Schulkinder werden Fotokünstler

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Baarer Fünft- und Sechstklässler nehmen mit eigenen Bildern an der Werkschau Photo Schweiz teil.

  • Ciara Staub und ihre Kolleginnen basteln Bilderrahmen für die Fotos, die sie an der Photo Schweiz ausstellen werden. (Bild Stefan Kaiser)
    Ciara Staub und ihre Kolleginnen basteln Bilderrahmen für die Fotos, die sie an der Photo Schweiz ausstellen werden. (Bild Stefan Kaiser)

Baar – Sie hätten nicht ernsthaft mit einem positiven Bescheid seitens der Werkschau Photo Schweiz gerechnet, sagt Marcel Boss, Lehrer einer 5. Klasse des Schulhauses Sternmatt 1 in Baar. «Aber wir freuen uns natürlich sehr, dass unsere Bilder angenommen wurden.»

Er, sein Kollege Raul Costa, der mit seinen Sechstklässlern des Schulhauses Marktgasse ebenfalls am Projekt beteiligt war, sowie ihre über 30 Schulkinder sind am Eröffnungsabend der Photo Schweiz am 12. Mai in Zürich dabei.

Was ist ein gutes Bild?

Die beiden Lehrer begannen mit dem Projekt im Fach Medien und Informatik bereits im November letzten Jahres. «Wir erhielten selbst eine Einführung in die Materie von einem uns bekannten Fotografen.» Er habe sie auch bei der Umsetzung des Themas in den Schulklassen beraten. «Wir schauten uns gemeinsam mit den Kindern seine Bilder an.»

Die Schülerinnen und Schüler hätten Fotobücher zu verschiedenen Themen wie Sport, Tiere, Landschaften bekommen, mit denen sie sich eingehend befasst hätten. «Wir stellten uns die generelle Frage: Was ist ein gutes Bild, was macht es aus? – und überlegten, was einzelne Fotos aussagten.»

Nachdem sie ihre jeweiligen Fotobücher und Künstler in einem Videobericht der Klasse vorgestellt hatten, betätigten sich die Kinder selbst als Fotografinnen und Fotografen. «Wir diskutierten darüber, welches Thema wir verfolgen wollten», so Marcel Boss. «Der Bereich Umwelt- und Tierschutz stellte sich rasch als Favorit heraus.» An Technik stand den Klassen je eine analoge und eine digitale Kamera zur Verfügung. «Interessant war zu beobachten, dass die Kinder einen gewissen Respekt zeigten im Umgang mit der analogen Kamera.» Es sei ihnen bewusst geworden, dass man hier nicht unzählige Möglichkeiten habe und die Bilder nicht einfach wieder gelöscht werden konnten. «Sie gingen mit dieser Technik viel überlegter um.» Anschliessend wurden mit den Resultaten beider Kameras Vergleiche angestellt.

Es entstanden Aufnahmen von Abfallkübeln mit einzelnen Abfallartikeln davor oder solchen, die im Fallen begriffen sind, einmal mit den scharfen Schattenumrissen eines Menschen daneben. Gepresste Ballen aus PET-Flaschen und Aludosen ergaben interessante Farb- und Formmuster. Einzelne Getränkedosen, hängen geblieben in einem Gebüsch oder einer Gartenecke, zeigen den scharfen Kontrast zwischen der künstlichen und der natürlichen Welt auf. In ihrer zufälligen Optik und eindrücklichen Gegensätzlichkeit wirken diese Bilder seltsam kunstvoll. Tiere kommen in Form von gegenständlichen und stilisierten Figuren vor. Hier wird die Abfallproblematik im Meer und auf Weiden thematisiert.

Eigenhändig eine Camera obscura bauen

Von allen vorliegenden Bildern wählten die beiden Lehrer zehn aus und reichten sie bei der Werkschau Photo Schweiz ein. Für die Präsentation an der Ausstellung werden die ausgewählten Bilder nun von den Kindern selbst mit hinterlegtem Karton gerahmt und mit gesammelten Abfallgegenständen dekoriert.

Damit ist das Thema für die Klassen aber noch nicht erschöpft. «Momentan sind wir dabei, Fotos, die wir mit einer uralten Kamera gemacht haben, mit Hilfe einer Labbox selbst zu entwickeln.» Dabei handelt es sich um eine Vorrichtung aus Kunststoff, mit der man analoge Filme auf einfache Weise ohne Dunkelkammer entwickeln kann. «Dennoch wird der Ablauf des Prozesses klar sichtbar», erklärt Boss. Die erstellten Negative werden anschliessend gescannt und auf den PC geladen.

«Zusätzlich habe ich die Idee, einen Instagram-Account zu erstellen und einzelne Bilder dort zu zeigen.» Hierbei würden die Kinder sich mit Datenschutz und Datenmenge auseinandersetzen. «Im Werken möchte ich ausserdem eine Camera obscura bauen.»

Die beiden Lehrer Marcel Boss und Raul Costa absolvieren momentan die Ausbildung zu ICT-Animatoren (Informations- und Kommunikationstechnik). Als solche werden sie ihre Kolleginnen und Kollegen der beiden Schulen in Informatikfragen unterstützen. «Wir haben nun im Rahmen dieses Fotoprojekts einen Anwendungskoffer zusammengestellt mit Büchern, Lehrmitteln, Fotokameras sowie der Labbox, den die Kolleginnen und Kollegen für ähnliche Projekte im Fach Medien und Informatik benutzen können.» (Text von Cornelia Bisch)