Geheimnisvolle Botschaft?

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Über das Herdmandliloch am Hang der Baarburg kursieren viele Sagen. Unentzifferbare Schriftzeichen geben bis heute Rätsel auf.

  • Auf dem Sandsteinband im Herdmandliloch sind noch zahlreiche Kerben zu entdecken. Ein Abgleich mit der Skizze von Franz Karl Stadlin aus dem frühen 19. Jahrhundert ist allerdings nicht mehr möglich. (Bild Silvan Meier)
    Auf dem Sandsteinband im Herdmandliloch sind noch zahlreiche Kerben zu entdecken. Ein Abgleich mit der Skizze von Franz Karl Stadlin aus dem frühen 19. Jahrhundert ist allerdings nicht mehr möglich. (Bild Silvan Meier)

Baar – Waren es vielleicht Fahrende oder Gauner, die auf dem Sandsteinband im Herdmandliloch «Arbeitskollegen» eine Nachricht übermittelt haben? Sind es ägyptische Hieroglyphen? Sind gar Ausserirdische in der Baarburg zwischengelandet und haben eine Botschaft hinterlassen? Oder handelt es sich einfach um einen Nachtbubenstreich? Fakt ist: Im sagenumwobenen Herdmandliloch am Nordosthang der Baarburg erstreckt sich an der rechten Höhlenwand ein 10 bis 15 Zentimeter hohes Sandsteinband. Darin finden sich auf einer Länge von über einem halben Meter Kerben und Einschnitte, die kaum einen natürlichen Ursprung haben können.

«Äusserst merkwürdig»

Das hat auch schon Franz Karl Stadlin vermutet, der im 1821 erschienenen, dritten Band seines Werks «Der Topographie des Kantons Zug» die Schriftzeichen wie folgt beschrieben hat: «Für den Antiquar ist gewiss die Schrift äusserst merkwürdig, die sich rechts am Eingang findet. Wenn sie nicht orientalischer Herkunft, sondern Hieroglyphenschrift eines in der Menschheit isolierten und von ihr verfolgten Menschenstammes ist, so ist die Ähnlichkeit unverkennbar, welche diese Züge mit den Zeichen der Gauner haben.»

Expedition mit Messband und Seil

Stadlin hat auch eine genaue Skizze der rätselhaften Zeichen gemacht, die im Baarer Heimatbuch von 1960 reproduziert wurde. Paul Dändliker beschreibt in seinem Text eine Exkursion zur Höhle, die er gemeinsam mit dem Baarer Lehrer Josef Knobel und vier Pfadfindern vom Fähnli Milan gemacht hat. Sie wollten den «interessantesten Punkt an der Baarburg speziell für die Baarer Buben» erforschen. «Wir haben zu diesem Zwecke am 5. November 1960 eine eigentliche Expedition unternommen, die mit Taschenlampen, Messband und Seil ausgerüstet war. Der Präsident der Heimatbuchkommission, Herr Lehrer Knobel, hat vier Pfadfinder (Luthiger Ruedi, Schweiger Karl, Gysi Markus und Knobel Hanspeter), alle vier Sekundarschüler von Baar, begeistern können, das Innere des Herd­mandli­loches genauer auszukundschaften.» Die Höhlenexpedition werde ihnen als «interessantes Erlebnis» in Erinnerung bleiben, schreibt Dändliker im Heimatbuch weiter. Von Erfolg gekrönt war sie aber nicht, so sehr die Expeditionsteilnehmer die Schriftzeichen an der Wand auch mit der Skizze von Franz Karl Stadlin verglichen: «Leider kam man da trotz grossem Eifer und Beleuchtung von allen Seiten zu keinem positiven Resultat.» Markus Gysi und Hanspeter Knobel, Sohn von Lehrer Knobel, können sich noch vage an den Ausflug ins Herdmandliloch erinnern. «Mein Vater hat sich schon immer sehr für das Herdmandliloch und die Baarburg interessiert», sagt Hanspeter Knobel. Er selber war seit dem 5. November 1960 nie mehr in der Höhle.

Archäologen stehen vor Rätsel

Wie ein Augenschein zeigt, ist das Sandsteinband tatsächlich stark verwittert. Zwar sind noch Kerben und Ritzen zu erkennen. Ein Abgleich mit Stadlins Skizze ist aber nicht mehr möglich. Licht ins Dunkle kann auch die Zuger Kantonsarchäologie nicht bringen. «Wir haben keine näheren Informationen zu diesen Inschriften», sagt Adriano Boschetti, Leiter der Abteilung Bauforschung und Mittelalterarchäologie. In den Jahren 1860 und 1903 hätten im Herdmandliloch archäologische Untersuchungen stattgefunden, die allerdings ohne Ergebnis blieben. «Es gibt weder Funde noch schriftliche Überlieferungen im Zusammenhang mit dem Herdmandliloch, die älter als 200 Jahre sind», so Boschetti. Es scheint also, dass das Rätsel um die geheimnisvollen Schriftzeichen im Herdmandliloch weiterhin ungelöst bleibt. «Wer kann diese Zeichen deuten oder gar entziffern?», fragte schon Paul Dändliker im Heimatbuch von 1960. Und gab gleich selbst die Antwort: «Unser Baarer Herdmandli­loch wird auch fernerhin die geheimnisvolle Höhle auf der Baarburg bleiben und Forschung und Bubenromantik beschäftigen.» (Silvan Meier)

Hinweis
Mit «Hingeschaut!» gehen wir wöchentlich mehr oder weniger auffälligen Details mit kulturellem Hintergrund im Kanton Zug nach. Das Herdmandliloch (Koordinaten 684 850/228 750) befindet sich abseits des Wanderwegnetzes, kann vom Baarburgrank aus aber zu Fuss erreicht werden. Es ist gutes Schuhwerk erforderlich.