Sol Gabetta glänzt mit seltenen Musikperlen

Musik

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Der glanzvolle Auftritt der Starcellistin mit dem ebenbürtigen Kammerorchester Basel im Theater Casino Zug fand angemessenen Widerhall im Publikum. Dies gelang auch mit relativ unbekannten Werken.

  • War nicht zum ersten Mal in Zug zu Gast: die international bekannte Cellistin Sol Gabetta. (Bild Matthias Jurt)
    War nicht zum ersten Mal in Zug zu Gast: die international bekannte Cellistin Sol Gabetta. (Bild Matthias Jurt)

Zug – Es war nicht der erste Auftritt der international bekannten Cellistin Sol Gabetta in Zug, aber der erste ohne Coronarestriktionen. Trotz relativ unbekanntem Programm hatte sich im Zuger Casino der Publikumsaufmarsch auch gegenüber dem letzten Herbst nochmals deutlich erholt. Entsprechend überzeugend wirkte der kräftige Schlussapplaus für die Solistin und das Basler Kammerorchester.

Im Zentrum stand die Schweizer Erstaufführung des Konzerts für Violoncello und Orchester des gleichzeitig als Dirigent und Komponist präsenten Francisco Coll. Da er das Werk im Auftrag der Solistin geschrieben hatte, entstand so eine maximale Authentizität. Die vier nahtlos ineinander übergehenden Sätze begannen mit einem furiosen, für das erstmalige Anhören weitgehend atonalen Einstieg.

Eigenwillig war die Instrumentierung des Orchesters. Da erklang ein an einzelnen Stellen sogar konzertierendes Kontrafagott; aber es fehlte das sonst meist viel wichtigere normale Fagott. Häufig dominierten die Kontrabässe gegenüber den Celli. Und in extrem hohen Lagen der Solistin vermischte sich ihr Klang zuweilen mit den Ersten Violinen.

Es braucht hier kaum wiederholt zu werden, dass die seit längerem in der Schweiz wohnhafte und jetzt eingebürgerte Sol Gabetta den spieltechnisch extrem schweren Solopart in jeder Hinsicht souverän gestaltete. In den geschickt instrumentierten ruhigeren Mittelsätzen kam auch der unter berufener Hand sehr edle Klang des Instruments voll zur Geltung – bis zur Steigerung in den als Kadenz bezeichneten unbegleiteten Teil, der mit der Improvisation in einem klassischen oder romantischen Konzert allerdings nur wenig gemeinsam hatte.

Ballettsuite mit «gedachter» Handlung

Eher als Zugabe wirkte der «Gesang der Vögel», eine eigenartige Mischung aus einem katalanischen Volkslied zur Weihnachtszeit, der Komposition des Meistercellisten Pablo Casals (1876–1973), einer Überarbeitung für Celloquartett von Edward Laut und schliesslich der Adaption für fünf Celli durch die Ausführenden selbst.

Fast ähnlich komplizierte Entstehungsgeschichten hatten auch die am Anfang und Schluss gespielten Orchesterwerke: «Das Gebet des Torero» von Joaquin Turina (1882–1949) fand seinen Weg zum Streichorchester über Vorfassungen für Lautenquartett und solistische Streicherbesetzung. Die Suite «El amor brujo» für gemischtes Orchester von Manuel de Falla (1876–1946) war zuerst eine Art Kurzoper mit Gesang, Flamencotanz und solistischer Instrumentalbegleitung. Erst nach zwei Überarbeitungen entstand daraus die Ballettsuite für Orchester mit nur noch gedachter Opernhandlung.

Als einziges Werk eines nicht-spanischen Komponisten erklang das Doppelkonzert für zwei Streichorchester, Klavier und Pauken von Bohuslav Martinů (1890–1959). Neben der souveränen Gestaltung des oft solistisch geführten Klavierparts (Riccardo Bovino) bildeten die Streicher meist einen homogenen Klangkörper. Nur an wenigen Stellen – etwa zu Beginn des zweiten Satzes – waren die zwei Streichorchester deutlich nebeneinander hörbar.

Paris in der Schnittmenge

Wie man schon in der Einführung vernahm, gab es bei den Komponisten noch eine weitere Gemeinsamkeit: Alle hatten einen musikalisch gewichtigen Teil ihres Lebens in Paris verbracht, sei es als lernbegierige junge Studenten oder als Flüchtlinge vor dem deutschen Nazi-Regime und den Schrecken des spanischen Bürgerkriegs.

Geblieben sind einige Unstimmigkeiten im Rahmenprogramm: Durch Verlegung der Konzerteinführung ins Foyer wurde die Stimme der an Stelle von Mariel Kreis sprechenden Martina Hunziker vor allem zu Beginn vom benachbarten Barbetrieb bis zur Unverständlichkeit übertönt. Der Programmhinweis auf den Auftritt der «Next Generation Talents» blieb obsolet, weil er sich zeitlich mit der Konzerteinführung überschnitt. (Text von Jürg Röthlisberger)