Theatralische Inszenierung des letzten Zuger Hexenprozesses

Theater & Tanz, Brauchtum & Geschichte

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Die Baarer Kulturschaffende Maria Greco widmet sich einem vergessenen – oder eher verdrängten – Thema der Zuger Geschichte.

Zug – Erinnerungen halten die Vergangenheit wach. Doch tendiert der Mensch dazu, Unangenehmes vergessen zu wollen, weil die Auseinandersetzung damit belastend ist. Heikel wird dieser Verdrängungsprozess dann, wenn Menschenrechte aufs Schlimmste verletzt worden sind. Solcher Episoden kann sich auch Zug «rühmen»: Wie in fast allen anderen Landesteilen wurden im Kanton Zug einst Menschen grausam gerichtet, welche der Hexerei angeklagt waren. Das Erschreckende: Diese barbarische, aus heutiger Sicht absurde Praxis ist nicht etwa eine Sache des dunklen Mittelalters – der letzte grosse Hexenprozess in Zug fand 1737/1738 statt.

Doch wer ist sich dessen heute noch bewusst im modernen Boomtown Zug? Es fehlt faktisch jegliches Gedenken an diese düstere Zeit, als hier fast 200 Menschen – hauptsächlich Frauen, viele Kinder und auch einige Männer – verbrannt, geköpft oder erhängt worden sind, weil sie angeblich mit dem Teufel im Bunde standen. Einzig eine kaum beachtete Gedenktafel an der Rückseite der Schutzengelkapelle vor den Toren Zugs, wo der einstige Richtplatz lag, erinnert an die hier Hingerichteten. Dazu gehörten allerdings auch alle anderen Verurteilten.

Vom Gotteshaus zur Richtstätte

Die Baarer Kulturschaffende Maria Greco will sich dieser weitgehend vergessenen Thematik im Kanton Zug nun auf besondere Weise annehmen. In Form eines Ein-Frau-Theaterspiels führt sie zu den Orten in der Stadt, welche mit den Zuger Hexenprozessen in Verbindung standen. Die Tour – Premiere ist am 21. September – startet bei der Oswaldskirche und endet bei der erwähnten Schutzengelkapelle. Hauptgegenstand dieses Theaterstückes ist der letzte grosse Zuger Hexenprozess um die 16-jährige Katharina Kalbacher. Die junge Frau hatte sich im August 1737 bemerkenswerterweise selbst beim Ammann wegen Hexerei angezeigt. In der Folge denunzierte Kalbacher rund 20 Personen in den Kantonen Zug und Luzern. Knapp ein halbes Jahr lang wurden diese Menschen verhört und grausam gefoltert, acht von ihnen schliesslich hingerichtet, zuletzt die Denunziantin selbst – aus «sonder Gnad» geköpft, nicht verbrannt.

«Dieser letzte grosse Zuger Hexenprozess ist auf zirka 400 Seiten sauber bis in die Details protokolliert», erklärt Maria Greco dazu. Der Anstoss zu ihrem Projekt sei von Archivar Philippe Bart gekommen. Dieser habe das Thema im Rahmen seiner Seminararbeit aufgegriffen, die historischen Dokumente transkribiert und wissenschaftlich aufgearbeitet. Schliesslich brachte er bei Maria Greco die Idee ein, den Stoff darstellerisch zu verarbeiten. «Das war vor sechs Jahren», sagt die Baarerin. «Zunächst habe ich das Projekt vor mir hergeschoben, dann kam Corona. Jetzt ging es endlich voran.» Philippe Bart stand ihr als historischer Berater zur Seite.

«Wir müssen dazu stehen»

Die Theatertour zum letzten grossen Zuger Hexenprozess trägt den Titel «Unschuldig schuldig». Maria Greco tritt dabei sowohl als Erzählerin wie auch in der Rolle der Katharina Kalbacher und einiger weiteren Involvierten – unter anderem Richter, Mitangeklagte oder Henker – in Erscheinung.

Mit dem Theaterprojekt soll zum einen all den unschuldig gemarterten und hingerichteten Zugerinnen und Zugern gedacht werden, «und zum anderen soll es Mahnung sein, dass wir auch zu den düsteren, unbequemen Kapiteln unserer lokalen Geschichte stehen müssen», so Greco. «Unschuldig schuldig» wird in den Wochen nach der Premiere mehrmals wiederholt. Bis dahin wird Maria Greco ihre Rollen und deren Monologe noch vertiefen. Während der Tour hat sie zudem effektvolle Akte eingeplant, die den emotionalen Aspekt dieser schweren Thematik unterstreichen. (Text von Andreas Faessler)

Hinweis «Unschuldig schuldig», Premiere am 21. September, 18 Uhr, Kirche St. Oswald (15 Franken). Anmeldung: maria.greco@databaar.ch oder 041 760 81 64.