Eine Glocke der Marienkirche läutet seit 500 Jahren

Dies & Das

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Im Turm der Marienkirche in Unterägeri hängen einige Raritäten. Eine der Glocken war Grund für einen Streit.

  • Eine der ältesten Glocken des Kantons Zug hängt in Unterägeri. (Bild Matthias Jurt)
    Eine der ältesten Glocken des Kantons Zug hängt in Unterägeri. (Bild Matthias Jurt)

Unterägeri – Schlicht und weitgehend schmucklos kommt sie daher, die 500 Jahre alte Glocke im Stuhl aus Eichenholz der Marienkirche Unterägeri. Der Glockenhals trägt die Prägung in gotischer Minuskelinschrift «ave maria gratia plena dominvs tecvm anno domini mcccccxx». Die 1520 von Hans Füssli aus Zürich gelieferte Glocke weist einen Durchmesser von 64  entimetern auf und ist auf den Ton «e» gestimmt, wie im Nachschlagewerk «Die Kunstdenkmäler des Kantons Zug» zu lesen ist. Sie bildete das Geläut der 1511 zu Ehren Mariens von Weihbischof Balthasar Brennwald geweihten Kapelle mit drei Altären.

Die Kapelle stand auf der östlichen Seite quer zur heutigen Kirche. Der noch bestehende Turm war auf der Nordseite des dreiseitig schliessenden Altarhauses lokalisiert. In den Jahren 1717 bis 1725 entstand die heutige Marienkirche im Anschluss an die Gründung der Pfarrei Unterägeri durch den aus dem Dorf stammenden Priester Bernhard Fliegauf. Die Kirche wurde 1721 durch den Bischof von Konstanz eingeweiht. Deshalb feiert die Kirchgemeinde Unterägeri am Sonntag, 3. Oktober das 300-Jahr-Jubiläum ihrer Kirche.

Erst 1753 bis 1755 setzte Baumeister Paul Rey aus Muri dem Turm das heutige Glockengeschoss mit Laternenzwiebel auf, wie Autor Josef Grünenfelder im Buch «Die Glocken im Kanton Zug» erläutert. Zwei Glocken des Schaffhauser Giessers Johann Rudolf Schalch wurden 1754 vom Meister selbst in den Turm gehängt. Nachdem ein Riss in der grossen Glocke entstanden war, wurden am 13. März und am 3. Juli 1829 zwei neue Glocken von der Giesserei Jakob Philipp und Josef Anton Brandenberg in Zug gegossen. Zusammen wogen sie 3882 Pfund und kosteten laut Vertrag 3371 Gulden, wovon 2130 angezahlt wurden. Die Glocken wurden geweiht und aufgezogen, wie es Brauch war.

Klang der Glocke führte die Betroffenen vor Gericht

Nach Ablauf der einjährigen Garantiezeit verweigerte jedoch die Gemeinde die Restzahlung mit der Begründung, dass die grosse Glocke nicht harmonisch klinge. Die Brüder Brandenberg klagten beim Kantonsgericht. Am 25. Oktober 1830 fand die Verhandlung statt. Die als Experten hinzugezogenen Glockengiesser Jakob Keller aus Andelfingen und Karl Rosenlächer aus Konstanz erklärten, dass die beanstandete Glocke auf der einen Seite eine grössere Dicke aufweise als auf der anderen. Ausserdem seien die Proportionen zwischen Durchmesser und Höhe nicht richtig bemessen und der Klang der grossen harmoniere nicht mit demjenigen der kleineren Glocke. Das Gericht befand, dass die Gemeinde den Restbetrag erst dann bezahlen müsse, wenn die grössere Glocke den schriftlich vereinbarten Bedingungen entspreche.

Da ebendiese Glocke jedoch 1831 durch Carl Leonhard Rosenlächer umgegossen wurde, ist anzunehmen, dass die Brandenbergs die Bedingungen nicht mehr erfüllen konnten. 1832 ging das Unternehmen Konkurs und Jakob Philipp starb am 4. März desselben Jahres. Damit endete die Zuger Glockengiesserei. (Cornelia Bisch)