschichte, so zum Beispiel der melancholische Titel «Lo» von Albin Brun, den er seiner Mutter widmete, den Titel jedoch erst nach ihrem Ableben auf einen Tonträger brachte. Im lieblichen Spiel war die Wärme einer Mutter zu spüren, ebenso auch, wie schmerzlich sie vermisst wird, was vor allem Albin Brun am ­Sopransax eindrücklich darstellte. Das Publikum durfte auch ein rein ägyptisches Stück im Duett Oud und Violine hören, für das Ohr eher ungewohnte, jedoch äusserst spannende Musik. Man spürte dabei, wie sehr diese Musik mit Leidenschaft und aus dem Herzen gespielt wurde.

Mit dem Titel «Longa Yamen» gedachte man des Komponisten und Musikers Yamen Abdallah. Trotz der Trauer ist dies ein tänzerisch fröhliches Werk und es erntete speziell grossen Applaus. Zwei Werke, «MazurkaTastrophe» von Albin Brun und «Nimbus» von Patricia Draeger, sprühten vor unglaublicher Dynamik und bewiesen, dass sowohl ein Ägypter auf der Violine fähig ist, Appenzeller Musik zu spielen, wie auch eine Schweizerin auf dem Akkordeon ihrem Instrument arabische Klänge zu entlocken vermag. Im Werk «Fares» von Amr Darwish erzählten alle Instrumentalisten auf eindrückliche Weise eine Geschichte. Auch ganz ruhige Musik hatte Platz, u. a. mit dem Titel «Jacaranda» von Patricia Draeger, wo sie selbst mit der Altquerflöte verzauberte und viel Liebe in den Kirchenraum hauchte.

Ein Konzert, für welches man kaum Superlativen findet, ein Konzert, das ein total begeistertes Publikum zurückliess. Das Konzert, das mit zwei Standing Ovations und tosendem Applaus zu Ende ging, wird noch lange in den Ohren des überwältigten Publikums nachklingen. Nebst den Musikern gehört ein Lob auch dem Techniker Walti Fuchs, welcher für einen perfekten Klang im Kirchenraum besorgt war.

Ala Fekra, ein von Patrica Draeger lanciertes, Grenzen überschreitendes Projekt, das ein absoluter Genuss für das Publikum darstellt und als ungreifbares Feuerwerk bezeichnet werden darf. Grossartig! (Text für das Akkordeon Orchester Zug von Cornelia Schmid)