Ein Zuger Kapellenbauer in Flüeli

Brauchtum & Geschichte

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Einer der wichtigsten Förderer der Bruder-Klausen-Wallfahrt stammte aus dem Kanton Zug. Er hat an den heutigen Pilgerstätten mehrere Andenken hinterlassen – und ist nach seinem Tod selbst fast wie ein Heiliger verehrt worden.

  • Die Flüeli-Kapelle ist ein bauliches «Erbe» Pfarrer Johann Zimmermanns aus Zug. (Bild: Kristina Gysi)
    Die Flüeli-Kapelle ist ein bauliches «Erbe» Pfarrer Johann Zimmermanns aus Zug. (Bild: Kristina Gysi)

Zug – Sachseln und Flüeli gehören zu den meistbesuchten Pilgerorten der Schweiz. Hierhin zum Wirkungsort und zur Grabstätte des Landespatrons Nikolaus von Flüe kommen die Menschen in Scharen. Dass die Bruder-Klausen-Wallfahrt zu so grosser Bedeutung gekommen ist, ist unter anderem das Mitverdienst eines tüchtigen Zuger Landsmannes, der im Obwaldnischen eindrückliche Spuren hinterlassen hat – vor allem bauliche. Auf seine Initiative sind das Sachsler Pfarrhaus entstanden, die dortige Helferei, das Pfrundhaus in Flüeli und – als markantestes «Erbe» – die erhaben auf einem Fels thronende Flüeli-Kapelle.

Die Suche nach den Spuren dieses einflussreichen Zugers führt uns als Erstes nach Risch, wo in der Walterten (Waldeten) 1476 eine Familie Zimmermann nachgewiesen ist. Dieser Familie entstammte ein gewisser Johann, geboren vermutlich um das Jahr 1568 in Zug, wohin die Familie ihren Wohnsitz verlegt hatte. Die spärlichen biografischen Angaben zu Johann Zimmermanns frühem Lebenslauf lassen den Rückschluss zu, dass er eine geistliche Laufbahn einschlug und wohl bei den Jesuiten in Luzern seine Studien begann und sie später in Mailand fortsetzte.

1597 ist der junge Zimmermann als Pfarrhelfer in Zug verbürgt, entweder zu St. Michael oder in den Schwarzmurerpfründen. Noch im selben Jahr kam er nach Meierskappel, damals stadtzugerische Kollatur (Zug hatte das Recht, das dortige Pfarramt zu besetzen), wo er zunächst den amtierenden Pfarrer vertrat und 1599 dessen Stelle übernahm.

Sachseln wird sein Wirkungsort

Die Weichen für Johann Zimmermanns spätere Bedeutung für die Bruder-Klausen-Wallfahrt wurden am 23. Oktober 1607 gestellt: Der Zuger wurde als Pfarrer nach Sachseln berufen und erhielt hier das Landrecht. Sogleich erwies sich Zimmermann als fleissiger Bauherr, und oben genannte Errichtungen gingen zwischen 1611 und 1617 auf sein «Konto». Auch als 1615 die Benediktinerinnen aus Engelberg nach Sarnen übersiedelten, trat Zimmermann als leitende Figur bei den Bauarbeiten für das Kloster St. Andreas in Erscheinung. Als Visitator und Beichtvater soll er bei den Ordensschwestern an ihrem neuen Ort sehr beliebt und ihnen eine grosse «Starthilfe» gewesen sein.

Von all seinen Bauprojekten lag dem Zuger die Flüeli-Kapelle ganz besonders am Herzen. In der einzigartigen Holzdecke ist sein Familienwappen eingelassen. Zudem war es Zimmermanns Wunsch, neben der Flüeli-Kapelle eine weitere, kleinere zu bauen, in der er beigesetzt werden sollte. So weit kam es nicht, doch wird es mit seinem Tod anderweitig etwas Bemerkenswertes auf sich haben.

Zunächst jedoch – noch mitten im Leben stehend – war der gebürtige Zuger fleissig mit der Förderung der Bruder-Klausen-Wallfahrt beschäftigt. Zimmermann pflegte einen regen Austausch mit führenden Würdenträgern im Land und bewarb Flüeli-Ranft und Sachseln fleissig als Pilgerstätte. Nicht minder intensiv war er um die Seligsprechung von Bruder Klaus bemüht, investierte dafür viel Zeit für aufwendige Korrespondenz und Reisetätigkeit, blitzte jedoch wiederholt an höchsten Stellen mit seinen Vorstössen zur Benediktion des Eremiten ab.

Auch wenn der erste konkrete Schritt zur Seligsprechung des Landesvaters 20 Jahre nach Zimmermanns Tod unter Papst Innozenz X. erfolgte, dürften die Bemühungen des Sachsler Pfarrers den Weg dazu massgeblich geebnet haben. Davon zeugen nicht zuletzt Archivalien, die den Zuger als einen der «vorzüglichsten Zeugen über das Leben des Dieners Gottes und seine Verehrung» anführen.

Dass Bruder Klaus’ Original-Rock heute in der Pfarr- und Wallfahrtskirche von Sachseln zu sehen ist, geht ebenfalls auf die Initiative Johann Zimmermanns zurück: 1610 bat er Jakob von Flüe, Urgrossenkel des Eremiten, das Gewand als Depositum in die Kirche übertragen zu lassen.

Der Freund der Armen

Das Ansehen der Zugers als grosser Förderer der Bruder-Klausen-Verehrung war das eine, zum anderen war er beim Volk als grosser Wohltäter bekannt. So soll er oft eigenhändig mit einem Bettelbeutel von Haus zu Haus gegangen sein und um Almosen gebeten haben, die er anschliessend persönlich den Armen aushändigte. Möglicherweise ist ihm dies allerdings zum Verhängnis geworden: Pfarrer Zimmermann dürfte sich bei einem der Almosengänge während der Pestepidemie die Krankheit eingefangen haben. Er starb am 11. März 1629 nach kurzem schwerem Leiden.

Nach seinem Tod wurde der Förderer der Bruder-Klausen-Verehrung selbst zum Verehrten, so hoch hielt das Volk sein Andenken. Und vom Mailänder Kardinal Friedrich Borromäus, mit dem Zimmermann rege in Kontakt gestanden hatte, wurde er posthum als «allergeistlichster Mann» gewürdigt.

Überliefert sind zwei bemerkenswerte Beobachtungen im Zusammenhang mit dem Verwesungsprozess von Johann Zimmermanns Leiche: Als man 50 Jahre nach seinem Tod im Zuge des Neubaus der Wallfahrtskirche zu Sachseln sein dortiges Grab öffnete, war der Leichnam nicht verwest, sondern lediglich ausgetrocknet, die Haut noch vollkommen intakt. Bei einer weiteren Graböffnung 30 Jahre später war die Leiche skelettiert – bis auf den rechten Arm. Dieser war noch immer unversehrt. Dass es der Arm war, mit dem er so viele Almosen gespendet hatte, beflügelte den Glauben an eine Heiligkeit des Zugers. (Text von Andreas Faessler)