Mensch und Architektur – Gegensätze mit Gemeinsamkeiten

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Manuel Studer fokussiert sich auf die Zugersee-Fischerei, und Regine Giesecke spürt der Seele des Theilerhauses nach: Das Fotoforum Zug präsentiert ab 7. respektive 8. Mai an seinen zwei Standorten ausdrucksstarke Bilder zweier Zuger Fotokünstler.

  • Manuel Studer und Regine Giesecke widmen ihre Arbeiten im Fotoforum Zug je einem regionalen Thema. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 1. 3. 2024)
    Manuel Studer und Regine Giesecke widmen ihre Arbeiten im Fotoforum Zug je einem regionalen Thema. Bild: Stefan Kaiser (Zug, 1. 3. 2024)

Zug – Der Verein Fotoforum Zug, ein Zusammenschluss von mehreren Fotografinnen und Fotografen, ist mit zwei dauerhaften Ausstellungsstandorten in der Stadt Zug präsent und vertritt damit die Fotografie als Kunstform nach aussen. Am Gebäude der kantonalen Steuerverwaltung an der Bahnhofstrasse 26 bespielt das Fotoforum seit 2019 ein Schaufenster mit einem interaktiven Bildschirm. In regelmässigen Abständen stellen hier Fotokünstlerinnen und -künstler eine thematische Auswahl aus ihrem Schaffen zur Schau.

Der zweite Standort befindet sich seit 2023 in der renovierten Bahnunterführung Gotthardstrasse. Die Stadt verwaltet hier zwei grossflächige, hinterleuchtete Schauflächen, welche sie für einen bestimmten Zeitraum dem Fotoforum zur Verfügung stellt. Auch hier wechseln sich Ausstellende ab mit einer sorgfältigen Selektion ihres Werkbestandes.

Demnächst sind an beiden Orten zwei etablierte Zuger Fotokünstler präsent mit je einem Schwerpunktthema mit starkem lokalem Bezug. Die hinterleuchteten Schauflächen in der Unterführung gehören ab dem 7. Mai dem Walchwiler Autodidakten Manuel Studer. Seine Präsentation mit dem Titel «Der Fischer Meisterschaft» ist eine Reminiszenz an die Zugersee-Fischerei und ihre lange, jedoch vom Aussterben bedrohte Tradition.

Der prinzipiell ausschliesslich in Schwarz-Weiss fotografierende Walchwiler ist selbst seit 2011 mit viel Herzblut Mitglied der Fischerzunft und hat anlässlich deren 50-jährigen Bestehens einen sorgfältig gestalteten Fotoband erarbeitet. Über vier Jahre hinweg hat er eigens für dieses Projekt die letzten Zuger Berufsfischer zu jeder Tageszeit begleitet und ihre Arbeit fotografisch dokumentiert. Das Resultat sind ungemein stimmige Impressionen einer Berufsgattung, deren Ende sich abzeichnet. Somit wohnt Studers Bildern eine gewisse Melancholie inne.

«Die Fischerei ist eng mit Zug verbunden. Aber wird es eine nächste Generation von Berufsfischern geben?», fragt sich Studer, der nach eigenen Aussagen eine «humanistische Fotografie» ausübt. Sprich, für ihn stehen der Mensch und dessen Persönlichkeit explizit im Fokus. Der Walchwiler sieht sich in seiner Rolle des Fotografen als Geschichtenerzähler. «Mit der Schwarz-Weiss-Technik gelingt es mir am besten, die Essenz meiner Geschichten – so, wie ich sie erzählen will – herauszuarbeiten.»

Aus dem Reigen der Fischereibilder für seinen Fotoband wird Manuel Studer je vier ausdrucksstarke Impressionen aus dem Alltag der beiden Fischer Turi und Toni aussuchen.

Momentaufnahmen der Vergangenheit

Von der Absenz des Menschen bestimmt, mehr geometrisch und perspektivisch konzipiert sowie in Farbe sind die Fotoarbeiten von Regine Giesecke. Aus ihrem jüngsten Projekt zeigt sie im digitalen Schaufenster an der Bahnhofstrasse eine Serie von Aufnahmen aus dem Inneren des Theilerhauses an der Hofstrasse. Vor Beginn der Sanierungsarbeiten im vergangenen Jahr hatte die in Zug lebende und arbeitende Berufsfotografin die einmalige Gelegenheit erhalten, die Räume des historischen Gebäudes in ihrem unrenovierten Zustand abzulichten.

«Ich wollte die Spuren der Vergangenheit und Verwitterung in den zahlreichen Räumen fotografisch einfangen», sagt Regine Giesecke. «Dabei interessierte mich der Verfall als ökologischer Prozess, um zu zeigen, wie Architektur Teil eines zyklischen Kreislaufs ist – von der Nutzung über den Verfall bis zur Wiederverwendung.» Die Fotografin war überwältigt von der Fülle von Motiven, welche die zahlreichen Räume bieten. Ein kleines Eldorado für die vor allem auf Architekturfotografie spezialisierte Zugerin.

Sie wählte die Motive entsprechend, so, dass sie die Seele der alten Räume in ihrer Vielschichtigkeit zeigen kann. Entstanden ist eine poetische Serie von Innenansichten mit stimmungsvollen Raumeindrücken, überraschenden Wandansichten und unterhaltsamen Details. Die Spuren der Vergangenheit und des Verschleisses verleihen Regine Gieseckes Bilderserie ebenfalls eine gewisse Melancholie – trotz des Bewusstseins, dass an dieser Stelle Neues entsteht. Und auch wenn der Mensch im Gegensatz zu Manuel Studers Bildern bei Regine Giesecke nicht sichtbar ist, so ist er dennoch gegenwärtig – als über Jahrzehnte Wirkender innerhalb der alten Mauern.

In ihren beiden thematischen Ausstellungen eint Studer und Giesecke die gemeinsame Reminiszenz an Vergängliches, an etwas, was entweder kurz vor dem Verschwinden oder einer substanziellen Verwandlung steht. (Text von Andreas Faessler)

 

Hinweis

– Manuel Studer, «Der Fischer Meisterschaft», Vernissage an der Gotthardstrasse am 7. Mai, 18–20 Uhr.

– Regine Giesecke, «Theilerhaus», Vernissage an der Bahnhofstrasse 26 am 8. Mai, 18–20 Uhr.