«Wir feiern das Populäre»

Musik

,

Die Swiss Music Awards sind der grösste Musikpreis der Schweiz. Jetzt ist der Event in neuen Händen und nimmt einen neuen Anlauf.

  • Nik Hartmann ist Co-Leiter der TV-Eigenproduktionen von CH Media, die die Swiss Music Awards neu ausrichtet. (Bild Aurelia Marine)
    Nik Hartmann ist Co-Leiter der TV-Eigenproduktionen von CH Media, die die Swiss Music Awards neu ausrichtet. (Bild Aurelia Marine)

Zug – Und der Betonklotz geht an: Am Mittwoch werden in Zug (siehe Box) die Swiss Music Awards verliehen. Veranstalterin ist neu CH Media, zu der auch diese Zeitung gehört. Nik Hartmann, einstiger Wandervogel der Nation, ist nun dort Co-Leiter Eigenproduktionen TV National und sagt, wieso es diesen Wettbewerb überhaupt noch braucht.

Ich habe immer gemeint, dass das einzige sinkende Schiff, mit dem man Fernsehquote machen kann, die «Titanic» ist?

Nik Hartmann: (lacht) Und wieso denken Sie, dass die Swiss Music Awards ein sinkendes Schiff sind?

Ich war die letzten Jahre immer dabei: Der Preis ist zu pompös, die Auswahl der Sieger irgendwie beliebig, und es fehlt dem Anlass an Relevanz.

Ich bin der falsche Mann, um auf die letzten Jahre zurückzublicken. Da waren wir von CH Media noch nicht beteiligt. Das sind wir erst seit letztem Jahr, damals noch als Partner. Die Ausgabe 2022 ist unsere Premiere als Veranstalter. Es wäre daher irgendetwas zwischen unfair und vermessen, wenn ich jetzt mit Kritik um mich werfen würde. Ich will lieber vorausblicken.

Aber braucht es die Swiss Music Awards tatsächlich noch?

Natürlich. Die Schweiz braucht einen Musikpreis. Das ist wichtig für das gesamte Musikschaffen im Land. Es erhält so eine Plattform, die es sonst nicht hat. Klar, es gibt noch den Grand Prix Musik, den soeben Yello bekommen haben. Aber wir sind anders. Wir bilden die Schweizer Musik breiter ab. Und am Ende geht es doch auch darum, dass dies ein Branchentreffen ist, bei dem alle eine gute Zeit haben. Solche Branchentreffen gibt es wohl jeden zweiten Abend irgendwo für irgendwas.

Aber braucht es dafür eine Fernsehsendung?

Aber sicher. Die Tatsache, dass die Awards nun von uns veranstaltet werden, sind auch eine Chance. Wir sind ein kommerzieller Sender und müssen uns viel weniger um einen Konsens bemühen, als wenn es auf den durch Gebührengelder finanzierten TV-Stationen läuft. Wir wollen zwei Stunden eine geile Show liefern. Und so der Musik die Öffentlichkeit geben, die sie verdient und auch braucht.

Aber mit Verlaub: Die SMA mit den Kategorien, dem Wahlprozedere und den Showblöcken wirken doch aus der Zeit gefallen.

Hier muss ich anfügen: Wir sind nur der Veranstalter. Die Rechte und das Reglement obliegen Ifpi Schweiz, dem Branchenverband der Schweizer Musiklabels, und dem offiziellen Verleiher Verein Press Play.

Das ist für mich ein frag- würdiges Szenario: Ich muss die Party schmeissen, darf aber nicht bestimmen, wie die Party sein soll.

Das Gegenteil ist der Fall. Wir haben mittlerweile jede Woche gemeinsame Sitzungen gehabt. Nicht weil wir müssen, sondern weil wir zusammen diesen Award vorantreiben wollen. Ich erlebe es als sehr partnerschaftlich. Wir bringen alle unsere Ideen ein und pushen uns.

Hauptkritik ist seit Jahren die gleiche: Sie bevorzugen Masse vor Klasse. Verkäufe und Streamingzahlen der Künstlerinnen und Künstler sind zu hoch gewichtet.

Das ist eine ziemliche elitäre Ansicht. Und ich finde auch, dass sie zu kurz greift. Wir sind eben kein Musikpreis des Bundesamtes für Kultur. Wir feiern auch das Populäre. Das, was am Radio gehört wird und seine Fans findet. Bei den Showacts versuchen wir, eine Mischung zu machen mit jungen Talenten und arrivierten Stars. Die Stars sind für uns wichtig. Und für die Newcomer auch. Mit bekannten Namen wird die Reichweite der Show erhöht. Das wiederum hilft bei der Sichtbarkeit.

Wie gross ist die Verlockung, dass die Sendung jetzt mit anderen Produktionen aus dem CH-Media-Haus bespielt wird. Also etwa mit einem Gastauftritt der «Sing meinen Song»-Staffel? Oder gar einem Bachelor oder einer Bachelorette?

Null. Wirklich überhaupt nicht. Da musst du unterscheiden können und ja nicht Dinge vermischen. Ich finde übrigens «Sing meinen Song» in der Zusammensetzung gut mit den SMAs vergleichbar: Auch da sitzen bekannte Namen neben Newcomerinnen und Newcomern. Die Mischung machts. Zu den Bachelors: Die kommen sicher nicht auf die Bühne. Warum auch? Die Bühne gehört an diesem Abend der Musik. Aber im Publikum wird es sicher welche haben.

Als Laudatorinnen und Laudatoren wäre die doch ideal?

In den vergangenen Jahren wurden die Laudationes kontinuierlich zurückgeschraubt. Das wird auch heuer so sein. Darum: auch hier keine Rosenkavaliere.

Ob mit oder ohne Laudatio: Die allermeisten internationalen Preise werden gar nicht erst vor Ort abgeholt. Wann sind die Swiss Music Awards so relevant, dass alle Gewinnerinnen und Gewinner ihren Betonklotz live in der Sendung ent-gegennehmen?

Ha. Lassen Sie sich überraschen.

(Text von 
Michel Graber)