Sergeant Larsens bewegte Geschichte

Brauchtum & Geschichte

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Die Notwasserung eines US-Bombers vor Zug jährt sich zum 80. Mal. Im Rahmen der Jubiläumsanlässe steht eines der damaligen Besatzungsmitglieder in besonderem Fokus.

  •    Sergeant Carl Larsen in Gesellschaft von Menzinger Schwestern in Baar. (Bilder: zVg)
    Sergeant Carl Larsen in Gesellschaft von Menzinger Schwestern in Baar. (Bilder: zVg)
  • Carl Larsen am Jöchlersteg in Baar. (Bilder: zVg)
    Carl Larsen am Jöchlersteg in Baar. (Bilder: zVg)

Zug – Es ist als einer der spektakulärsten Vorfälle in die jüngere Zuger Geschichte eingegangen, als am 16. März 1944 ein B-17-Bomber der US Army Air Force auf dem Zugersee notwassern musste und schliesslich versank. Heuer jährt sich das Spektakel zum 80. Mal. Vieles ist in dieser Zeitspanne über den «Zugersee-Bomber» berichtet, die Geschichte zum genauen Hergang erzählt worden (siehe Box).

Neben einer aktuellen Ausstellung in den Vitrinen der Zuger Bahnhofsunterführung Nord wird es Mitte März Vorträge und eine weitere, grössere Ausstellung zum Thema geben, wobei ein Augenmerk auf einem der Besatzungsmitglieder liegen wird. Sein Name: Carl J. Larsen. Er war der Bombenschütze an Bord und sass im Flugzeug ganz vorne in einer Bugkanzel aus Plexiglas. Oskar Rickenbacher, Zuger Hobbyhistoriker und Hauptorganisator der Jubiläumsveranstaltungen, hat sich mit Larsens bemerkenswerter, um nicht zu sagen abenteuerlichen Geschichte im Nachgang zur Notwasserung eingehend beschäftigt.

Sergeant Larsen war einer von zwei Besatzungsmitgliedern des später in Zug notgewasserten Bombers, die bei einem Angriff der Deutschen über Schwäbisch Gmünd verletzt worden waren. Im Anschluss zog das Flugzeug südwärts und war schliesslich in der Zentralschweiz zum riskanten Manöver gezwungen. Die beiden kamen nach ihrem Absprung über Baar ins dortige Asyl, wo sie über zwei Monate lang von Doktor Karl Stutz und Menzinger Schwestern gepflegt und betreut wurden. Am 25. Mai wurden sie ins Camp Moloney in Adelboden verlegt. «Dort waren sie zusammen mit vielen anderen Internierten aus den USA und England in stillgelegten Hotels untergebracht», führt Oskar Rickenbacher aus.

Den Amerikanern wird langweilig

Der Historiker weiss, dass es den Internierten in der Schweiz recht gut ging, erhielten sie doch von der US-Botschaft in Bern einen ordentlichen Sold ausbezahlt und hatten die Möglichkeit zu allerlei Freizeitaktivitäten. «Doch war es Carl Larsen und vielen anderen mit der Zeit wohl zu langweilig in Adelboden», fährt Rickenbacher fort. So sei Larsen gemeinsam mit einem Kumpanen namens Carl McDonald am 4. Oktober 1944 aus dem Camp geflüchtet, habe die Bahn nach Genf genommen mit der Absicht, über die Grenze nach Frankreich und weiter zurück in die Heimat zu gelangen.

«Doch wurden die beiden an der Grenze von Schweizer Soldaten festgenommen, denn wegen ihrer Neutralität hatte die Schweiz die Pflicht zu verhindern, dass Internierte in ihre Heimatländer zurückkehren», erklärt Rickenbacher. Larsens Fluchtversuch kostete ihn den Komfort, den er in Adelboden genoss: Er wurde ins Gefängnis im Wauwilermoos gesteckt. «Auf 40 000 Quadratmetern Fläche waren 22 Baracken für rund 1000 Strafgefangene und das Bewachungspersonal vorhanden», dokumentiert der Historiker. «Es gab mehrere Sektoren: Sektor Egolzwil für Alkoholiker, Sektor Reuss für solche, die Fluchtversuche anstellten, und Sektor Santenberg für Militärangehörige wie Larsen.» Die Zustände im Wauwilermoos erinnerten eher an Konzentrationslager. Aber der Alltag der Gefangenen hier sei nicht nur wegen der miserablen hygienischen Verhältnisse, der schlechten Unterkunft und dem ebenso schlechten Essen sehr schwierig gewesen, weiss Rickenbacher. «Der Neuenburger Lagerkommandant, Hauptmann André Béguin, hatte einen schlechten Ruf unter den Gefangenen. Er wurde später verhaftet und landete wegen diverser Vergehen gegen das Gesetz vor Gericht.»

Der Helm von Taucher Scherrer

Am 19. November 1944 kam kam Larsen zurück nach Adelboden, wurde hier am 9. Dezember vom Militärgericht zu 75 Tagen Haft verurteilt, wobei ihm die bereits verbüssten Tage im Luzernischen angerechnet wurden. Wieder zurück im Wauwilermoos, wollte Larsen es nicht ertragen, die verbleibenden Tage in diesem Loch abzusitzen. Ihm gelang ein weiteres Mal die Flucht. Er fuhr per Bahn nach Lausanne und schaffte es jetzt mit Hilfe von Dritten, den Genfersee in einem Ruderboot nach Evian zu überqueren. Er erreichte schliesslich das US-Kommando in Annecy, von wo er mit einer Douglas Dakota heim nach England geflogen wurde.

Am Jubiläumstag, dem 16. März, öffnet das ZDT (Zuger Depot Technikgeschichte) an der Sihlbruggstrasse 51 in Neuheim seine Türen für eine Ausstellung zum Zugersee-Bomber. Von 14 bis 16 Uhr können sich Interessierte von Oskar Rickenbacher und seinem Kollegen Beat Nyfeler durch die Ausstellung führen lassen. Ricken­bacher kündigt zudem ein ganz besonderes Exponat an: Der original Taucherhelm von Gottlieb Scherrer wird als Leihgabe aus einer Privatsammlung exklusiv an diesem Tag gezeigt.

Der Berufstaucher spielte bei der Hebung des Bombers vom Ufer des Zugersees im Sommer 1952 eine der Hauptrollen. (Text von Andreas Faessler)

 

Hinweis

Vorträge von Oskar Rickenbacher am 14. März, 19 Uhr, im SAC Clubhaus, Feldstrasse 20, Zug, und am 15. März, 19 Uhr, in der Schreinerhalle, Dorfstrasse 27, Baar. Bomberausstellung am 16. März, 14–16 Uhr, im ZDT (Zuger Depot Technikgeschichte), Sihlbruggstrasse 51, Neuheim.