In 80 Tagen um die Erde

Musik

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Nach ziemlich genau zwei Jahren erlebte die Musikgesellschaft Cham im Lorzensaal wieder ein vollgültiges Jahreskonzert – zur Freude des zahlreichen Publikums, der Mitwirkenden und der Dirigentin Anita Spielmann.

  • Das Herbstkonzert der Musikgesellschaft Cham. (Bild Roger Zbinden)
    Das Herbstkonzert der Musikgesellschaft Cham. (Bild Roger Zbinden)

Cham – Mit dem Motto «In 80 Tagen um die Erde» bezog sich das Programm ganz klar auf den gleichnamigen Roman von Jules Verne (1828–1905). Die Bearbeitung durch Anita Spielmann beliess das gedankliche Grundgerüst. Da aber der Auftritt der Musikgesellschaft Cham im Zentrum stehen sollte, waren starke Kürzungen im Textteil notwendig. Die Präsentation durch Fabian Heynen sorgte jedoch dafür, dass das Publikum die Ängste und Freuden des Romanhelden Phileas Fogg intensiv miterlebte. Zu Recht verzichtete der Text auf eine künstliche Aktualisierung. So blieben auch Szenen wie der religiöse Ritualmord in Indien oder der Überfall durch Indianer im Sinne der frühen Wildwest-Romane erhalten.

Die ausgewählten Stücke konnten die gegenüber Jules Verne kaum veränderte Reiseroute natürlich nicht in allen Punkten nahtlos nachvollziehen. Sie zeigten aber mehr als alle erklärenden Worte den Willen zum vollen und musikalisch unverändert starken Einstieg nach zwei von Coronaproblemen überschatteten Jahren. Die Arbeit für das präsentierte Programm begann erst Ende August; die relativ kurze Vorbereitungszeit wurde durch verschiedene Registerproben mit Kleingruppen kompensiert.

Ein seit 60 Jahren aktiver Musikant

Da bei Blasinstrumenten das Spielen mit Mundschutz unmöglich ist, mussten oft Speziallösungen gesucht werden. Querflöten gelten bei den Epidemiologen als besonders gefährlich, weil ein Grossteil der Ausatmungsluft am Instrument vorbeifliesst. So erinnert sich der Schreibende, dass er einmal per Zufall auf eine Detailprobe des Flötenregisters traf, welche draussen stattfand, um das Risiko möglichst tief zu halten.

Durch alle gespielten Werke imponierte neben der seriösen Vorbereitung vor allem das sichere Zusammenspiel und die fast immer tadellose Intonation. Solistisch auskomponierte Einsätze wurden meist von den kompletten Registern gespielt. Die Leistung des Ensembles stand damit klar im Mittelpunkt. Die Homogenität wurde durch eine durch die Coronakrise nur wenig veränderte personelle Besetzung unterstützt. Wie Hermann Bamert zu Beginn der Veranstaltung ausführte, feierte neben den langjährigen «Runden» Susi Preisig, Brigitte Georg und Theo Halders der weiter voll aktive Klarinettist Ruedi Sidler das seltene Jubiläum der 60-jährigen Aktivmitgliedschaft.

Wie bei Blasmusik-Konzerten üblich, mischte sich ein bunter Strauss zwischen Bearbeitungen und Originalkompositionen. Vier Klassiker bildeten den ersten Teil: Ralph Vaughan Williams (1872-1958), Philip Sparke (geb. 1959), Sergej Rachmaninow (1873–1943) und Carl Nielsen (1865–1931). Die Bearbeitungen waren fein aufeinander abgestimmt. Es entstand ein angemessenes Gleichgewicht zwischen temperamentvollen und mehr besinnlichen Stücken.

Wenn der Moderator zum Sänger wird

Nach einem leicht barock gefärbten Einstieg startete ein lautmalerisch originell instrumentierter Orient-Express. Selbst auf einer Weltreise fand sich auch noch Zuger Kolorit. Der in unserem Kanton lebende Blasmusik-Veteran Sales Kleeb war mit seiner Komposition «Transeurope» vertreten. Erst in «New York» (John Kander & Fred Ebb) verwandelte sich der Schauspieler Fabian Heynen auch noch in einen Sänger, trotz kurzer gemeinsamer Vorbereitung mit sicherer Begleitung durch die Musikgesellschaft.

Der Gentleman der Geschichte glaubte seine Wette zunächst verloren zu haben. Erst bei der Rückkehr wurde ihm klar, dass er durch die Erddrehung alle Tage etwas kürzer erlebt hatte, was ihm den knappen Sieg eintrug. Im Grunde genommen ist solches auch typisch für die aktuelle Situation der Musikgesellschaften; niemand weiss dort, ob und wann ein in Vorbereitung begriffenes Konzert tatsächlich in welcher Form gespielt werden kann. (Jürg Röthlisberger)