Er will wieder Schätze heben

Brauchtum & Geschichte

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Marco Sigg hat das Museum Burg Zug als Direktor die letzten sieben Jahre lang zum Erfolg geführt. Jetzt will er wieder zu den Objekten. Denn da warten Hunderte von Schätzen darauf, gesehen zu werden.

  • Marco Sigg will zurück zu den Objekten. (Bild: Falco Meyer)
    Marco Sigg will zurück zu den Objekten. (Bild: Falco Meyer)
  • Das Museum Zug Burg erhält eine neue Leitung. (Bild: Regine Giesecke)
    Das Museum Zug Burg erhält eine neue Leitung. (Bild: Regine Giesecke)
Zug – Dieser Artikel ist in der November-Ausgabe des Zug Kultur Magazins erschienen. Hier geht es zu den anderen Artikeln.

«Jetzt werde ich wieder ein wenig zum Indiana Jones», sagt Marco Sigg und meint damit: Er geht auf Schatzsuche. Der Direktor des Museums Burg Zug gibt sein Amt nach sieben Jahren weiter. Sieben Jahre, in denen Sigg zum Gesicht des Museums Burg Zug geworden ist. Nun zieht er wieder die Handschuhe an und steigt als Historiker mitten in die Materie, zu den Objekten. «Ich freue mich unheimlich darauf, wieder als Historiker zu arbeiten», sagt Sigg, «das hat mir schon etwas gefehlt, auch wenn die Arbeit als Museumsdirektor natürlich immer auch toll war. Hier hat sich einfach eine wunderbare Gelegenheit geboten.»

Die schiere Menge
Das Museum Burg Zug hat einen Schatz gehoben. Das mobile Kulturgut des Klosters Maria Opferung will geborgen werden, respektive: untersucht, dokumentiert, eingeordnet, inventarisiert, nutzbar gemacht werden für Forschung und Ausstellungen. «Im Laufe der Jahrhunderte haben die Klosterfrauen eine Menge Kulturgüter aufbewahrt, wir gehen von mindestens 300 bis 500 Objekten aus, die von kulturhistorischem Interesse sind», sagt Sigg. Erst mal muss diese schiere Menge sortiert werden, dann soll sie im Sammlungsdepot bewahrt und zugänglich gemacht werden können. Für Sigg kommt die Chance zur richtigen Zeit. «Nun habe ich sieben Jahre lang das Museum als Direktor geleitet. Zusammen mit diesem Projekt werden es schlussendlich etwas über neun Jahre sein, die ich in Zug für das ­Museum gearbeitet habe. Es war spannend, sehr lehrreich und immer abwechslungsreich.»

Idealisierte Knochenarbeit
Nun werde es aber Zeit für eine neue Herausforderung – und in welche Richtung die gehen soll, das werde er nun herausfinden können. «Vielleicht stelle ich mir die Arbeit als Historiker mittlerweile idealisierter vor, als sie tatsächlich für mich ist. Es ist ja auch Knochenarbeit. Gleich­zeitig habe ich als Direktor gemerkt: Da mache ich täglich 20 verschiedene Dinge und vor allem Management, und das ginge auch in einer anderen Branche.»
Sigg blickt auf erfolgreiche sieben Jahre zurück. Mit seinem Team hat er die Art, wie das Museum Burg Zug Ausstellungen macht, grundsätzlich verändert. «Wir haben den Fokus auf Themen gelegt, die für die ganze Schweiz interessant sind – und diese dann lokal verankert», sagt Sigg. So etwa die Ausstellung über den Kalten Krieg, jene über die Buchenwaldkinder auf dem Zugerberg oder jene über Migration oder zuletzt den fehlenden Schnee im Mittelland. So konnte das Museum ein immer grösseres Publikum an­ziehen. 2019 erlebte die Burg mit 17 90 Besucher*innen einen neuen Publikumsrekord.

Mit alten Ideen aufgeräumt
Gleichzeitig war Sigg immer auch auf die Aussenwirkung bedacht. «Bei meinem Start wurde mir immer wieder bewusst, dass viele Zugerinnen und Zuger nicht merkten oder wussten, welche Arbeit im Museum Burg Zug geleistet wird, und welche Vielfalt die Sammlung aufweist.»
Ein verstaubtes Museum, so die vorherrschende Idee. Diesen Eindruck hat das Museumsteam gründlich verändert. «Wir haben konsequent Geschichten erzählt, die auch überregional relevant sind», sagt Sigg. «Und ich habe versucht, das Museum in der öffentlichen Wahrnehmung fester zu verankern. Dazu habe ich die ersten beiden Jahre versucht, wirklich mit allen ins Gespräch zu kommen, bin an jede Veranstaltung und habe auch Politikerinnen und Politiker immer wieder eingeladen, damit sie einen Blick auf die Sammlung hinter den Kulissen werfen können.»

Aufwendige Konservierung
Mit Erfolg: Die Burg ist als Museum klar posi­tioniert, verfügt heute über ein professionelles Marketing- und Kommunikationsteam, Ausstellungs- und Sammlungskuratoren die nach aussen wirken, ist politisch gut verankert. Letzteres ist entscheidend: Das Museum Burg Zug wird von der öffentlich-rechtlichen Stiftung Museum in der Burg Zug getragen. Die laufenden Betriebskosten werden über Leistungsaufträge mit dem Kanton und der Stadt Zug sowie durch Beiträge der Korporation Zug, der Bürgergemeinde Zug und den übrigen Zuger Einwohnergemeinden ­finanziert, deshalb ist es für das Museum entscheidend, dass politische Verantwortungsträger*innen auch wissen, was das Museum mit seinen Mitteln macht. «Es wurde gerade zu Anfang oft gefragt, weshalb ein Museum so viel kosten müsse.» Da brauche es gründliche Informationen, und zwar transparent und nachvollziehbar vermittelt. «Wir haben in unserer Sammlung Objekte, die aufwendig konserviert und aufbewahrt werden müssen. Nur so können wir unserem Auftrag gerecht werden und zugerisches Kulturgut für kommende Generationen aufbewahren und vermitteln.»
Für die Finanzierung von einzelnen Ausstellungen muss das Museum Burg Zug allerdings aktiv Fundraising betreiben. Dabei gibt’s auch mal schlaflose Nächte. «Wenn im November die Finanzierung noch nicht ganz steht, im April aber schon die Ausstellung losgeht, dann schläft man auch mal weniger gut», sagt Sigg.
Noch zehrender als das war für Sigg die Covid-Pandemie. Das Museum war im ersten Lockdown zum allerersten Mal während Monaten nicht geöffnet. «Normalerweise haben wir ausser an den Montagen fast immer geöffnet», sagt Sigg. «Das war für uns ein aussergewöhnlicher Zustand, der auch viel Unsicherheit mit sich gebracht hat.» Die Zertifikatspflicht brachte nun neue Klarheit fürs Museum, das sei eine Erleichterung gewesen.

Neue Chancen, neue Risiken
Das Museumsteam hat die Krise aber auch als Chance genutzt: Es hat über den Corona-Fonds der Stadt Zug das Projekt der Digitalisierung der Sammlung vorangetrieben. Überhaupt geht Sigg in einer Zeit, in der noch einige Projekte anstehen. Sein Nachfolger wird sich ihnen nun widmen können. Ob das nicht zu Reibereien führt, wenn der ehemalige Direktor dann im Depot arbeitet, während der neue sich noch zurechtfindet? «Das kann natürlich schwierig sein», sagt Sigg, «aber wir geben alle unser Bestes, möglichst alle Unsicherheiten diesbezüglich abzubauen und die Rollen klar zu definieren. ­Zudem bin ich ja dann mit einer spezifischen Aufgabe beschäftigt, die relativ weit weg vom Tagesgeschäft des Museums ist.» Nur wenn es politisch wichtig würde, stehe er nach wie vor zur Verfügung. «Gerade in Fragen wie der Neuverhandlung des Kulturlastenausgleichs wird sich das Museum auch in Zukunft stark positionieren müssen, und da bin ich natürlich gerne hilfreich, wenn das gewünscht ist.»

(Text: Falco Meyer)



Box: Nachfolger ernannt:

Der Stiftungsrat des Museums Burg Zug hat Walter Bersorger zum neuen Direktor des Museums Burg Zug ernannt. Er tritt die Stelle am 1. Januar 2022 an.
Walter Bersorger studierte Allgemeine Geschichte, Kunstgeschichte sowie Ur- und Frühgeschichte. Nachdiplomstudien in Kulturmanagement, im Archiv- und Museumsbereich runden sein Profil ab, schreibt der Stiftungsrat in einer Mitteilung.

Auch in Zug aktiv
Nach dem Studium war Bersorger von 2001 bis 2005 als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Denkmalpflege der ETH Zürich und von 2008 bis 2014 am Historischen Seminar der Universität Zürich teilzeitlich in Lehre und Forschung tätig. Es folgten berufliche Stationen von 2005 bis 2012 im Reorganisationsprojekt des Klosterarchivs Einsiedeln und von 2013 bis 2018 als Gemeindearchivar von Hünenberg.
Am Staatsarchiv des Kantons Zug initiierte Walter ­Bersorger als Projektmitarbeiter von 2014 bis 2016 ein partizipatives Projekt zur Geschichte der Zuger Fotografie aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Er war auch an der Planung und Umsetzung der TUGIUM-Reihe zur ­Geschichte des Ersten Weltkriegs sowie der Kuratierung einer entsprechenden Ausstellung 2016 im Staatsarchiv des Kantons Zug beteiligt. Seit 2014 leitete Walter Bersorger das Ortsmuseum Horgen.