Kontraste mit gleichbleibender Besetzung

Musik

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Volles Haus auch am zweiten «Sommerklänge»-Konzert in Unterägeri. Dieses wurde im Bommerhüttli im Hürital ausgetragen in stimmiger Werkhof-Atmosphäre. Das Ensemble Chamäleon spielte Quartette von Johannes Brahms und Carl Maria von Weber.

  • Im Forstwerkhof Bommerhüttli interpretierte das Ensemble Chamäleon Weber und Brahms. (Bild Pius Amrein)
    Im Forstwerkhof Bommerhüttli interpretierte das Ensemble Chamäleon Weber und Brahms. (Bild Pius Amrein)

Unterägeri – Es war gewissermassen das Heimspiel des Ensembles Chamäleon in der seit vielen Jahren festen Kernbesetzung: Madeleine Nussbaumer, Klavier, Tobias Steymans, Violine, und Luzius Gartmann, Violoncello. Die erneut beigezogene Bratschistin Natalia Mosca hat dabei schon so oft mitgewirkt, dass das Publikum sie nach der Einheit in der Werkauffassung ebenfalls als ebenbürtiges Mitglied der Gruppe empfindet.

Vor und nach der Pause spielte man in gleicher Quartettbesetzung; trotzdem entstand ein deutlicher Kontrast zwischen den Werken, in gleicher Weise in der Kompositionsstruktur wie im Nachvollzug als Interpretation. «Weber ist auf die Welt gekommen, um den ‹Freischütz› zu komponieren» – kann man in verschiedenen Varianten in mehreren Musikführern nachlesen.

Sein Klavierquartett in B-Dur, Opus 8, geschrieben mehr als ein Jahrzehnt vorher, ist noch nicht der geniale Wurf der ersten romantischen deutschen Oper, aber es nimmt doch einiges davon vorweg. Die Komposition der einzelnen Sätze erstreckte sich über vier Jahre; aber vermutlich hat ­Weber nicht – wie Johannes Brahms – immer wieder daran gefeilt und gearbeitet, sondern er liess das einmal Geschriebene mehr oder weniger unverändert stehen.

Auf dem «Chamäleon-Niveau» überzeugte die spieltechnisch makellose Interpretation durch eine klare Struktur in meist heiterer Grundstimmung. Die Bevorzugung des Tasteninstruments – Weber selbst war auf diesem ein brillanter Virtuose – drückte sich dadurch aus, dass er vor allem im ersten Satz die Streicher meist nur das Hauptthema wiederholen liess, während er die Durchführungen dem Klavier anvertraute. Ab dem 2. Satz näherte man sich stärker einem romantischen Klangbild, nicht zuletzt durch verschiedene solistische Einsätze des Cellos. Präzis gelangen auch im beschwingten Tempo des Schlusssatzes die fugierten Einsätze.

Viel reicher strukturiert – aber auch viel anspruchsvoller im Nachvollzug für Interpreten und Publikum – erschien das Klavierquartett Opus 26, an welchem Johannes Brahms von 1855 bis 1862 immer wieder arbeitete. Ein weiteres Mal bewunderte das Publikum die virtuose pianistische Leistung von Madeleine Nussbaumer; aber auch den Streichern traute der Komponist nach Harmonieverständnis und Tonumfang viel mehr zu, was diese problemlos erfüllten.

Im zweiten Satz sehen einige Musikhistoriker eine Trauerode über die zerbrochene Liebe zur Komponistenwitwe Clara Schumann. Auffällig das fast wörtliche Zitat aus einem Lied um Liebesleid von Franz Schubert: Heute würde dies dem Komponisten wohl den Plagiatsvorwurf eintragen. Doch bald trennten sich die Wege wieder, und die Kraft der kompositorischen Erfindung traf sich in jener Weise mit hoher Virtuosität, wie es fast nur bei Brahms möglich erscheint.

Für Kammermusik geeignete Werkscheune

Obwohl für ganz andere Zwecke erbaut, erlebte man im voll besetzten neuen Forstwerkhof Bommerhüttli eine erfreulich gute Akustik – sowohl für die Musik wie für das gesprochene Wort. Wie Benno Furrer vor Ort erläuterte, wäre die Korporation nach Fertigstellung des neuen Forstwerkhofs in der Landwirtschaftszone eigentlich verpflichtet gewesen, das Vorgängergebäude abzureissen. Das über 300 Jahre alte ehemalige Bauernhaus wurde jedoch unter Denkmalschutz gestellt und in den letzten Jahren aufwendig restauriert.

Den langen und intensiven Schlussapplaus verdankten die Ausführenden noch mit der Zugabe aus einem andern Stilbereich: «Tango pathétique» von Peter Kiesewetter (1945–2012).

Nächstes Konzert 

Das dritte «Sommerklänge»-Konzert am kommenden Sonntag, 23. Juli, im Waldheim Zug an der Waldheimstrasse 39 hält Streichquartett-Musik von Joseph Haydn, Robert Schumann und Béla Bartók parat. Die Vorstellung beginnt um 17 Uhr. (Text von Jürg Röthlisberger)