Auf den Spuren der Auswanderer

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Das Museum Burg sucht für eine neue Ausstellung verschiedene Dokumente, die Geschichten erzählen. Im Fokus stehen Zuger, die der Schweiz den Rücken kehrten.

  • Susanne Iten zeigt Kurator Christoph Tschanz den Nachlass ihrer Schwägerin Dolores Iten. (Bild Maria Schmid)
    Susanne Iten zeigt Kurator Christoph Tschanz den Nachlass ihrer Schwägerin Dolores Iten. (Bild Maria Schmid)

Zug – Alte Pässe, Fahrkarten und Fotos: Solche oder sonstige Erinnerungsstücke will das Museum Burg Zug dieses Jahr in einer Ausstellung zeigen. Dabei geht es um Zuger, die ihr Glück in einem anderen Land suchten, oder solche, die in den Kanton Zug eingewandert sind.

So wie etwa die Auswanderin Dolores Iten, die 1957 von Genua aus mit dem Schiff nach New York fuhr. Erst nach ungefähr 50 Jahren kehrte sie nach Zug zurück, um ihren Lebensabend im Seniorenzentrum Mülimatt in Oberwil zu verbringen. Mit 94 Jahren stirbt Dolores Iten. Ihre Schwägerin Susanne Iten hat den Nachlass aufgehoben und stellt diesen nun dem Museum Burg für die Ausstellung zur Verfügung. Darunter finden sich etwa ein amerikanischer Pass aus dem Jahr 1962, ein Schweizer Pass, eine Schiffsfahrkarte, Fotos und eine Visitenkarte von Clicking Needles. Unter diesem Namen pries die ausgewanderte Zugerin Strickkurse an. Ein anderes Foto zeigt Dolores Iten, wie sie Käse für die Schweizerische Käseunion in New York präsentiert. «In den Siebzigerjahren hielt sie sich mit diversen Tätigkeiten über Wasser», erzählt Ausstellungskurator Christoph Tschanz.

Interviews und Filmausschnitte

Da der Kurator sich bereits mit den Verwandten von Dolores Iten getroffen hat und sich ihre Geschichte anhörte, weiss er über ihr Leben Bescheid. Zusätzliches Material liefern ihm auch die Interviews, die Mathilde Tobler, die frühere Kuratorin der Burg, mit Dolores Iten führte. «Vielleicht werden wir für die Ausstellung auch Filmausschnitte zeigen», erklärt Tschanz.

Insgesamt sei der Forschungsstand zu den Zuger Auswanderern eher dürftig, so der Historiker. Bekannt ist aber, dass es während der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine Auswanderungswelle aus dem Ägerital gegeben hat. Ziel war oft der Osten der Vereinigten Staaten. «Meist waren die Auswanderer sehr arm und häufig Korporationsbürger. Die Korporation bot ihnen die Zahlung der Überfahrt an. Im Gegenzug mussten die Auswanderer ihre Korporationsprivilegien abtreten», sagt der Historiker über die Gründe des Wegzugs aus dem Ägerital.

Verschiedene Länder sind bereits vertreten

Nun sucht das Museum Burg Zug seit November 2016 nach Dokumenten, Fotos, Briefen, Filmen und Erinnerungsstücken von solchen Personen. Inzwischen sind bereits ein paar Zuger an den Kurator herangetreten: «Sie hatten Auswanderungsziele wie England, Frankreich, Italien, Kanada, Hongkong, Manila (Philippinen) oder Sumatra (Indonesien).» Die Suche nach weiteren Emigranten ist aber noch nicht abgeschlossen. Dabei legt das Museum den Fokus auf den Zeitraum von 1800 bis heute. «Die Auswanderung der Gegenwart ist vielschichtiger geworden: eine Ausbildung im Land A, dann eine Arbeitsstelle im Land B und zu guter Letzt wieder die Rückreise in die Schweiz», sagt Tschanz. Und er erklärt das Ziel der kommenden Ausstellung: «Generell sind wir an den Geschichten interessiert, welche hinter den Dokumenten und Gegenständen stecken, da wir die Geschichte der Aus- und Einwanderung möglichst aus der Sicht der Wandernden selbst zeigen möchten.» Momentan sei die Auswanderung des 19. Jahrhunderts noch ungenügend dokumentiert, zudem sucht Tschanz nach Dokumenten aus der Zwischenkriegszeit. Auch die zeitgenössische Auswanderung ab zirka 1990 sei noch untervertreten.

Dreidimensionale Stücke werden gesucht

Weitere Lücken, die der Ausstellungskurator füllen möchte, sind: «Personen, die zu Ausbildungszwecken, für humanitäre oder militärische Einsätze das Land verliessen. Wir suchen auch Senioren, die den Herbst ihres Lebens in einem wärmeren Land verbringen.» Auch die Art der künftigen Ausstellungsstücke ist offen: «Vor allem dreidimensionale Gegenstände oder Filmmaterial suchen wir noch.» Christoph Tschanz sagt: «Generell ist es wichtig, dass die Gegenstände oder Dokumente konkret mit einer Person oder einer Personengruppe verknüpft werden können.» Deshalb seien Porträtbilder als Fotos oder Gemälde sehr willkommen. Bereits jetzt verspricht das gesichtete Material interessante Geschichten. Darunter findet sich beispielsweise ein Modell des Bühnenbildes für die Oper in Bergamo: «Gefertigt hatte es ein Zuger, der sich in den 1960er-Jahren in London zum Bühnenbildner ausbilden liess. Sein ganzes Berufs­leben verbrachte er danach im Ausland», erzählt Tschanz. Nun bleibt er weiter gespannt, welche Geschichten an ihn herangetragen werden. (Andrea Muff)

Hinweis
Christoph Tschanz ist von Dienstag bis Freitag über 041 728 29 73 oder ctschanz@burgzug.ch erreichbar.