Freier Chorgesang nach einer langen Pause

Musik

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Starken Beifall fand der Auftritt der Cantori Contenti in Zug mit einem Programm aus romantischer Chormusik.

  • Das Konzert der Cantori Contenti unter der Leitung Davide Fior in der Kapelle Kollegium St.Michael in Zug. (Bild Roger Zbinden)
    Das Konzert der Cantori Contenti unter der Leitung Davide Fior in der Kapelle Kollegium St.Michael in Zug. (Bild Roger Zbinden)

Zug – Genau vor Jahresfrist erlebte das Publikum im Zuger Casino die Cantori Contenti maskiert, gleich wie die Solisten und die Begleitung. Damals war dies die einzige Möglichkeit, die immer wieder hinausgeschobene Aufführung der Rossini-Messe trotz Corona irgendwie auf die Bühne zu bringen. Obwohl die Pandemieprobleme noch nicht gelöst sind, bot die aktuelle Aufführung der romantischen Chormusik einen angenehmen Kontrast: Wer die Zertifikatskontrolle passiert hatte, konnte sich in der Kapelle des Kollegiums St.Michael frei bewegen, und auch von den Ausführenden trug niemand eine Maske.

Schon durch die Auswahl der Komponisten – nach den Lebensdaten alle aus der Romantik – entstand ein in sich geschlossenes Programm. Neben den weltbekannten Felix Mendelssohn-Bartholdy, Robert Schumann und Johannes Brahms hörte man auch gehaltvolle Werke von Josef Gabriel Rheinberger (1839–1901), Heinrich von Herzogenberg (1842–1900), Robert Fuchs (1847–1927) und Franz Schreker (1878–1934).

Ein überzeugender Auftritt der Chormitglieder

Ebenbürtig erfolgte auch die Auswahl der qualitativ hochstehenden Texte: Keine Selbstverständlichkeit, denn auch bedeutende Tonsetzer haben manchmal Dichtungen vertont, deren sprachlicher und gedanklicher Gehalt uns heute nicht mehr gefällt. Zu der auch im Begleittext deutlich betonten Gefühlswelt gab es nur einen einzigen Kontrast mit dem fast am Schluss stehenden sozialkritischen «Gesang der Armen im Winter» mit Worten von Ferdinand von Saar (1833–1906).

Der in allen Registern gut besetzte Chor, insgesamt 27 Mitwirkende, beeindruckte durch ausgezeichnete Vorbereitung. Der umfangreiche und in exponierten Lagen oft anspruchsvolle Notentext wurde bis auf verschwindende Ausnahmen sicher beherrscht und die Intonation schien kaum Probleme zu bieten. Von der Struktur her waren zahlreiche Gesänge erweiterte Strophenlieder. Hier gelang ein angemessener Mittelweg zwischen der Ausgestaltung einzelner Textaussagen und Wahrung der Gesamtform.

Überzeugend interpretierte das in Zug wohlbekannte Klavierduo Soós-Haag (Adrienne Soós und Ivo Haag): Abwechselnd gestalteten sie die oft sehr virtuosen Begleitklaviersätze, gleichzeitig mit hohem pianistischem Können und sicherem Kontakt zum Chor und seinem Dirigenten. Vier Slawische Tänze von Antonin Dvořák passten angemessen in die Gefühlswelt der Liedtexte und schufen dem sonst ununterbrochen im Einsatz stehenden Chor eine Erholungspause.

Heikle Akustik

Suboptimal war die Wahl des Aufführungsorts. Am Samstagabend besetzte das Publikum praktisch alle verfügbaren Plätze, was die heikle Akustik der Kollegiumskapelle noch trockener erscheinen liess. Vom Klangvolumen des Chores her wirkte der Raum besonders bei den Spitzentönen des Soprans im Forte oft zu klein. Schade war, dass Davide Fior den Chor neben lebendig gestalteten dramatischen Passagen zu selten ins Piano zurückführte. Dies hätte insbesondere die Liedgruppe von Mendelssohn viel plastischer erscheinen lassen.

Keine derartigen Probleme gab es deswegen bei «Darthulas Grabgesang» von Johannes Brahms, wo das fast ironisch wirkende Dur eine sehr lebendige Gestaltung erhielt. Stimmlich gekonnt erklangen auch kurze solistische Einsätze von insgesamt acht Chormitgliedern aller Stimmlagen.

Das Publikum verdankte die Aufführung mit einem langen und intensiven Applaus, der als Zugabe mit der Wiederholung «Zigeunerleben» von Robert Schumann erwidert wurde. Der Dank galt nicht nur der erbrachten Leistung, sondern wohl auch der Tatsache, dass nach langer Zeit überhaupt wieder ein Chorkonzert mit einigermassen normalen Rahmenbedingungen möglich war. (Jürg Röthlisberger)