Klangspektakel voller Optimismus
Musik
Das Baarer Kammerorchester trat am Sonntag in der Aula der Kantonsschule Zug unter dem Motto «Das halbvolle Glas» mit neuem Dirigenten auf.
Zug – Alljährlich tritt das Baarer Kammerorchester, das als Streichorchester aus gut 30 Laienmusikerinnen und -musikern aus Baar und Umgebung organisiert ist, mit zwei Frühlings- und einem Herbstkonzert auf. Am Sonntag strömten zahlreiche Musikinteressierte durch die Pforten der Kantonsschule Zug in die Aula zum Herbstkonzert mit dem Titel «Das halbvolle Glas».
Die Präsidentin des Baarer Kammerorchesters, Sarah Kehl, zeigte sich vor dem Konzert voller Vorfreude: «In erster Linie kultivieren wir im Orchester die Freude am gemeinsamen Musizieren. Neue anspruchsvolle Stücke in stundenlanger Vorbereitung zu erproben, motiviert uns stets.» Zudem freue sie sich auf die Zusammenarbeit mit dem neuen 24-jährigen Dirigenten David Hubov, führte Kehl aus. «Er ist ein positiver und aufgestellter Mensch. In der letzten Probephase vermochte er durch seine unterstützende und motivierende Art das kollektive Selbstvertrauen unseres Orchesters vor dem heutigen Konzert zu stärken», so Kehl.
Nachdem die zahlreichen Zuschauenden ihre Plätze bezogen und die Mitglieder unter Applaus die Bühne betreten hatten, kündigte der Cellist Felix Lustenberger das Programm an: «Die heutige Musik eröffnet kraftvolle mehrdeutige Träume.» Zudem verabschiedete er den ehemaligen Dirigenten Jan-Philip Dolci, der im Publikum weilte, mit einem Gruss und Dank. Danach bestieg der Dirigent David Hubov eloquent das Podest und setzte zum ersten Schwung mit dem Taktstock an.
Musikalische Zeitkritik
Der Name liess es bereits vermuten – das kurze und prägnante Eröffnungsstück «Fanfare for a New Theatre» von Igor Strawinsky wurde bloss von zwei Trompeten gespielt. Das kanonische Klangbild stand sinnbildlich für die Reizüberflutung der modernisierten Gesellschaft.
Darauf folgte das altfranzösische Werk «Ma Fin est mon Commencement» von Guillaume de Machaut, das durch die zarten und sanften Stimmen der Streicher und Holzbläser Raum für tiefgründige Reflexion bot. Die palindromische Struktur (Anfang ist Ende und umgekehrt) wirkte wie ein Rätsel. Das Stück «The Unanswered Question» aus dem Jahre 1906 des Pioniers der amerikanischen Moderne Charles Ives forderte das Publikum heraus. Die Streicher spielten als Sinnbild für die Ewigkeit einen unbewegten, fast zeitlosen Klangteppich. Darüber stellte die Trompete immer wieder die schlussendlich unbeantwortete «Frage» nach dem Sinn, worauf die Holzbläser jeweils dissonant antworteten, bis die Klänge schliesslich in der Stille verhallten.
Zum Abschluss gab's Beethoven
Zum Abschluss bot das Orchester die im Jahr 1807 uraufgeführte Sinfonie Nr. 4 in B-Dur von Ludwig van Beethoven dar. Die lebensfrohe und spielerische Musik des zur Kompositionszeit schwer verliebten Beethovens stand im biografischen Widerspruch zum nahenden Hörverlust, der unaufhaltsam voranschritt. David Hubov dirigierte leidenschaftlich und harmonierte organisch mit dem Orchester. Dieses führte die
voluminösen und triumphalen Klänge, die manchmal auch sanft und reduziert daherkamen, makellos auf, wobei jeweils kaum Zeit zum rechtzeitigen Umblättern der Noten blieb.
Nach Standing Ovations liess man das Konzert bei einem Apéro gemeinsam ausklingen. Rösli Erni aus Zug besucht schon seit gut zehn Jahren regelmässig die Konzerte des Baarer Kammerorchesters: «Mir hat es heute gut gefallen, auch wenn die Musik mit dem streng klassischen Stil etwas anders daherkam als sonst. Der neue Dirigent hinterliess bei mir einen sehr positiven Eindruck.» (Text: Nils Rogenmoser)